BPhD-Kolumne

Die Klimakrise – haben wir gerade wichtigere Themen?

25.10.2022, 07:00 Uhr

Antonia Schmitz, Public-Health-Beauftragte beim BPhD. (s / Foto: BPhD)

Antonia Schmitz, Public-Health-Beauftragte beim BPhD. (s / Foto: BPhD)


Dass sich der diesjährige Deutsche Apothekertag das Thema Klimawandel, Pharmazie und Gesundheit auf die Fahnen geschrieben hatte, freut Antonia Schmitz, Public-Health-Beauftragte beim Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD). Jedoch hätte sie sich von den Delegierten mehr Diskussionsfreude gewünscht – denn „die Erde ist schwer krank und gehört längst in die Notaufnahme“, schreibt sie auf DAZ.online.

Die Klimakrise ist durch das Aufkommen der Corona-Pandemie, des Kriegs in der Ukraine und weiterer Krisen derzeit sehr in den Hintergrund gerückt. Was verständlich ist: Neu aufkommende Krisen fordern unsere Aufmerksamkeit und sind meist akut. Was nicht verständlich ist: Warum sollte die Klimakrise dadurch an Bedeutung verlieren? Sie ist seit Jahren akut und wird weiterhin relevant bleiben. Die Klimakrise stellt eine aktive Bedrohung für die Umwelt und unsere Gesundheit dar. Dass dringend Handlungsbedarf besteht, dürfte mittlerweile allen von uns bekannt sein. Doch scheint nie der passende Zeitpunkt dafür zu sein. Nur: Auf diesen Moment können wir nicht mehr warten! Wenn die Klimakrise jetzt hinter andere Themen zurückgestellt wird, wann werden wir uns dann darum kümmern? Die Erde ist schwer krank und gehört längst in die Notaufnahme!

Mehr zum Thema

Der diesjährige Deutsche Apothekertag (DAT) machte Hoffnungen, dass das Thema endlich zentral in das Bewusstsein der Apotheker*innen rückt. Zu dem Schwerpunktthema „Klimawandel, Pharmazie und Gesundheit“ lagen zahlreiche Anträge vor, über die es zu diskutieren und zu entscheiden galt. Leider war beides die Ausnahme. Die Diskussionsbereitschaft zu diesem Thema war unter den Delegierten eher gering. So wurden einige Anträge in den Ausschuss verwiesen, manch andere wurden gar nicht weiter behandelt. Die Patentlösung des Deutschen Apothekertags: „Übergang zum nächsten Antrag“. Der fehlende Entscheidungswille an dieser Stelle ist verwunderlich, hatte sich der DAT doch selbst dieses Motto gegeben. Es wirkt, als messe die Apotheker*innenschaft dem Thema nicht die Priorität bei, die sie nach außen signalisiert hatte.

Beim Klimaschutz brauchen wir die Unterstützung anderer

Oder geht es gar nicht um die Priorität? Vielleicht geht es eher um die Frage, wo man bei diesem Thema anfangen soll. Schon im Kleinen kann jede*r von uns einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Aber es reicht nicht, wenn jede*r vor der eigenen Tür kehrt! Beim Klimaschutz brauchen wir die Unterstützung anderer. Dürfen wir denn andere zum Handeln auffordern oder macht es uns unglaubwürdig, wenn wir die Verantwortung von uns weisen, ohne selbst aktiv zu werden? Diese Frage stand und steht im Raum und muss geklärt werden.

Ja, die Klimakrise ist komplex – und doch müssen wir uns dieses Themas annehmen! Und zwar besser gestern als heute. Wenn das auf der Hauptversammlung nicht erreicht werden kann, weil diesem Themenkomplex zu wenig Zeit eingeräumt wird, und die ABDA keine Sofortmaßnahmen ergreift, muss es eine separate Versammlung geben, die sich bewusst Zeit dafür nimmt. Daran, was bis zum nächsten DAT erreicht wird, lässt sich messen, ob der ABDA-Spitze die Dringlichkeit und Wichtigkeit des Themas bewusst ist.

ABDA-Arbeitsgruppe soll Ideen entwickeln

Immerhin: Ein von der Landesapothekerkammer Thüringen gestellter Antrag zur Einrichtung einer solchen Arbeitsgruppe auf Ebene der ABDA, die Vorschläge zum Erreichen von mehr Nachhaltigkeit in der Arzneimittelversorgung und im Apothekenbetrieb entwickeln soll, wurde auf diesem DAT von den Delegierten angenommen. Es ist wünschenswert, dass die Apotheker*innenschaft die Aufgabe nun auch angehen wird und die Arbeitsgruppe dafür nutzt, sich effektiv mit Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu befassen. 

