Work-Life-Ba­lance macht den Unterschied

Apobank-Studie: Selbständigkeit oder Anstellung?

Düsseldorf/München - 21.10.2022, 12:15 Uhr

Jeder Zweite gab an, dass der Aufwand für die eigene Praxis oder Apotheke zu hoch sei. Bedenken hinsichtlich des Workloads äußern vor allem Apotheker, während Ärzte und Zahnärzte vorwiegend die Bürokratie fürchten. (Foto: Jale Ibrak / AdobeStock)

Jeder Zweite gab an, dass der Aufwand für die eigene Praxis oder Apotheke zu hoch sei. Bedenken hinsichtlich des Workloads äußern vor allem Apotheker, während Ärzte und Zahnärzte vorwiegend die Bürokratie fürchten. (Foto: Jale Ibrak / AdobeStock)


Die Freiheit in der Berufsausübung ist das stärkste Argument für die Gründung einer eigenen Praxis oder Apotheke. Wo aber Beruf und Privatleben besser zu vereinbaren sind, da gehen die Meinungen auseinander. Das ergab die Studie „Niederlassen oder lieber lassen?“ der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (Apobank).

Für die Untersuchung, eine modifizierte Neuauflage einer Befragung aus dem Jahr 2014, beantworteten 800 Heilberufler aus den Bereichen Humanmedizin, Zahnmedizin und Pharmazie – davon 400 Angestellte und 400 Selbständige – Fragen rund um die Entscheidung für oder gegen die Selbständigkeit beziehungsweise für oder gegen die Anstellung.

Pro Niederlassung: Gestaltungsfreiheit, Flexibilität, gutes Einkommen

Auf die Frage, welche Kriterien bei der Entscheidung für die Niederlassung wichtig waren, nannten den Angaben der Apobank zufolge 80 Prozent der Selbständigen die vielen Gestaltungsmöglichkeiten, 79 Prozent die Chancen zur Selbstverwirklichung und 78 Prozent die therapeutische Selbstbestimmung. Doch auch die Aussichten auf ein gutes Einkommen (74 Prozent) und flexible Arbeitszeitgestaltung (72 Prozent) hätten den Entschluss beeinflusst. Ein enges Verhältnis zum Patienten beziehungsweise Kunden sei für 68 Prozent ebenfalls ausschlaggebend gewesen.

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Ein Blick in die Besonderheiten der einzelnen Heilberufsgruppen zeigt, dass gerade für Ärzte die Selbständigkeit eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben bietet (74 Prozent), für die Zahnärzte ist es die Nutzung moderner Technologien (71 Prozent), während für die Apotheker das breite Aufgabenspektrum in der eigenen Offizin einen Anreiz darstellt (71 Prozent).

Wiederholte Entscheidung Selbständigkeit; in %; Basis: n = 400 Selbständige (n = 100 Allgemeinmedizin, n = 100 Fachmedizin, n = 100 Zahnmedizin, n = 100 Pharmazie) (Quelle: apoBank-Studie)

Im Umkehrschluss sprechen gegen die Anstellung aus Sicht der Selbständigen vor allem vier Kriterien: Weisungsgebundenheit, geringere Vergütung, vorgeschriebene Arbeitszeiten und hierarchische Strukturen. Für die Ärzte ist es laut der Studie noch zusätzlich die Arbeit im Schichtdienst, die sie in der Entscheidung gegen die Tätigkeit im Krankenhaus bestärkt.

Zeitaufwand bei Gründung anspruchsvoll

Wenn die Entscheidung zur Niederlassung steht, beginnt der Gründungsprozess mit all seinen Herausforderungen: Für 47 Prozent der Befragten war vor allen Dingen die zeitliche Organisation umständlich. Gut ein Drittel empfand die Suche nach einer geeigneten Apotheke beziehungsweise Praxis als mühsam. Die Finanzierung der Gründung zählte ein Viertel der befragten Selbständigen zu den herausfordernden Aufgaben.

Die Betrachtung einzelner Heilberufsgruppen zeigt, dass 53 Prozent der Fachärzte vor allem das Erlangen der Kassenzulassung Schwierigkeiten bereitet hat. Für gut ein Fünftel der selbständigen Humanmediziner war die Auswahl der adäquaten Berufsausübungsform nicht einfach, bei Apothekengründern war es eher die Suche nach passenden Kooperationspartnern.

Contra Niederlassung: Bürokratie, hohe finanzielle Belastung und Workload

In der Studie wurden auch angestellte Heilberufler gefragt, was sie von der Selbständigkeit abhält. Die am häufigsten genannten Vorbehalte sind demnach zu viel Bürokratie, die hohe finanzielle Belastung sowie die hohe Arbeitsbelastung. Doch genauso häufig passt die Niederlassung den Angaben zufolge nicht zur persönlichen Lebenssituation. Jeder Zweite gab außerdem an, dass der Aufwand für die eigene Praxis oder Apotheke zu hoch sei. Bedenken hinsichtlich des Workloads äußern vor allem Apotheker, während Ärzte und Zahnärzte vorwiegend die Bürokratie fürchten.

Herausforderungen Existenzgründung; in %, sortiert nach LowTwo Gesamt, Basis: n = 400 Selbständige (n = 100 Allgemeinmedizin, n = 100 Fachmedizin, n = 100 Zahnmedizin, n = 100 Pharmazie)

Um sich für die Selbständigkeit zu entscheiden, müsste es laut der befragten Angestellten eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, eine geringere finanzielle Belastung sowie den Abbau von regulatorischen Anforderungen geben. Doch für ein Fünftel der Apothekenangestellten stellt Selbständigkeit auch unter veränderten Rahmenbedingungen keine Option dar. Für 35 Prozent der Fachärzte würde der Wegfall von Zulassungsbeschränkungen die Niederlassung möglich machen.

Work-Life-Balance ein Anliegen

Die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ist grundsätzlich von hoher Relevanz für alle Befragten. Doch ob die gewünschte Work-Life-Balance besser in der Niederlassung oder in der Anstellung zu realisieren ist – da gibt es unterschiedliche Meinungen. Denn für 83 Prozent ist es einerseits das häufigste Kriterium bei der Entscheidung für die Anstellung gewesen, andererseits ist das auch – vor allem für die selbständige Ärzteschaft – eines der Hauptmotive für die Niederlassung.

Neben der Work-Life-Balance ist die Scheu vor unternehmerischer Verantwortung vor allem bei Humanmedizinern ein häufiger Grund für die Anstellung. Feste Arbeitszeiten sind mit 81 Prozent den Apothekenangestellten besonders wichtig, mit 78 Prozent schätzen am meisten die Zahnärzte den kollegialen Austausch.

Die Studie zeigt zudem, dass der Schritt in die Selbständigkeit nur selten bereut wird. Demnach würden sich 85 Prozent der Befragten wieder selbständig machen.

Details der Studie können hier eingesehen werden.


Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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