Auf Achse

Erfolgreich als Vertretungsapotheker

Berlin - 15.11.2022, 07:00 Uhr

Eine Tätigkeit als Vertretungsapotheker ist nicht jedermanns Sache. (Foto: dusanpetkovic1 / AdobeStock) 

Eine Tätigkeit als Vertretungsapotheker ist nicht jedermanns Sache. (Foto: dusanpetkovic1 / AdobeStock) 


Mit dem Erhalt der Approbation heißt es für viele Jungapprobierte Bühne frei für eine Tätigkeit als Vertretungsapotheker. Benötigt werden sie an jeder Ecke. Apothekeninhaber sind froh über die Unterstützung. Gerade jungen Apothekern bietet diese Art des Berufseinstiegs eine gute Chance für die berufliche und persönliche Weiterentwicklung. Doch es gibt einiges zu beachten. 

Eine Frage der Persönlichkeit?

Anfangs ist es wichtig, eine grundlegende Frage zu klären: Ist man für eine Vertretungstätigkeit wirklich der Typ? Es ist nicht jedermanns Sache. Das sollte einem bewusst sein.

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Eine vertiefte Kenntnis unterschiedlicher Apotheken und Führungsstile sowie Computerprogramme zu erlangen, ist bereichernd. Ist man aber wirklich bereit, diese Herausforderungen anzunehmen? Sich in jeder Apotheke neu zurechtzufinden und sich dabei manchmal wieder wie ein Praktikant zu fühlen? Dazu kommt die obligatorische Reisetätigkeit. Ständig neue Orte, Gegebenheiten und Menschen. Das erfordert Flexibilität und Offenheit. Die Abwesenheit von Familie und Freunden kann zudem belasten.

Wie kommt man an Aufträge? 

Wie so oft, gibt es verschiedene Wege, um Kunden zu gewinnen. Zum einen gibt es Agenturen und Plattformen, die bei der Vermittlung selbständiger, freiberuflicher Vertretungsapotheker behilflich sind. Angebote und Termine können online ausgesucht werden. Das bietet eine maximale Freiheit, da man nicht durch eine Agentur in bestimmte Apotheken entsendet wird oder in irgendeiner Form weisungsgebunden ist. Die Stellenmärkte der Kammern werden ebenfalls gerne für Vertretungsgesuche genutzt. Selbständige Vertretungsapotheker, die schon länger im Business tätig sind, haben meistens einen großen Pool an Kunden. Darum benötigen sie in der Regel keine Vermittlung mehr. Zufriedene Kunden empfehlen ihre Vertretungsapotheker gerne weiter. Im besten Fall fällt so eine Akquise nach einigen Jahren weg.

Start als selbständiger Vertretungsapotheker? Die wichtigsten Punkte:

  • Selbstmarketing: Erstellen von aussagekräftiger Website, Flyern und Visitenkarten
  • Kommunikation mit Finanzamt, Kammer, Apothekerversorgung, Versicherungen und Krankenkasse
  • Akquise: Anzeigen schalten, Online-Berufsnetzwerke, Vermittlungsplattformen, Kontakte zu Inhabern herstellen, Social Media nutzen, Messen besuchen
  • Angebot, Arbeitszeit und Preispolitik definieren
  • Finanzplan und Notfallplan erstellen

Vermittelnde Unternehmen, bei denen die Möglichkeit besteht in Festanstellung zu arbeiten, haben den Vorteil, dass man sich nicht selbst um Aufträge bemühen muss. Diese und andere organisatorische Aufgabe werden von der Agentur übernommen. Eine Erleichterung, gerade für Neulinge. Zeitaufwendige Tätigkeiten wie Akquise, Marketing und Rechnungsstellung entfallen. Wermutstropfen ist hier der oftmals geringere Verdienst. Dafür fallen die Unsicherheiten der Selbständigkeit weg. Normalerweise erhält man einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit Fixgehalt und den üblichen Sozialleistungen. So, wie man es auch aus Angestelltenverhältnissen in Apotheken kennt. Ein Arbeitszeitkonto erfasst dabei geleistete Stunden und Überstunden.

Ein eigenes Unternehmen

Hat man sich entschieden als freiberuflicher, selbständiger Vertretungsapotheker durchzustarten, gibt es mehr zu organisieren als bei der Festanstellung in einer Agentur. Allerdings ist der Aufwand und das finanzielle Risiko, im Verhältnis zu anderen Unternehmensgründungen, relativ gering. Anfängliche Investitionen halten sich im Rahmen. Hauptsächlich entstehen Kosten für Website, Marketing und Versicherungen. Davor muss die freiberufliche Tätigkeit beim Finanzamt angemeldet und eine Steuernummer beantragt werden. Beides ist unkompliziert mit einem Formular im Online-Portal der Finanzämter machbar. 

