Ethylenglykol und Diethylenglykol

Verunreinigte Arzneimittelsäfte – auch in Indonesien sterben Kinder

Stuttgart - 21.10.2022, 07:00 Uhr

Säuglinge, die in Indonesien an einer akuten Nierenschädigung litten, sollen drei gefährliche Chemikalien zu sich genommen haben: Ethylenglykol, Diethylenglykol und Ethylenglykol-Butylether. (Foto: sulit.photos / AdobeStock)

Säuglinge, die in Indonesien an einer akuten Nierenschädigung litten, sollen drei gefährliche Chemikalien zu sich genommen haben: Ethylenglykol, Diethylenglykol und Ethylenglykol-Butylether. (Foto: sulit.photos / AdobeStock)


Leider scheint sich zu bestätigen, was die Weltgesundheitsorganisation WHO schon vermutet hatte: Nicht nur in Gambia sind verunreinigte Arzneimittel-Säfte für Kinder auf den Markt gelangt, sondern auch in Indonesien. Um welche Präparate es sich in Indonesien handelt, ist jedoch noch nicht klar – und somit auch nicht, ob ein direkter Zusammenhang besteht. Indonesien hat nun vorübergehend den rezeptfreien Verkauf von allen Arzneimittelsäften verboten.

In Gambia sind Berichten zufolge 69 Kinder nach der Einnahme verunreinigter Erkältungssäfte gestorben. Laboranalysen haben offenbar ergeben, dass die Präparate inakzeptable Mengen an Diethylenglykol und Ethylenglykol enthielten. Die WHO warnte mit Bildern vor den betroffenen Säften. Daraufhin hatte der Präsident des westafrikanischen Landes, die Lizenz für den in Verdacht stehenden indischen Pharmahersteller Maiden Pharmaceuticals Limited beendet. Am 12. Oktober ordnete die Regionalregierung im indischen Bundesstaat Haryana schließlich an, dass die Firma Maiden Pharmaceuticals Limited ihr Produktion einstellen muss.

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Zwar hieß es mehrfach, dass die betroffenen Medikamente nur nach Gambia geliefert worden seien, am vergangenen Donnerstag meldete nun aber die staatliche Agentur Antara aus Indonesien, dass auch dort etwa 100 Kinder nach der Einnahme von Arzneimittelsäften gestorben seien. Die Kinder, die zumeist jünger als fünf Jahre waren, seien in den vergangenen Monaten im Zuge von Nierenschädigungen gestorben, teilte Gesundheitsminister Budi Gunadi Sadikin am Donnerstag mit. Indonesien hat nun vorübergehend den rezeptfreien Verkauf von allen Arzneimittelsäften verboten. Welche genau zu den bislang bekannten Todesfällen geführt haben, wurde noch nicht bekannt. Somit ist auch nicht klar, ob ein direkter Zusammenhang zu den Fällen in Gambia besteht.

Mit Ethylenglykol, Diethylenglykol und Ethylenglykol-Butylether verunreinigt

Weiter heißt es jedoch: „Das Ministerium hat bei Untersuchungen festgestellt, dass Säuglinge, die an einer akuten Nierenschädigung litten, drei gefährliche Chemikalien zu sich genommen hatten – Ethylenglykol, Diethylenglykol und Ethylenglykol-Butylether.“ Solche Verunreinigungen wurden auch in Gambia festgestellt.

Insgesamt seien seit Januar in 20 Provinzen des Inselstaates Indonesien mehr als 200 Fälle von akuten Nierenschäden bekannt geworden. Besonders seit August sei die Zahl deutlich gestiegen. Zudem sei es möglich, dass es eine hohe Dunkelziffer gebe, so der Minister. Eltern, deren Kinder dringend Arzneien in Form von Sirup benötigten, wurden jetzt aufgefordert, unbedingt einen Kinderarzt aufzusuchen.

Dass Diethylenglykol als Verunreinigung in Arzneimitteln vorkommt – mit tragischen Folgen – ist leider nicht neu. Manchem dürfte die historische „Sulfanilamidkatastrophe“ aus den USA ein Begriff sein. Denn, obwohl es in den USA bereits seit 1848 staatliche Bestimmungen für die Qualität von Arzneimitteln gab, schenkte man den darin enthaltenen Hilfsstoffen noch keine weitere Beachtung. 1937 starben jedoch über 100 Menschen (darunter 34 Kinder), weil Diethylenglykol zur Herstellung von Sulfonamid-Präparaten verwendet worden war. Die Ursache der Todesfälle erkannte man zunächst gar nicht. 1938 wurden schließlich die Regelungen zur Arzneimittelsicherheit überarbeitet. Vor allem in gefälschten Arzneimitteln war Diethylenglykol danach dennoch weltweit immer wieder ein Thema.


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