BfArM bittet um Aufmerksamkeit

ASS-100-Standardzulassungen – nicht für die Thromboseprophylaxe gedacht

Stuttgart - 06.10.2022, 16:45 Uhr

Die Standardzulassungen für Acetylsalicylsäure/ASS in der Stärke 100 mg weisen als alleinige Indikation Schmerzen und Fieber auf – daher sind sie nichts für die Thromboseprophylaxe. (Foto: Packshot / Schelbert)

Die Standardzulassungen für Acetylsalicylsäure/ASS in der Stärke 100 mg weisen als alleinige Indikation Schmerzen und Fieber auf – daher sind sie nichts für die Thromboseprophylaxe. (Foto: Packshot / Schelbert)


Das BfArM bittet aktuell darum, dass ASS-100-Präparate, die sich auf Basis einer Standardzulassung im Verkehr befinden, nicht für die Thromboseprophylaxe verordnet werden – und auch nicht durch Apotheken abgegeben werden. Es drohe ein „Risiko für Fehldosierungen“, weil die Standardzulassungen für Acetylsalicylsäure/ASS in der Stärke 100 mg als alleinige Indikation „Schmerzen und Fieber“ aufweisen und somit für den Einsatz bei Kindern gedacht sind.  

Mit Stand August 2022 sind laut dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zahlreiche Acetylsalicylsäure/ASS-Präparate in der Stärke 100 mg in Deutschland auf Basis einer Standardzulassung verkehrsfähig. Sie alle tragen die Zulassungsnummer 1899.98.99. In der Liste des BfArMs fallen auch bekannte Namen wie Heumann auf, dessen entsprechendes Präparat ist jedoch nicht mehr im Handel. Auch Hexal findet sich darunter – in der Lauer-Taxe jedoch kein passendes Präparat dazu. Das dort gelistete „ASS 100 Hexal“ trägt die Zulassungsnummer 61378.00.00, basiert also nicht auf der genannten Standardzulassung.

Die Anwendungsgebiete des Hexal-Präparates mit der Zulassungsnummer 61378.00.00 lauten entsprechend:

  • instabile Angina pectoris – als Teil der Standardtherapie
  • akuter Myokardinfarkt – als Teil der Standardtherapie
  • Reinfarktprophylaxe
  • nach arteriellen gefäßchirurgischen oder interventionellen Eingriffen (z. B. nach ACVB, bei PTCA)
  • zur Vorbeugung von transitorischen ischämischen Attacken (TIA) und Hirninfarkten, nachdem Vorläuferstadien aufgetreten sind

Zudem findet sich in dieser Fachinformation der Hinweis, dass „ASS 100 mg HEXAL“ sich aufgrund seines Wirkstoffgehaltes nicht zur Behandlung von Schmerzzuständen eignet. Anders ist das jedoch bei den Standardzulassungen, wie das BfArM erklärt. 

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Bei denen besteht laut BfArM das Risiko einer Fehldosierung. Denn:


Die Standardzulassungen für Acetylsalicylsäure/ASS in der Stärke 100 mg weisen als alleinige Indikation 'Schmerzen und Fieber' auf, im Gegensatz zu allen anderen zugelassenen Arzneimitteln in dieser Stärke und Darreichungsformen am deutschen Markt, die ausschließlich zur Thromboseprophylaxe eingesetzt werden.“

BfArM, 04.10.2022


Würden diese nun dennoch zur Thromboseprophylaxe eingesetzt, stünden den betroffenen Patientinnen und Patienten keine adäquaten Dosierungshinweise in der Gebrauchsinformation zur Verfügung. Der Text der Gebrauchsinformationen weise nämlich nur die übliche Dosierung als Analgetikum für Kinder aus (ab 50 mg bis 600 mg täglich). In diesem Zusammenhang sei auch zu bedenken, dass für Kinder und Jugendliche die 100-mg-Stärke für fieberhafte Erkrankungen nur eingesetzt werden soll, wenn andere Maßnahmen nicht wirken. Die Anwendung darf dann, wegen des möglichen Auftretens eines Reye-Syndroms, nur auf ärztliche Anweisung erfolgen.

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Aktuell sollen neben den aufgezählten Firmennamen noch 21 weitere Zulassungen von pharmazeutischen Unternehmen und Apotheken ohne weitere Differenzierung in der Bezeichnung („Acetylsalicylsäure-Tabletten 100 mg“) als Standardzulassung mit der Nummer 1899.98.99 verkehrsfähig sein. Tatsächlich ist das „ASS 100“-Präparat der Firma Zentiva laut Lauer-Taxe (Stand 6. Oktober 2022) auf Basis der genannten Standardzulassung aktuell im Handel.

Deshalb bittet das BfArM nun darum, „dass bei der ärztlichen Verordnung keine Arzneimittel, die sich auf der Grundlage einer Standardzulassung im Verkehr befinden, für die Thromboseprophylaxe verordnet und/oder durch Apotheken abgegeben werden“.


Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

???

von KM am 06.10.2022 um 22:33 Uhr

Die "problematische" ASS von Zentiva wird gerne von Ärzten verschrieben, weil es billig ist.
Gebe ich Zentiva ab, ist es die falsche Zulassung, Retax folgt.
Gebe ich eine andere Firma mit richtiger Zulassung ab, dann ist es zu teuer, Retax folgt. Und nun?

Liebes BfArM, kümmert euch doch mal um die wichtigen Dinge. Unsere Defektlisten werden immer länger.
Wirkliche Fehldosierungen resultieren eher daraus, daß wir verschriebene Arzneimittel oft nur mit der halben oder doppelten Stärke oder gleich mit einem anderen Wirkstoff beliefern können. Und die Firmen der lieferbaren Dauermedikamente ändern sich gefühlt auch jeden Tag. Wieviele Patienten nehmen denn wegen diesem Durcheinander ihre Medikamente noch richtig ein?

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Packungsbeilage ?

von Dr. Ralf Schabik am 06.10.2022 um 18:27 Uhr

Wie viele Anwender von ASS 100 lesen die Packungsbeilage ??? Die nehmen ihre 1x täglich und fertig.
Herzallerliebstes BfArM ... habt Ihr keine ECHTEN Probleme ?
fassungslos ...

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