Landtagswahlen in Niedersachsen

Niedersachsens CDU will Apotheken als Lotsen im Gesundheitswesen

Berlin - 07.10.2022, 16:45 Uhr

In Niedersachsen wird am 9. Oktober gewählt. (Foto: IMAGO / Kirchner-Media)

In Niedersachsen wird am 9. Oktober gewählt. (Foto: IMAGO / Kirchner-Media)


Am kommenden Sonntag wird in Niedersachsen ein neuer Landtag gewählt. Die derzeitigen Umfragen deuten darauf hin, dass Stephan Weil (SPD) Ministerpräsident bleibt – doch auch CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann kämpft um das Amt. Sicher scheint: Es wird entweder eine Fortsetzung der rot-schwarzen Koalition oder eine neue rot-grüne geben. Was könnte das für die Gesundheitsversorgung im Land bedeuten? Wir haben in die Wahlprogramme geschaut.

Die politischen Rahmenbedingungen für Apotheken stellt der Bund. Bei Landtagswahlen spielen Apotheken daher in der Regel keine große Rolle. Allerdings ist es auch ein Anliegen der Länder – vor allem der Flächenländer – dass die Gesundheitsversorgung vor Ort funktioniert. Und gerade Niedersachsen zeigte zuletzt, dass auch Pharmazeuten durchaus ein Thema der Landespolitik sein können – und zwar in der Krankenhausversorgung: 2018 beschloss die Landesregierung in Hannover, verpflichtend Stationsapotheker einzuführen.

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Nun stehen am 9. Oktober wieder Wahlen in Niedersachsen an. Welche Gedanken machen sich die Parteien, die hier künftig regieren möchten, jetzt zur Gesundheitsversorgung und möglicherweise zu Apotheken? Nach den aktuellen Prognosen spricht viel dafür, dass die SPD, die seit 2012 mit Stephan Weil den Ministerpräsidenten stellt, erneut die meisten Stimmen bekommt. Sie liegt derzeit in Umfragen zwischen 31 und 33 Prozent. Die CDU kommt auf rund 28 Prozent. Seit 2017 regiert in Niedersachsen eine Koalition aus SPD und CDU. Zuvor hatte die SPD die Grünen an ihrer Seite, mit einer Ein-Stimmen-Mehrheit. Als diese im Sommer 2017 nach dem Fraktionsaustritt der vorherigen Grünen-Abgeordneten Elke Twesten zerbrach, kam es zu einer vorgezogenen Neuwahl, nach der es nicht mehr für ein rot-grünes Bündnis reichte. Inzwischen scheinen die Grünen im Aufwind: Sie könnten den Umfragen zufolge ihr Ergebnis von 2017 nahezu verdoppeln, auf rund 16 Prozent. Allerdings kamen sie vor einigen Wochen auch schon einmal auf über 20 Prozent. Eine Neuauflage der Koalition mit der SPD ist aber auf jeden Fall realistisch.

SPD: Landarztquote und bessere Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe

Was können die Apotheken also von SPD, CDU und Grünen erwarten? Die SPD erwähnt sie in ihrem Wahlprogramm jedenfalls nicht. Im Blick hat sie allerdings die Ärzte – was auch Effekte auf die Apotheken haben dürfte. So setzt die SPD Niedersachsen auf die Einführung einer Landarztquote. Bleiben die Ärzte auf dem Land erhalten, ist dies auch für Apotheken ein gutes Zeichen. Das Wahlprogramm verspricht auch einen Ausbau der Studienplätze im Bereich Medizin. Die Pharmazie bleibt dagegen unerwähnt – dabei dürfte man gerade angesichts der Stationsapothekerpflicht in den Kliniken hier auf pharmazeutischen Nachwuchs angewiesen sein. Weiterhin heißt es im SPD-Programm, dass das Schulgeld für Pharmazeutisch-technische Assistenten beendet werden soll.

Im Übrigen ist die Rede von einer verbesserten Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe. Es sollen regionale Gesundheitszentren aufgebaut werden – „insbesondere in ländlichen Gebieten, um eine wohnortnahe Rund-um-die-Uhr-Versorgung sicherzustellen und neue Ansätze zur sektorenübergreifenden Versorgung zu ermöglichen“. Die niedersächsische SPD konstatiert zudem, dass Gesundheit „keine Ware, sondern ein Kernelement staatlicher Daseinsvorsorge“ ist. Deshalb müsse die fortschreitende Ökonomisierung gestoppt und so weit wie möglich eine Rekommunalisierung mit Unterstützung von Land und Bund eingeleitet werden. Maßstab dürften nicht die wirtschaftlichen Interessen von Akteuren im Gesundheitssystem sein, sondern die Patienten müssten im Mittelpunkt stehen.

Auch von der Digitalisierung im Gesundheitswesen verspricht sich die SPD viel. Unter anderem heißt es im Programm: „Digitale Lösungen für das Patientendatenmanagement, innovative Technologien für die Gesundheitsversorgung und deren Etablierung in der Regelversorgung werden wir unterstützen. Dazu zählen die flächendeckende Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) sowie das eRezept und der Ausbau von Telemedizin“.

