Verschreibung, Identitätsprüfung und Taxierung

Rezepturen mit Dronabinol – Teil 1

Stuttgart - 07.11.2022, 10:45 Uhr

Wie werden Dronabinol-Rezepturen korrekt verordnet, was ist bei der Identitätsprüfung zu beachten und gibt es Besonderheiten bei der Taxierung? (Foto: IMAGO / Sommer)

Wie werden Dronabinol-Rezepturen korrekt verordnet, was ist bei der Identitätsprüfung zu beachten und gibt es Besonderheiten bei der Taxierung? (Foto: IMAGO / Sommer)


Bei der Herstellung von Dronabinol-haltigen Zubereitungen ist einiges zu beachten. Hier finden Sie Informationen zur Verschreibung, Identitätsprüfung und Taxierung.  

Die Hanfpflanze Cannabis sativa enthält mehrere pharmakologisch interessante Inhaltsstoffe, von denen das Tetrahydrocannabinol (THC) aus der Gruppe der Cannabinoide am bekanntesten sein dürfte. 

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Dronabinol

Thema: Medizinalhanf

Dronabinol

Dronabinol ist die chemische Bezeichnung für das trans-Isomer des Δ9-Tetrahydrocannabinols (THC) und wird medizinisch zur Behandlung von Chemotherapie-induziertem Erbrechen, als Muskelrelaxans bei Multipler Sklerose, zur Appetitsteigerung und gelegentlich auch als Analgetikum bei chronischen Schmerzen eingesetzt. 

Die Substanz zählt zu den Betäubungsmitteln. Bei der ärztlichen Verordnung und bei der Verarbeitung in der Apotheke sind daher entsprechende betäubungsmittelrechtliche Vorschriften zu beachten.

Dronabinol: Welche Vorgaben gelten bei der Verschreibung?

Nach der aktuellen Fassung der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV) darf der Arzt für einen Patienten innerhalb von 30 Tagen bis zu 500 mg Dronabinol verordnen, ansonsten muss das BtM-Rezept mit dem Buchstaben „A“ gekennzeichnet werden. Diese Regelung soll allerdings bald fallen: Kürzlich hatte das Bundesgesundheitsministerium eine Änderungsverordnung vorgelegt, mit der es unter anderem die Höchstmengenregelung streichen will. In der Folge entfielen dann auch bestimmte Prüfpflichten für Praxen und Apotheken sowie die Pflicht, Überschreitungen mit einem „A“ kenntlich zu machen.

So sollten Rezepturen mit Dronabinol verschrieben werden. | Bild: DAZ

Weiterhin muss bei der Verschreibung von Kapseln die Masse an Dronabinol pro Kapsel angegeben sein. Bei flüssigen Zubereitungen ist die Angabe des Gehalts an Dronabinol pro Milliliter zwingend erforderlich. 

Bekommt der Patient vom Arzt eine schriftliche Gebrauchsanweisung, so steht auf dem Rezept statt der Dosierungsangabe der Hinweis „Gemäß schriftlicher Anweisung“. Hier ist es wichtig, dass diese Gebrauchsanweisung auch in der Apotheke vorliegt oder vom Patienten vorgezeigt werden kann. 

Denn nach § 14 ApBetrO ist die Apotheke verpflichtet, bei der Kennzeichnung von Rezepturen eine schriftliche Gebrauchsanweisung auf das Etikett zu schreiben. Fehlt diese Gebrauchsanweisung, so gilt die Rezeptur als nicht plausibel und darf erst hergestellt werden, wenn die Unklarheit durch Rücksprache mit dem Arzt geklärt wurde. 

So erfolgt die Identitätsprüfung bei Dronabinol

Dronabinol kann von verschiedenen Firmen als Rezeptursubstanz bezogen werden. Wie alle anderen Rezepturgrundstoffe auch muss Dronabinol vor der Verwendung mindestens auf Identität geprüft werden. 