Kammer, Versorgungswerk und Steuern

Der bürokratische Aufwand bei Kammer und Versorgungswerk unterscheidet sich nicht wesentlich von dem bei einem Apothekenangestelltenverhältnis. Man bleibt wie gewohnt Kammermitglied im Bezirk des festen Wohnorts und durch die pharmazeutische Tätigkeit auch Mitglied des zugehörigen Versorgungswerks. Die Höhe der Beiträge errechnet sich anhand der voraussichtlichen Gewinne. Meist wird er vor dem ersten Jahr der Tätigkeit gemeinsam besprochen und geschätzt. Liegen die tatsächlichen Gewinne aus der Steuererklärung später darunter oder darüber, kann es zu Nachzahlungen oder Erstattungen kommen und die Beiträge werden neu festgesetzt. So verhält es sich auch bei den Krankenkassenbeiträgen, wenn man freiwillig in der GKV versichert ist: Der Schätzung für das erste Jahr folgt der Ausgleich im nächsten Jahr und eine erneute Festsetzung. Als Selbständiger gibt es jedoch auch die Möglichkeit, sich privat krankenversichern zu lassen.

Was bietet man an?

Bevor man sich an das Marketing wagt, müssen die „Produkte“ klar formuliert sein. Wie sollen die angebotenen Vertretungen genau aussehen? Übernimmt man Notdienste? Ab welchem Mindestzeitraum lohnt sich eine Vertretung? Ergibt es überhaupt Sinn, einzelne Vertretungstage anzubieten? Auch die eigene Arbeitszeit muss vorab feststehen. Wie viele Stunden möchte man pro Jahr arbeiten? Dazu gehört natürlich eine eigene Preispolitik mit festgelegten Stunden- und Tagessätzen. Es ist sinnvoll, vor Beginn als Selbständiger, einen Finanzplan zu erstellen. Alle zu erwartenden Kosten und Einnahmen eintragen und es entsteht ein guter Überblick.

Stehen Dienstleistungen und Preise fest, steht einer Kommunikation nichts mehr im Weg. Anzeigen auf Vermittlungsplattformen und den Stellenportalen der Kammern schalten, sich bei Online-Berufsnetzwerken anmelden, um ein Netzwerk aufzubauen. Eine aussagekräftige Website, mit stimmiger Corporate Identity, vermittelt Interessenten ein erstes Bild. Passende Flyer und Visitenkarten runden das Gesamtbild ab. Ausgelegt in Apotheken oder verteilt auf Messen, helfen sie bei der Akquise. Heutzutage kann ein interessanter Social Media Auftritt auf den gängigen Plattformen zusätzlich für Bekanntheit sorgen. 

Notfallplan für den Fall der Fälle

Doch mögliche Gefahren dürfen nicht ausgeblendet werden: Mit einem Notfallplan blickt man Risiken offen ins Auge. Einmal schriftlich festgehalten, kann im Bedarfsfall immer darauf zurückgegriffen werden. Es ist herauszuarbeiten, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, sollte eine längere Krankheit eintreten oder etwas Unvorhergesehenes passieren. Welcher Zeitraum kann durch Rücklagen überbrückt werden? Wie geht man psychisch damit um? Ab wann möchte man wieder auf eine Festanstellung ausweichen? Aber auch bei kurzfristigen Ausfällen ist es beruhigend zu wissen, welcher Vertretungskollege guten Gewissens als eigener Ersatz empfohlen werden kann. Mit dem richtigen Netzwerk ist sicher rasch Hilfe zur Stelle.

Dazu kommt die Frage, ob für alle Eventualitäten ausreichende Versicherungen vorliegen, etwa Krankentagegeld in realistischer Höhe, Berufsunfähigkeitsversicherung, eine freiwillige Arbeitslosenversicherung oder die Berufshaftpflichtversicherung. Sie ist wichtig, da nicht bei allen Vertretungstätigkeiten gewährleistet ist, ob ein Fehler durch die Haftpflicht des Inhabers tatsächlich mit abgedeckt ist.


Michaela Theresia Schwarz, Apothekerin, PTA, DAZ-Autorin
redaktion@daz.online


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