CDU will Apotheken und Krankenhausapotheken unterstützen

Im Wahlprogramm der CDU Niedersachsen sind Apotheken hingegen ausdrücklich erwähnt. Um die Gesundheitsversorgungsstrukturen weiterzuentwickeln, will sie unter anderem „die Apotheke vor Ort als einen Lotsen im Gesundheitswesen etablieren, um als niedrigschwellige Anlaufstelle für die Bürgerinnen und Bürger fachlich und empathisch zu beraten“. Grundsätzlich will die Partei sicherstellen, dass eine gute Notfall-, Grund- und Regelversorgung innerhalb von 30 Minuten erreichbar ist. Und auch sie will ein Förderprogramm für Gesundheits- und Versorgungszentren im ländlichen Raum aufsetzen.

Auch die Arzneimittelversorgung als solche hat die CDU im Blick – wenngleich ihre Handlungsspielräume beschränkt sind. So heißt es im Programm:


Damit auch zukünftig eine sichere Versorgung gewährleistet wird, wollen wir die Apotheken und Krankenhausapotheken bei den neuen Herausforderungen unterstützen. Deshalb werden wir:
- die wohnortnahe unabhängige Versorgung mit Arzneimitteln für die Menschen in Niedersachsen gewährleisten.

- die besondere Stellung und Bedeutung der Apotheken für die Arzneimittelversorgung in den Mittelpunkt unseres Handelns stellen.

- die Apotheken bei der Digitalisierung unterstützen, damit sie zu einem wichtigen Akteur in der digitalen Versorgungsstruktur werden.“

Regierungsprogramm 2022-2027 der CDU in Niedersachsen


Wie die SPD setzt auch die CDU auf Digitalisierung und verspricht, die digitale Patientenakte, das E-Rezept und deren flächendeckende Einführung zu unterstützen.

20 zusätzliche Pharmazie-Studienplätze

Beim Ausbau der Studienplätze denkt die CDU weiter als ihr derzeitiger Koalitionspartner: Sie will bis zu 200 zusätzliche Studienplätze in der Humanmedizin, 50 zusätzliche Studienplätze in der Zahnmedizin und immerhin 20 zusätzliche Studienplätze in der Pharmazie schaffen.

Schließlich will sie auch die Schulgeldfreiheit „in allen Gesundheits- und Pflegeberufen vorantreiben und zügig umsetzen“. Eine weitere Erwähnung finden Apotheken beim Thema Inklusion: Die CDU will sich für mehr Barrierefreiheit in Krankenhäusern, Arztpraxen, Therapieeinrichtungen und Apotheken einsetzen.

Grüne: Gesundheitsberufe zusammenbringen

Die Grünen haben ebenfalls vor allem die Sicherung der hausärztlichen Versorgung im Blick. Eine Landarztquote reicht ihnen allerdings nicht. Attraktive Arbeitszeitmodelle und Teamarbeit sollen hier für die Arbeit auf dem Land begeistern. Zudem verweisen die Grünen in ihrem Programm auf Vorschläge der Enquetekommission Sicherstellung der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung in Niedersachsen. „Wir wollen Tempo in die Umsetzung der Vorschläge bringen. Dafür braucht es endlich eine Bedarfsplanung, die Über- und Unterversorgung erfasst und Kapazitäten sinnvoll verteilt“. 

Auch die Grünen wollen, dass die Patienten keine weiten Wege zur Gesundheitsversorgung haben. „Eine stärkere Einbindung nichtärztlicher Heilberufe in die Primärversorgung sorgt hier zusätzlich für eine verlässliche Versorgung“, heißt es im Programm. Und weiter: „Wir wollen insbesondere im ländlichen Raum ambulante, stationäre und poststationäre Leistungserbringer zusammenschließen und mit Reha-Einrichtungen, Apotheken und anderen Gesundheitseinrichtungen in integrierten Versorgungszentren in öffentlicher Hand zusammenbringen“. Für Medizinische Versorgungszentren wollen die Grünen eine neue Trägerschaft etablieren – z. B. ärztliche kommunale Genossenschaften. Von rein renditeorientierten Investor-Modellen wollen sie wegkommen. Vom PTA-Schulgeld ist im Grünen-Programm nicht die Rede. Dafür heißt es: „Für alle Gesundheitsberufe fordern wir eine Ausbildungsvergütung“.

In den Programmen von AfD und FDP finden die Apotheken keine Erwähnung.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Nur Politiker-Gelaber seit Jahrzehnten ...

von Alfons Neumann am 11.10.2022 um 2:08 Uhr

Der Ex-CDU-Minister begeht Vertrauensbruch und kürzt im Handumdrehen vorher beschlossene Vergütungen (bei Masken, Impfzertifikaten u. Co.), der SPD-Minister spricht seinen Dank für unsere Corona-Arbeit aus und nimmt als Anerkennung eine erneute Honorarkürzung vor??
Geht nach Hause - Verzichten die Parlamente/Abgeordneten in gleicher Höhe etwa auf ihre Diäten u. Co. ? Wohl kaum...

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