Anhörung zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz

Schmitz: Höherer Kassenabschlag „nicht angemessen und nicht sachgerecht“

Berlin - 28.09.2022, 17:55 Uhr

Sebastian Schmitz war bei der Anhörung im Gesundheitsausschuss digital dabei. (a / Screenshot: bundestag.de)

Sebastian Schmitz war bei der Anhörung im Gesundheitsausschuss digital dabei. (a / Screenshot: bundestag.de)


Bei der heutigen Anhörung zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz im Gesundheitsausschuss des Bundestags wurde erwartungsgemäß viel Kritik an den Plänen der Bundesregierung laut. Auch ABDA-Hauptgeschäftsführer Sebastian Schmitz erhielt zweimal die Gelegenheit, sich zu äußern: Er warnte vor der Erhöhung des Kassenabschlags und begrüßte die geplante Verschiebung des Biosimilar-Austauschs in der Apotheke. In ihrer neuen schriftlichen Stellungnahme regt die ABDA zudem an, dass Apotheken für das Inkasso der Herstellerabschläge einen Abschlag erhalten.  

Zwei Stunden waren am heutigen Mittwochnachmittag für die öffentliche Anhörung zum Entwurf für das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz angesetzt. Das Prozedere dieser Anhörungen ist stets gleich: Jede Fraktion hat entsprechend ihrer Stärke im Parlament eine bestimmte Minutenzahl für Fragen an die geladenen Sachverständigen. Die Fragen kommen nicht aus heiterem Himmel, sondern sind in der Regel zuvor abgestimmt.

Es ging um die Kassenreserven, Beiträge für Arbeitslosengeld-II-Empfangende, die Neupatientenregelung, das Preismoratorium, die neuen AMNOG-Regelungen und viel mehr. Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, wandte sich in der zweiten Fragerunde auch an die ABDA – vertreten durch ihren Hauptgeschäftsführer Sebastian Schmitz. Welche Auswirkungen erwarte die ABDA auf die flächendeckende Versorgung durch die geplante zweijährige Anhebung des Kassenabschlags? Schmitz erklärte, die Belastung der Apotheken mit jeweils 120 Millionen Euro im Jahr, werde sich unmittelbar auf das Betriebsergebnis niederschlagen. Die Maßnahme sei „der Höhe und dem Grunde nach nicht angemessen und nicht sachgerecht“. Schmitz verwies dazu auf drei Punkte: Apotheken seien nicht die Kostentreiber im System, das sehe man am abnehmenden Anteil der Apotheken an den Gesamtausgaben der GKV. Die derzeit 1,9 Prozent seien der niedrigste Stand seit langem. Zudem sei die Apothekenvergütung seit Jahren nicht angepasst worden – 2013 wurde das Fixum das letzte Mal leicht erhöht. Daraus folge ein großer Nachholbedarf – und zwar nach oben und nicht nach unten. Während sich von 2004 bis heute die GKV-Gesamtausgaben verdoppelt hätten und die Inflationsrate um 36 Prozent gestiegen sei, hinke die Apothekenvergütung mit 21 Prozent hinterher. Hinzu kommen die weiteren Kostensteigerungen durch Inflation, neue Tarifabschlüsse, Energiekosten. Werde nun noch der höhere Apothekenabschlag obendrauf gesetzt, müsse man davon ausgehen, dass im nächsten Jahr mehr Apotheken schließen müssten. All dies sei auch ein schlechtes Signal für den Nachwuchs, den die Apotheken dringend brauchen. „Deshalb bitten wir dringend darum, von dieser Abschlagserhöhung Abstand zu nehmen“, so Schmitz.

