Tipps für die Rezeptur

Suspensionen für die Pädiatrie

Stuttgart - 17.10.2022, 09:15 Uhr

Suspensionen spielen vor allem in der Kinderheilkunde eine wichtige Rolle. Da geeignete Darreichungsformen und Dosierungen oft fehlen, sind sie ein klassischer Fall für die Rezeptur. (Foto: Schelbert / DAZ)

Suspensionen spielen vor allem in der Kinderheilkunde eine wichtige Rolle. Da geeignete Darreichungsformen und Dosierungen oft fehlen, sind sie ein klassischer Fall für die Rezeptur. (Foto: Schelbert / DAZ)


In der Kinderheilkunde stehen passende Fertigarzneimittel oft nicht zur Verfügung. Abhilfe können hier Rezepturen schaffen. Neben niedrig dosierten Kapseln spielen dabei auch Suspensionen eine Rolle. Worauf ist bei der Herstellung zu achten?

Naturgemäß stellen flüssige Arzneiformen für Kinder die bevorzugte Darreichungsform dar. Von Vorteil sind dabei die einfache Applikation und die problemlose, individuelle Anpassung der benötigten Dosierung. Löst sich der benötigte Arzneistoff gut im Trägermedium – in der Kinderheilkunde handelt es sich dabei normalerweise um Wasser –, dann kann eine Lösung hergestellt werden. 

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Häufig verordnete Wirkstoffe, die als Lösung abgegeben werden können, sind Propanololhydrochlorid und Enalaprilmaleat. Informationen zur Löslichkeit sind dabei in der jeweiligen Arzneibuchmonographie zu finden. 

Die meisten der in pädiatrischen Zubereitungen zum Einnehmen verordneten Wirkstoffe zeigen jedoch in Wasser keine ausreichende Löslichkeit und werden daher als Suspension hergestellt. Beispiel hierfür sind

Suspension zum Einnehmen: Allgemeines zur Herstellung

Für die Herstellung von Suspensionen wird eine Trägerlösung benötigt. Diese kann vorgefertigt bezogen oder in der Apotheke hergestellt werden. Pulverförmige Wirkstoffe können direkt verwendet werden, kristalline Stoffe werden vor dem Verarbeiten zunächst pulverisiert. Anschließend wird der Feststoff mit wenig Grundlage in einer Fantaschale angerieben und bis zur gewünschten Masse aufgefüllt. 

Suspensionen sind volumendosierte Darreichungsformen, die Konzentration wird meist in Milligramm pro Milliliter angegeben. Bei bekannter Dichte muss die Herstellung aber nicht nach Volumen erfolgen, sondern kann mithilfe einer Waage anhand der Masse durchgeführt werden. Die einzelnen Rezepturbestandteile können ganz normal abgewogen werden. 

Ist die Dichte allerdings nicht bekannt, so wird die flüssige Zubereitung unter Einsatz volumetrischer Messvorrichtungen realisiert. Dazu wird die Wirkstoffanreibung aus der Fantaschale in einen Messzylinder überführt und mit der Grundlage auf das gewünschte Volumen aufgefüllt. Als letzten Schritt wird die fertige Suspension aus dem Messzylinder in das Abgabegefäß überführt. Allerdings ist eine vollständige Entleerung häufig problematisch und es geht somit Arzneistoff verloren. Um Wirkstoffverluste durch das Umfüllen zu verhindern, ist es daher empfehlenswert, die Suspension direkt in einer zuvor kalibrierten Flasche herzustellen.

Zusätze in Suspensionen: Konservierung, Verdickung und Co.

Zur Entnahme der Einzeldosis muss der Wirkstoff in der Grundlage homogen verteilt sein. Eine Sedimentbildung ist zulässig, das Sediment muss jedoch leicht aufschüttelbar sein und die Suspension muss über einen gewissen Zeitraum stabil bleiben. Enthaltene Verdickungsmittel wie Hydroxyethylcellulose oder Tragant verringern die Geschwindigkeit der Sedimentation. Zusätze wie hochdisperses Siliciumdioxid oder mikrokristalline Cellulose verbessern die Aufschüttelbarkeit. 

Aufgrund des hohen Wasseranteils gelten Suspensionen als mikrobiell anfällig, auf eine Konservierung kann daher nicht verzichtet werden. Zur Anwendung bei Kindern gilt dabei Sorbinsäure als Konservierungsmittel der Wahl, eingesetzt werden kann auch Methyl-4-hydroxybenzoat. Aufgrund einer möglicherweise hormonartigen Wirkung darf Propyl-4-hydroxybenzoat dagegen nicht verwendet werden. Auch das antimikrobiell wirksame Propylenglycol gilt in der Pädiatrie als kritischer Hilfsstoff.

Zwei neue NRF-Vorschriften für die Herstellung von Suspensionen

Wegen der Gefahr physikalischer Instabilität sollten Zubereitungen mit ungelöstem Wirkstoff bevorzugt nach standardisierten Rezepturvorschriften hergestellt werden. Im NRF sind zahlreiche Vorschriften zur Herstellung von Suspensionen zum Einnehmen zu finden, zwei davon wurden kürzlich überarbeitet:

  • Sildenafil-Suspension 10 mg/ml (NRF 10.7.) und
  • Spironolacton-Suspension 5 mg/ml (NRF 26.5.).