Neben der fehlenden Zeit für den Umwelt- und Klimaschutz in Anbetracht der Bewältigung anderer Krisen ist auch die Resignation ein Aspekt, der uns oft vom Handeln abhält. Wir haben das Gefühl, unsere Maßnahmen seien nicht ausreichend, brächten vielleicht gar nichts. Es gibt doch Akteure, die an viel längeren Hebeln sitzen und durch nachhaltiges Verhalten viel mehr gegen die Klimakrise tun könnten – man betrachte vor allem die Kohleindustrie.

Apotheken können viel bewirken

Sicher stimmt es, dass uns schon viel geholfen wäre, wenn diese Akteure im Sinne des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit handelten. Aber nur weil sie es nicht tun, sollten nicht auch diejenigen an den kürzeren Hebeln aufhören, sich für den Klimaschutz einzusetzen. Gerade in den Apotheken vor Ort kann durch Aufklärungsarbeit viel bewirkt werden: Zwar ist das Bewusstsein für den Klimawandel in der Bevölkerung inzwischen geschaffen, nicht aber die Verbindung zu unserer Gesundheit. Sie, liebe Leser*innen, haben als Apotheker*innen direkten Kontakt zu Menschen, können Ihre Patient*innen informieren und zu mehr Nachhaltigkeit im Kleinen motivieren.

Wir als Bundesverband haben uns in den vergangenen Jahren gemeinsam mit unseren Mitgliedern in Vorträgen, Workshops und Arbeitsgruppen verstärkt mit der Klimakrise in Zusammenhang mit der Pharmazie beschäftigt. Wir haben das Bewusstsein für die Thematik unter den Studierenden gestärkt und Maßnahmen eingeleitet, um unseren Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz und damit auch zum Gesundheitsschutz zu leisten, zum Beispiel durch ein rein vegetarisches Essensangebot bei unseren Veranstaltungen und die Nutzung der Bahn als Transportmittel. Damit möchten wir den Studierenden ein Vorbild sein. 

Gemeinsam können wir einiges erreichen, wenn wir endlich aufhören, nur zu reden und beginnen zu handeln!


Antonia Schmitz, BPhD-Beauftragte für Public Health
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Wofür das Ganze

von Dr. House am 25.10.2022 um 10:21 Uhr

Selbst Klimaaktivisten verstehen manchmal nicht das Ausmaß einer Klimakatastrophe. Es geht nicht einfach nur um "Die Klimakrise stellt eine aktive Bedrohung für die Umwelt und unsere Gesundheit dar". Kommt die Klimakrise, stehen uns globale Masseneinwanderungswellen bevor, die jedes dagewesene Ausmaß in den Schatten stellen. Dass so etwas unblutig abläuft, dass so etwas ohne Rückfall in barbarische Zeiten abläuft ist unwahrscheinlich. Bevor man aktiv wird, muss man erst mal wissen wofür. Der nächste Schritt ist dann die Beurteilung mit welchen Mitteln. Reichen demokratische Mittel eigentlich aus oder sind demokratische Kompromisse ausnahmsweise mal völlig unbrauchbar? Kann die Klimakatastrophe ÜBERHAUPT abgewendet werden und sollten wir daher nicht alles in unserer Möglichkeit tun uns auf die Masseneinwanderung in irgendeiner Form vorzubereiten, anstatt Geld, gesellsch.Zusammenhalt und Energie planlos zu vergeuden? Das was wir jetzt machen mit ist einfach nur hysterische, unüberlegte, ziellose Geißelung der Bevölkerung. Für das schlechte Gewissen halt, teuer, fatal aber ohne Wirkung - weder auf die Klimakrise, noch auf die dramatischen Folgen der Krise. Hauptsache wir haben irgendwas gemacht. Irgendwo in einem VW Haus scheißen sich just in diesem Moment Aktivisten für das Klima in die Hose, weil VW nicht mal einen Eimer bereitgestellt hat. Selbst unsere unantastbare Würde wird nun also fällig, für den Kampf gegen den Klimawandel. Hauptsache wir haben irgendwas gemacht.

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Verursacherprinzip

von Holger am 25.10.2022 um 9:30 Uhr

Das Mensch ist nachweislich der größte, wahrscheinlich sogar der einzige Verursacher:in der Klimakris:in. Da wäre es doch ein substanzieller Beitrag zur Rettung unseres Planet:in, wenn wir ab sofort auf die Produktion, Verteilung und Anwendung von Arzneimittel:innen verzichten, dadurch schon direkt erhebliche Ressourcen einsparen und indirekt durch früheres Ableben weiter Teile der Bevölkerung weiteren Ressourcenverbrauch minimieren. Alles andere ist in Sachen Arzneimittel:innen und Klimakrise doch zu kurz gesprungen - oder wie???? :))))))

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