Die Substanz liegt bei Raumtemperatur als farblose bis hellgelbe, ölige Flüssigkeit oder harzartige Masse vor. Beim Umgang mit Dronabinol ist zügiges Arbeiten erforderlich, da der Wirkstoff oxidations- und lichtempfindlich ist. Eine violette Verfärbung ist ein Hinweis auf eine stattgefundene Oxidation. Bei nur geringer Färbung an der Oberfläche muss nur der gefärbte Anteil verworfen werden, bei deutlich violett gefärbten Zonen der ganze Inhalt der Spritze. 

Um Dronabinol aus der Spritze entnehmen zu können, muss die Rezeptursubstanz zunächst erwärmt werden. Dronabinol hat dann die Konsistenz von flüssigem Paraffin und kann gut dosiert werden. Zur Feststellung der Identität schlägt die DAC-Monographie (D-100) die IR-Spektroskopie vor, als weitere Möglichkeit kann auch eine vertikale Dünnschichtchromatographie auf kleinen Platten durchgeführt werden. 

Prüfung der Identität von Dronabinol am einfachsten mit Schnellteststreifen

In den meisten Apotheken dürfte die Prüfung auf Identität mithilfe eines Schnelltests erfolgen. Diese für Dronabinol hochspezifischen Immunoassay-Teststreifen können dabei zusammen mit der Rezeptursubstanz erworben werden. Neben dem Teststreifen enthält das Testkit noch eine sterile Kanüle zur Entnahme von Dronabinol sowie ein passendes Reaktionsgefäß. 

Um den Test durchführen zu können, muss der Wirkstoff zunächst erwärmt werden. Dazu wird die Gummikappe der Glasspritze entfernt und diese langsam mit einem Fön auf rund 60 bis 70 °C erwärmt. Sobald das Dronabinol aus der Glasspritze zu quellen beginnt, kann die Kanüle mit wenig Wirkstoff benetzt werden. Nun wird das Reaktionsgefäß mit 100 µl Ethanol 96 Prozent (V/V) gefüllt und die Kanüle eingetaucht und leicht geschwenkt, anschließend kann die Lösung mit gereinigtem Wasser auf 1 ml aufgefüllt werden. 

Nachdem der Teststreifen senkrecht für 10 bis 15 Sekunden in die Untersuchungslösung getaucht wurde, kann bereits nach 5 Minuten das Ergebnis abgelesen werden. Bei positivem Ergebnis erscheint eine rote Linie im Kontrolllinienbereich, im Testlinienbereich darf keine Linie zu sehen sein. Die Identität von Dronabinol ist dann nachgewiesen. Erscheinen allerdings zwei Linien, dann liegt die Konzentration an Dronabinol unter dem nachweisbaren Wert und der Test ist negativ. 

Welche Arzneimittel können mit Dronabinol hergestellt werden?

Fertigarzneimittel mit Dronabinol als alleinigem Inhaltsstoff sind in Deutschland nicht zugelassen. Möchten Ärzte Dronabinol zur Therapie einsetzen, verordnen sie in der Regel standardisierte Rezepturen aus dem NRF. Folgende geprüfte Vorschriften zur Herstellung von Kapseln, Tropfen und einer Lösung zur Inhalation sind dort zu finden: 

  • Dronabinol-Kapseln 2,5 mg / 5 mg / 10 mg (NRF 22.7.)
  • Ölige Dronabinol-Tropfen 25 mg/ml (NRF 22.8.)
  • Ethanolische Dronabinol-Lösung 10 mg/ml zur Inhalation (NRF 22.16.)

Zu Beginn einer Therapie wird Dronabinol zunächst niedrig dosiert. Üblicherweise wird bei Zubereitungen zum Einnehmen ein- bis zweimal täglich mit 2,5 mg Dronabinol angefangen. Im Verlauf mehrerer Wochen wird die Dosis bis zum Erreichen der gewünschten Wirkung dann langsam gesteigert.

Was muss man beim Taxieren von Dronabinol-Rezepten beachten?

Gerade bei der Preisberechnung der in der Apotheke hergestellten Dronabinol-haltigen Zubereitungen tauchen viele Fragen auf. Grundsätzlich werden Rezepturen mit Dronabinol nach § 5 Arzneimittelpreisverordnung taxiert. 

