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Nirmatrelvir / Ritonavir vor allem für Ungeimpfte sinnvoll
IQWiG zu Paxlovid: Anhaltspunkt für einen erheblichen Zusatznutzen
Bei all den Diskussionen über das Dispensierrecht für Ärzte der für Deutschland eingekauften Paxlovid-Packungen, unterstellte zuletzt manche böse Stimme, dass es dabei weniger um den Patienten-Nutzen gehen könnte als darum, einem drohenden Verfall der Packungen zuvorzukommen. Doch nun hat auch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen den Nutzen von Paxlovid bestätigt – vor allem für Ungeimpfte.
Seit dem 18. August 2022 dürfen Ärztinnen und Ärzte Paxlovid direkt an COVID-19-Patient:innen abgeben. In KW 34, also der Woche, die auf die Änderung der Rechtslage folgte, vervielfachte sich die Zahl der Packungen, die der Großhandel auslieferte, von 3.190 auf 11.576. Ob die Packungen aufgrund der neuen Regel direkt in Arztpraxen abgegeben wurden, die sie zuvor über die Apotheke bezogen hatten, oder ob sie per Rezept verordnet und die Rezepte in der Apotheke eingelöst wurden, geht aus den Zahlen nicht hervor. Jedenfalls hat nun das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) den Nutzen – genauer gesagt den „Zusatznutzen“ – von Paxlovid bestätigt. Die beiden enthaltenen Wirkstoffe Nirmatrelvir und Ritonavir senkten bei Risikopatienten die Gefahr eines schweren Verlaufs, heißt es in einer Pressemitteilung des IQWiG. Dennoch weist das Institut erneut darauf hin, dass die Wirkstoff-Kombination nicht für alle besonders gefährdeten Patientinnen und Patienten geeignet ist – das liegt an bestimmten Kontraindikationen und Wechselwirkungen.
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Zugelassen ist Paxlovid zur Behandlung von COVID-19 bei Erwachsenen, die keine zusätzliche Sauerstoffzufuhr benötigen und ein erhöhtes Risiko haben, einen schweren COVID-19-Verlauf zu entwickeln. In seiner frühen Nutzenbewertung kam das IQWiG jetzt zu dem Schluss, dass durch die Einnahme von Paxlovid „das Risiko, einen schweren COVID-19-Verlauf zu entwickeln, intensivmedizinisch betreut zu werden oder sogar an COVID-19 zu versterben“ in dieser Patient:innen-Gruppe sinkt. Als Risikofaktoren galten: Übergewicht, ein Alter von mehr als 60 Jahren, die Einnahme von immunschwächenden Medikamenten, Zigarettenkonsum oder das Vorliegen von spezifischen Vorerkrankungen wie beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus (Typ 1 oder 2) oder chronische Lungenerkrankungen. Einschränkend ist jedoch zu beachten:
Da die relevante Studie allerdings ausschließlich mit ungeimpften Patientinnen und Patienten durchgeführt wurde und unklar ist, inwieweit die Effekte auf geimpfte übertragbar sind, sieht das IQWiG in der Gesamtschau nur einen „Anhaltspunkt“ für einen erheblichen Zusatznutzen von Nirmatrelvir/Ritonavir gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie.“
Unter der „zweckmäßigen Vergleichstherapie“ versteht das IQWiG die „Therapie nach ärztlicher Maßgabe“.
Zudem sei zu beachten, dass Patientinnen und Patienten mit komplexen Risikofaktoren in der EPIC-HR-Studie unterrepräsentiert waren. Aus dieser Studie hat der Paxlovid-Hersteller Pfizer Daten in seinem Zusatznutzen-Dossier eingereicht. Die für die frühe Nutzenbewertung des IQWiG relevante Teilpopulation der EPIC-HR-Studie umfasse insgesamt 1.908 Personen, von denen 944 mit Nirmatrelvir/Ritonavir und 964 mit Placebo behandelt wurden, heißt es. IQWiG-Leiter Jürgen Windeler betont trotz der Einschränkungen: „Bei ungeimpften Risikopatienten, die erst seit wenigen Tagen symptomatisch und noch nicht schwer erkrankt sind, hatte Paxlovid in der betreffenden Studie eine vielversprechende Wirkung.“ Und doch betont er auch: „„Bei der Anwendung können allerdings die zahlreichen Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, die gerade in dieser Zielgruppe häufig verordnet werden, einschränkend wirken.“
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Zu den konkreten Zahlen erklärt das IQWiG in seiner Mitteilung: „Im Interventionsarm der Studie war 28 Tage nach Symptombeginn niemand verstorben, im Vergleichsarm gab es hingegen 15 Todesfälle (1,6 Prozent der Patientinnen und Patienten). Auch die Zahl der schweren COVID-19-Verläufe war bei Behandlung mit Nirmatrelvir/Ritonavir deutlich geringer: 10 (1,1 Prozent) schweren COVID-19-Verläufen im Interventionsarm stehen hier 60 (6,2 Prozent) im Vergleichsarm gegenüber.“ Es musste in der Nirmatrelvir/Ritonavir-Gruppe auch keine Patientin bzw. kein Patient intensivmedizinisch betreut werden – im Gegensatz zur Placebo-Gruppe: Dort waren es 9 (0,9 Prozent). Zu einer Linderung der Symptome sei es bei einer Therapie mit Nirmatrelvir/Ritonavir nach durchschnittlich 16 Tagen gekommen, ohne erst nach 20 Tagen.
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Die Dossierbewertung durch das IQWiG ist Teil der frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), die der Gemeinsame Bundesaussschus (G-BA) verantwortet. Nach Publikation der Dossierbewertung führt der G-BA ein Stellungnahmeverfahren durch und fasst einen abschließenden Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens.
Hier können Sie die Nutzenbewertung des IQWiG einsehen. Für Patient:innen stellt das IQWiG auf einer extra Website allgemein verständliche Informationen zur Verfügung: www.gesundheitsinformation.de.
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