Verordnungsentwurf

BMG will BtM-Höchstmengenregelung kippen

Berlin - 26.10.2022, 16:45 Uhr

Das Bundesministerium für Gesundheit will die BtM-Verschreibungsverordnung anfassen. (Foto: DAZ)

Das Bundesministerium für Gesundheit will die BtM-Verschreibungsverordnung anfassen. (Foto: DAZ)


Das BMG plant, die Höchstmengenregelung für Betäubungsmittel zu streichen. Das geht aus einem aktuellen Verordnungsentwurf zur Änderung der BtMVV hervor. Damit will das Ministerium nicht nur die Versorgung der Patienten erleichtern: Auch sollen Apotheken und Praxen von unnötiger Bürokratie entlastet und vor möglichen Retaxationen und Regressen geschützt werden. Zudem sollen die Corona-Sonderregeln zur Substitutionsbehandlung Opioidabhängiger verstetigt werden.

Die Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) soll ein Update bekommen. Per Änderungsverordnung will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) unter anderem die Verschreibungshöchstmengen abschaffen. „Die bisherige verordnungsrechtliche Bemessung der Höchstverschreibungsmengen erfolgte für ein Betäubungsmittel unabhängig von der jeweiligen Darreichungsform“, schreibt das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) in der Begründung zur Verordnung. „Dies führte dazu, dass zum Beispiel die Höchstverschreibungsmenge für ein Fentanyl-Pflaster zutreffend, für ein Fentanyl-Injektionspräparat jedoch um ein Vielfaches zu hoch ist. Damit ist die wissenschaftliche Begründbarkeit für verordnungsrechtliche Höchstverschreibungsmengen in vielen Fällen nicht mehr gegeben, was verordnungsrechtlichen Änderungsbedarf auslöst.“

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Es habe sich zudem – vor allem bei Generikaverschreibungen von Betäubungsmitteln und bei der Verwendung unterschiedlicher Salze – gezeigt, dass es in Einzelfällen bereits bei einer mit der arzneimittelrechtlichen Zulassung adäquaten Verschreibungsmenge zu einer Überschreitung der festgesetzten Höchstverschreibungsmengen für den Zeitraum von 30 Tagen kommen kann. „Dadurch kam es in Einzelfällen zu Retaxierungen und Regressforderungen der Kostenträger“, berichtet das Ministerium – und damit soll nun Schluss ein.

Ein Retaxgrund weniger

Denn die rechtlichen Rahmenbedingungen seien auch ohne diese Regelung ausreichend, um den Schutz der Gesundheit der Versicherten zu gewährleisten. Durch die Streichung werde vielmehr „die notwendige Versorgung der Patientinnen und Patienten mit Betäubungsmitteln gestärkt und Bürokratieaufwand für Ärztinnen und Ärzte und Apothekerinnen und Apotheker verringert“. Mit dem Wegfall der Höchstmengenregelung soll auch die Notwendigkeit, Überschreitungen auf dem BtM-Rezept mit einem „A“ zu kennzeichnen, passé sein – ebenso entsprechende Prüfpflichten für Ärztinnen und Ärzte sowie Apothekerinnen und Apotheker.

Pandemie-Regeln haben sich in der Substitutionstherapie bewährt

Darüber hinaus beginnt der Verordnungsgeber jetzt, die SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung zu filetieren, die nach aktuellem Stand am 7. April 2023 auslaufen wird. Zumindest die erleichterten Pandemie-Regeln in der Substitutionstherapie Opioidabhängiger will Lauterbach dem Entwurf nach verstetigen: Die Erfahrung habe gezeigt, dass dieses Plus an Flexibilität in den Behandlungsabläufen den Therapieerfolg fördern könne, ohne die Sicherheit im Betäubungsmittelverkehr zu beeinträchtigen, erläutert das BMG dazu.

Demnach sollen Ärztinnen und Ärzte ihren Patientinnen und Patienten anstelle des Überlassens von Substitutionsmitteln zum unmittelbaren Verbrauch diese auch weiterhin zur eigenverantwortlichen Einnahme für sieben Tage verschreiben dürfen. Vor der Coronavirus-Pandemie waren es zwei Tage beziehungsweise ein Wochenende oder Feiertage gewesen. Es entfällt zudem die Regelung, dass höchstens eine Verschreibung pro Kalenderwoche an die Patientin oder den Patienten ausgehändigt werden darf. „Die Änderung ermöglicht eine flexiblere und individuellere Therapie, z.B. durch das nun mögliche Verschreiben für wenige Tage“, begründet das BMG.

Auch „Z“-Kennzeichnung auf BtM-Rezepten entfällt

Damit soll auch die Verpflichtung zur Kennzeichnung von Betäubungsmittelverschreibungen in bestimmten Fällen mit dem Buchstaben „Z“, wie sie bisher vorgegeben ist, entfallen. Das bringt Erleichterungen für die Apotheken: „Gleichzeitig entfallen Prüfaufgaben bezüglich des Verschreibungszeitraumes für Apothekerinnen und Apotheker, ob dieser die Bedingungen für zwei Tage oder über ein Wochenende bzw. über Feiertage (einschließlich Brückentage) erfüllt“, schreibt das Ministerium. 

Betäubungsmittelrezepte sind demnach zukünftig einheitlich neben dem bereits bisher erforderlichen Buchstaben „S“ bei Verschreibung zur eigenverantwortlichen Einnahme (Take-Home) mit dem Buchstaben „T“ zu kennzeichnen. „Dadurch wird die Übersichtlichkeit der Anforderungen der BtMVV an die Kennzeichnung von Betäubungsmittelverschreibungen zur Substitution gefördert.“

Bundesrat muss zustimmen

Nun sind zunächst die Verbände am Zug: Sie können jetzt zum Verordnungsentwurf Stellung nehmen. Nach möglichen Anpassungen ist dann der Bundesrat die nächste Station – bevor die Verordnung verkündet und am darauffolgenden Tag in Kraft treten kann, muss erst noch die Länderkammer ihre Zustimmung geben.


Christina Grünberg, Apothekerin, Redakteurin DAZ (gbg)
cgruenberg@daz.online


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