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Dirk Heidenblut von der SPD stellte dann die allerletzte Frage im Anhörungsmarathon an die ABDA. Das Thema: die Substitution von Biosimilars und mögliche Risiken bei der Arzneimitteltherapie. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ein Jahr länger Zeit bekommen soll, Hinweise zur Austauschbarkeit von biologischen Referenzarzneimitteln durch Apotheken zu erarbeiten – eigentlich sollten diese schon seit Mitte August dieses Jahres stehen. Schmitz blieben nur noch 30 Sekunden für seine Ausführungen: Die geplante Verschiebung sei richtig, sagte er. Biosimilars träfen auf eine besondere Patientengruppe mit besonderen Anwendungsbedingungen. Es gebe wenig Evidenz in diesem Bereich und man brauche daher klare Bedingungen des G-BA. Nun gebe es Zeit, Nachbesserungen vorzunehmen. Sodann blieb Schmitz nur noch, auf die schriftliche Stellungnahme der ABDA zu verweisen. Dort ist allerdings auch nicht viel mehr zu lesen, als dass die ABDA die geplanten Änderungen ausdrücklich unterstützt. 

Höhere Herstellerabschläge: auch für Apotheken ein potenzielles Problem

Erst gestern hatte die ABDA eine neue, erweiterte Stellungnahme zum Gesetzentwurf eingereicht. Die erste aus dem Juli hatte sich auf den erhöhten Kassenabschlag konzentriert. Nun geht sie auch auf weitere Punkte ein und greift Anträge aus den Oppositionsfraktionen auf. Unter anderem geht sie darin auch auf die vorgesehene Erhöhung des Herstellerabschlags ein – schließlich übernehmen die Apotheken für diese Abschläge das Inkasso. Die ABDA weist darauf hin, dass die Regelung (auch jetzt schon) zur Folge hat, dass die Apotheken für den Fall, dass der pharmazeutische Unternehmer seiner Zahlungsverpflichtung nicht nachkommt, „völlig sinnentstellend selber mit dem Herstellerabschlag belastet werden“. Dieses Risiko sei nicht abstrakt, es habe sich vielmehr bei mehreren Insolvenzen von pharmazeutischen Unternehmern schon zulasten der Apotheken realisiert. Und die ABDA sieht das Risiko mit der Erhöhung der Abschläge wachsen. Umso dringlicher sei eine Korrektur des Verfahrens. Und dafür hat die ABDA Vorschläge parat: Für das Inkasso nebst Abführung der entsprechenden Herstellerabschläge solle die Apotheke „ein Disagio von 3 v.H. auf den Betrag“ erhalten. Der Prozentwert orientiere sich an den Werten, die die Länder für Einzug und Abführung der Kirchensteuer vorsehen, so die ABDA. Zudem sollten Apotheken bzw. ihr Rechenzentrum in dem Fall, dass ein pharmazeutischer Unternehmer seiner Zahlungsverpflichtung nicht nachkomme, der jeweiligen Krankenversicherung alle notwendigen Abrechnungsinformationen übermitteln – diese sollen dann die ausstehenden Forderungen selbst einziehen.

Mehrwertsteuer und Importquote

Weiterhin unterstützt die ABDA in der Stellungnahme die von der Linksfraktion geforderte Absenkung des Mehrwertsteuersatzes auf Arzneimittel – unter der Bedingung, dass der Apothekenabschlag in § 130a SGB V als Nettobetrag zuzüglich Umsatzsteuer definiert wird. Die von der AfD-Fraktion eingeforderte Streichung der gesetzlich vorgesehenen Importquote entspreche einer langjährigen Forderung der ABDA.

Nun gehen die parlamentarischen Beratungen zum Gesetzentwurf weiter. 


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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2 Kommentare

Prioritäten der Chefin

von Thomas Eper am 29.09.2022 um 12:40 Uhr

Frau Overwiening hat scheinbar ihre eigene Prioritäten.

Offensichtlich sind das Apothekensterben, Honorarfrage, Retaxe, Kassenabschlag, etc. für sie noch nicht Chefsache.

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Anhörung

von Dr. Radman am 29.09.2022 um 10:17 Uhr

Ich mag Herr Schmitz und er ist sicher ein netter Mensch.

Die ABDA sollte aber Frau Overwiening dahin schicken. Es grenzt an Fahrlässigkeit Herr Schmitz zu Anhörung zu schicken.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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