Beide Suspensionen sind bereits seit 2019 als Rezepturarzneimittel im NRF monographiert, wegen häufiger Probleme bei der Herstellung wurden die Vorschriften nun angepasst. Als Trägerlösung kommt jeweils die Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen (NRF S.52.) zum Einsatz.

Zur Erinnerung: Wofür werden Sildenafil und Spironolacton verwendet?

  • Sildenafil wird als Sildenafilcitrat zur Therapie der pulmonalen arteriellen Hypertonie bei Kindern eingesetzt.
  • Spironolacton dient als kaliumsparendes Diuretikum zur Behandlung der Herzinsuffizienz.

Die Grundlage wurde extra zur Anwendung bei Kindern entwickelt. Neben gereinigtem Wasser ist Hydroxyethylcellulose 10000 als Verdickungsmittel enthalten, zur Verbesserung des Geschmacks Glucose-Monohydrat. Zum Schutz vor mikrobiellem Befall wird Kaliumsorbat eingesetzt, zur nötigen Regulation des pH-Werts Citronensäure. Die Verwendbarkeitsfrist der Zubereitung zur Herstellung von Rezepturen beträgt sechs Monate.

Tipps zur Herstellung der Spironolacton-Suspension (NRF 26.5.)

Neben dieser Grundlage und dem Wirkstoff ist in der Rezepturvorschrift nur noch hochdisperses Siliciumdioxid enthalten: 

Spironolacton-Suspension 5 mg/ml (NRF 26.5.)
Spironolacton (mikrofein gepulvert)

0,5 g

Hochdisperses Siliciumdioxid

0,1 g

Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen (NRF S. 52.)

zu 104,2 g

Um die Bildung von Pulveragglomeraten zu verhindern, werden Wirk- und Hilfsstoff getrennt voneinander mit der Grundlage in einer Fantaschale aus Glas oder Edelstahl angerieben. Das hochdisperse Siliciumdioxid wird zunächst trocken zu einem feinen Pulver verrieben, erst dann wird anteilig Grundlage eingearbeitet. Der Arzneistoff wird direkt mit wenig Grundlage angerieben. Da die Anreibung jedoch zum Eintrocknen neigt, darf diese nicht zu stark an Schalenwand, Kartenblatt und Pistill verteilt werden. Beide Ansätze können anschließend vermischt und unter häufigem Abschaben verrührt werden, danach wird die restliche Grundlage anteilig ergänzt. 

Bei der neuen Herstellungstechnik kann auf die bisher enthaltene mikrokristalline Cellulose zur Unterstützung der Aufschüttelbarkeit verzichtet werden. Durch das enthaltene Siliciumdioxid bleibt das entstehende Sediment ausreichend locker und kann in der fertigen Suspension gut aufgeschüttelt werden.

Größere Ansätze für Suspensionen mit dem Stabmixer herstellen

Mit zunehmender Größe des Ansatzes steigt bei der manuellen Anreibung das Risiko für die Entstehung von Pulveragglomeraten, die sich später nicht mehr ohne Weiteres beseitigen lassen. Das NRF empfiehlt daher Ansätze über 200 ml mit einem elektrischen Stabmixer anzufertigen. 

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Die Herstellung der Suspension kann dann im Ein-Topf-Ansatz in einem ausreichend großen Becherglas erfolgen. Der Rezepturansatz darf dabei maximal zwei Drittel des Nennvolumens einnehmen. Die beiden Feststoffe und die Suspensionsgrundlage können ohne vorherigen Mischvorgang in das Becherglas gegeben werden. Das Rührwerk des Stabmixers muss vollständig in die Flüssigkeit eintauchen. Bei üblichen Ansatzmengen reichen zwei Minuten Rührzeit bei niedriger Geschwindigkeit aus. 

Nach kurzer Standzeit kann als Inprozessprüfung der Boden des Becherglases auf verbliebene weiße Pulverklumpen untersucht werden. Zudem kann mit einem Infrarot-Thermometer auf Erhöhung der Temperatur geprüft werden. Eine relevante Temperaturerhöhung ist zwar nicht zu erwarten, könnte aber zu einer übersättigten Wirkstofflösung führen.

Fertige Suspension: Kolbenpipette als Applikationshilfe bei Kindern

Die fertige Suspension kann in eine ausreichend große Braunglasflasche oder eine Flasche aus braunem Polyethylentherephthalat abgefüllt werden. Zusätzlich ist eine Kolbenpipette (mit geeigneter Graduierung) als Applikationshilfe für eine sichere Dosierung wichtig.

Mithilfe der Pipette kann die benötigte Einzeldosis kopfüber aus der Flaschenmündung entnommen werden. Die Kolbenpipette benötigt dazu einen Steckeinsatz. Dieser wird über die Flaschenmündung hineingedrückt und muss die passende Öffnung besitzen. Nach Entnahme der Dosis kann die Pipette von außen abgewischt werden, vom Spülen mit Wasser wird hingegen abgeraten.

Tipps für die Beratung 

Bei der Abgabe pädiatrischer Suspensionen sollten die Eltern auf das ausreichende Schütteln der Zubereitung vor jeder Anwendung hingewiesen werden. Zur Verabreichung sollte das Kind aufrecht sitzen und das Arzneimittel in die Wangentasche geträufelt werden. 


Dr. Annina Bergner, Apothekerin, Autorin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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