Ergebnis der DAZ-Umfrage

Streikbereitschaft ist groß

Stuttgart - 13.10.2022, 16:45 Uhr

In vier Kammerbezirken sind die Apotheker:innen aufgefordert, am kommenden Mittwochnachmittag ihre Apotheken geschlossen zu lassen. (x / Foto: picture alliance / dpa | Jan-Philipp Strobel)

In vier Kammerbezirken sind die Apotheker:innen aufgefordert, am kommenden Mittwochnachmittag ihre Apotheken geschlossen zu lassen. (x / Foto: picture alliance / dpa | Jan-Philipp Strobel)


Am kommenden Mittwochnachmittag sollen im Saarland, in Brandenburg, in Schleswig-Holstein und Hamburg die Apotheken geschlossen bleiben. Die Verbände rufen dazu auf, um gegen die geplante Erhöhung des Kassenabschlags zu protestieren. Wir wollten von unseren Lesern wissen, ob sie, wenn ihr Verband dazu aufruft, auch streiken würden.

Auch wenn an der Erhöhung des Kassenabschlags wohl nicht mehr zu rütteln ist, wollen die Apotheker:innen im Saarland, in Brandenburg, Hamburg und Schleswig-Holstein ein Zeichen Richtung Berlin setzen und ihre Betriebe am kommenden Mittwoch einen Nachmittag lang geschlossen halten. Ein deutliches Signal, dass „wir uns nicht weiter an der Nase rumführen lassen wollen“, ist in den Augen von Susanne Koch, der Vorsitzenden des Saarländischen Apothekervereins, nämlich notwendig. Schließlich steigen die Kosten weiter, die Lieferengpässe lassen nicht nach, der Personalmangel ist allgegenwärtig – und nächstes Jahr ist eine Strukturreform angekündigt. „Ein Signal für die Zukunft zu setzen, wäre jetzt auf jeden Fall sinnvoll“, findet Koch. Ihr Verband hat als erster seiner Mitglieder zum Ausstand aufgerufen. Die anderen drei zogen nach, von der ABDA werden sie mit Flyern und Infomaterial unterstützt. 

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In Schleswig-Holstein trommelt der Kammerpräsident sogar persönlich für die Aktion. Wie er gegenüber der DAZ berichtet, griff er sogleich selbst zum Hörer und rief alle 43 Apotheken in seinem Kreis an, mit der Bitte, sich zu beteiligen. Sein Engagement zeigt Wirkung: „Bis auf ein paar wenige Betriebe, bei denen ich urlaubsbedingt noch auf eine Rückmeldung warte, haben alle zugesagt“, berichtet er der Redaktion. Inzwischen sollen auch die Apotheken in Neumünster und Flensburg allesamt ihre Teilnahme angekündigt haben. 

Woher die hohe Streikbereitschaft rührt, liegt für Christiansen auf der Hand: „Mit der Erhöhung des Kassenabschlags ist das Fass nun endgültig übergelaufen. Inzwischen sind viele Kolleginnen und Kollegen bereit, ernst zu machen und entsprechende Schließungen zu wiederholen, sollte dieser Warnschuss keine Wirkung zeigen.“

85 Prozent der DAZ-Leser würden streiken

Und auch im restlichen Deutschland wären unserer nicht repräsentativen Umfrage nach viele bereit, die Türen ihrer Apotheke temporär zu schließen. Von 1.447 Teilnehmer:innen erklärten 85,21 Prozent, dass sie bei einem Streik auf jeden Fall dabei wären. Das deckt sich mit dem Ergebnis einer Umfrage des Apothekerverbands Schleswig-Holstein unter seinen Mitgliedern, von denen laut AVSH 86 Prozent bereit sind zu streiken. 7,6 Prozent sprachen sich dagegen aus, weil garantiert nicht alle mitmachten. 2.7 Prozent wollen nicht streiken, weil es in ihren Augen nichts bringt. Und 4,49 Prozent erklärten, noch unentschlossen zu sein.

Keine bundesweite Streikaktion geplant

Warum es nicht in allen Kammerbezirken Aktionen gibt, stößt bei den Kolleg:innen in den sozialen Netzwerken auf Unverständnis. Aber eine bundesweite Streikaktion war und ist laut einem Rundschreiben des Landesapothekerverbands Niedersachsen derzeit nicht geplant. Ob Erklärungen wie die des LAV Niedersachsen, dass die Schwerpunktaktion gezielt in drei Regionen Südwest-, Ost- und Norddeutschlands stattfinde, die bereits jetzt stark vom Verlust sozialer Infrastruktur betroffen seien und von weiteren Schließungen bei Gesundheitseinrichtungen umso mehr verschont bleiben müssen, das Verständnis erhöht, ist fraglich. 

Der Bayerische Apothekerverband begrüßt in seinem Schreiben immerhin, dass die Kollegen ein Signal aussenden. Zeige es doch stellvertretend die grundsätzliche Bereitschaft der Apotheken, Fehlentwicklungen im Gesundheitswesen anzuprangern. Der BAV verweist auf seine eigenen Presse- und Social-Media-Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Spargesetz sowie Gespräche mit Politikern. Je nach Entwicklung der gesetzgeberischen Maßnahmen wolle man sich aber weiter Aktionen vorbehalten.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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