Statt der normalen PZN für Rezepturen muss eine Sonder-PZN für Cannabis-basierte Arzneimittel verwendet werden, im Fall der Dronabinol-Zubereitungen ist dies die Nummer 06460748. 

Zur Herstellung der Kapseln oder flüssigen Arzneiformen sind unterschiedliche Herstellungssets im Handel. Diese beinhalten alle zur Herstellung benötigten Materialien und können die Arbeit in der Rezeptur wesentlich erleichtern. Alle in den Sets enthaltenen Bestandteile wie beispielsweise Dosierpumpe und Tropfer mit kindergesichertem Verschluss können natürlich auch einzeln bestellt werden. Bei der Taxierung müssen Apotheken darauf achten, dass die Kosten für das Herstellungsset meist nicht komplett abgerechnet werden dürfen. Dazu müssen die in der Hilfstaxe festgelegten Preise verwendet werden. 

Seit März 2020 gilt zur Taxierung von Dronabinol-Zubereitungen die Anlage 10 der Hilfstaxe. Für den Wirkstoff kann der jeweils günstigste Apothekeneinkaufspreis berechnet werden. Auf Verlangen der Krankenkasse muss die Apotheke den tatsächlichen Einkaufspreis nachweisen können. In Abhängigkeit von einer bestimmten Preisgrenze kommt ein unterschiedlicher Zuschlag hinzu: Bis zu einer Grenze von 100 Euro beträgt der Zuschlag 90 Prozent auf den Einkaufspreis pro Milligramm, für jedes weitere Milligramm beträgt der Zuschlag 3 Prozent. 

Beispielrechnung zur Preisgrenze

500 mg Dronabinol werden für 180 Euro erworben. Zunächst wird der 90-prozentige Zuschlag pro mg nach folgender Formel berechnet:  

Dronabinol-Einkaufspreis pro mg * 0,9 = 90-prozentiger Zuschlag pro mg

Daraus ergibt sich: (180 Euro / 500 mg) * 0,9 = 0,324 Euro pro mg

Bei welcher Menge an Wirkstoff die Preisgrenze erreicht ist, kann dann folgendermaßen ausgerechnet werden:  

Zuschlagsgrenze 100 Euro / 90-prozentiger Zuschlag pro mg = Menge an der Preisgrenze

Daraus folgt: 100 Euro / 0,324 Euro pro mg = 308,64 mg

Wird also weniger als 308,64 mg Dronabinol zur Herstellung der Rezeptur eingesetzt, dann gilt für die gesamte Menge ein Zuschlag von 90 Prozent. Bei einer größeren Menge darf dann auf den weiteren Anteil nur noch ein Aufschlag von 3 Prozent erfolgen.  

Bei der Herstellung von 10 ml Öliger Dronabinol-Tropfen 25 mg/ml (NRF 22.8.) sieht die Preisberechnung dann folgendermaßen aus: 

EK Dronabinol für 250 mg
+ EK Hilfsstoffe
+ EK Tropfflasche und kindergesicherter Verschluss

Zwischensumme
+ 90 Prozent Aufschlag
+ Festzuschlag 8,35 Euro
+ Rezepturzuschlag „Anfertigung einer Lösung unter Anwendung von Wärme“ 6 Euro

Zwischensumme
+ MwSt. 19 Prozent
+ BtM-Gebühr 4,26 Euro

= Apothekenverkaufspreis

 

Im zweiten Teil erfahren Sie alles über die Herstellung der Dronabinol-Tropfen und ethanolischer Lösung. 


Dr. Annina Bergner, Apothekerin, Autorin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Herstellung

von Frau T. Aus W. am 18.11.2022 um 16:21 Uhr

Frage? Kann ich mich auf die genaue Dosierung von dronabinol bei der Herstellung der Apotheke verlassen? Oder kann die Apotheke durch niedrigerer Dosierung das Produkt „verdünnen“ und so gewinnbringend weiterreichen?

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