Kammerversammlung Baden-Württemberg

„Von kriminellen Apothekern war niemals die Rede“

Stuttgart - 15.11.2022, 15:30 Uhr

Er habe in der Zeitung gelesen, dass der Bundesdatenschutzbeauftragte seine Zustimmung zum E-Rezept-Abruf via eGK versagte, weil „kriminelle Apotheker“ eine Sicherheitslücke ausnutzen könnten, berichtete Braun. (Foto: DAZ)

Er habe in der Zeitung gelesen, dass der Bundesdatenschutzbeauftragte seine Zustimmung zum E-Rezept-Abruf via eGK versagte, weil „kriminelle Apotheker“ eine Sicherheitslücke ausnutzen könnten, berichtete Braun. (Foto: DAZ)


Am heutigen Dienstag trafen sich die Delegierten der Landesapothekerkammer in Baden-Württemberg zu ihrer Vertreterversammlung in Stuttgart. In seinem Bericht ging Präsident Dr. Martin Braun unter anderem auf das Veto des Bundesdatenschutzbeauftragten gegen den E-Rezept-Abruf via eGK ein – und die zugespitzte Berichterstattung darüber in manchen Zeitungen. 

Spargesetz, E-Rezept und mehr – in seinem Bericht bei der Vertreterversammlung der Landesapothekerkammer in Baden-Württemberg, die am heutigen Dienstag in Stuttgart stattfand, gab Präsident Martin Braun einen Überblick über die Themen, welche die Kolleg:innen zuletzt bewegt hatten. Allem voran natürlich das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, das über lange Zeit einen Riesenärger bereitet habe. 

Das Plakat der ABDA, auf dem ein Sprung in einem Aquarium mit einem Klebeband geklebt wurde, ist in Brauns Augen ein gutes Symbol dafür, auf welche Art die Politik versucht, Probleme zu lösen – nämlich mit dem Pflaster. Das Glasgefäß sei für die aktuelle Lage ein gutes Bild: „Wenn das Glasgefäß kaputtgeht, ist der Fisch tot, weil er keinen Sauerstoff mehr bekommt. Die Apotheker brauchen auch Sauerstoff. Das bedeutet Finanzierung und die ist derzeit nicht gesichert“, so der Kammerpräsident. Die Möglichkeiten der Standesvertretung, sich gegen die Sparmaßnahmen zu wehren, seien begrenzt, räumte Braun ein. Aber man müsse es trotzdem versuchen. „Wenn wir unser Schicksal nicht in die Hand nehmen, tut es keiner für uns.“ Zu dem erhöhten Abschlag kämen die gestiegenen Kosten. So blicke er regelmäßig in erstaunte Gesichter, wenn er anspricht, dass Apotheken auch von den gestiegenen Energiekosten betroffen sind, berichtete Braun. Und auch von den Tarifabschlüssen haben offensichtlich viele nichts mitbekommen. 

Besuche auf den Landesparteitagen werden wieder aufgenommen

Die Politik habe sich offensichtlich mit der Thematik des Einzelunternehmens nicht befasst. Braun zeigte in diesem Zusammenhang die Entwicklung der GKV-Einnahmen und der Inflation im Vergleich zum Apothekenhonorar auf: Letzteres sei seit 2004 nur um etwa 21 Prozent gestiegen, die GKV-Einnahmen um nahezu 100 Prozent. Die Inflation liege seitdem bei 37 Prozent. Mit diesen Zahlen muss man aus Brauns Sicht arbeiten: „Daran kann man erkennen, dass wir in einer schlechten Phase sind.“ Darüber müsse man reden und aufklären, wie prekär die Situation ist.

Braun berichtete, dass sich Kammer und Verband daher entschieden hätten, die Besuche auf den Landesparteitagen wieder aufzunehmen. Man hab das lange nicht gemacht, weil es als zu starke Lobbypolitik ausgelegt werden könnte. Nun sei es aber Zeit gewesen, diese Besuche wieder aufzunehmen. „Das war die richtige Entscheidung“, so der Kammerpräsident. Die Parteitage seien eine gute Möglichkeit, direkt mit Abgeordneten und der Regierung und vor allem mit dem Nachwuchs ins Gespräch zu kommen. Das seien normale Menschen, Patienten und Verbraucher, die zuhören. „Manche haben den Bezug zur Apotheke nicht ganz präsent, da können wir nachhelfen.“

„Kriminelle Apotheker – hört sich klasse an“

Auch das Thema E-Rezept beziehungsweise die Kommunikation zum Veto des Bundesdatenschutzbeauftragten für den E-Rezept-Abruf via eGK stand auf der Agenda in Stuttgart. Er habe in diesem Zusammenhang in der Zeitung gelesen, dass der Bundesdatenschutzbeauftragte seine Zustimmung versagte, weil „kriminelle Apotheker“ eine Sicherheitslücke ausnutzen könnten, berichtete Braun. Er habe sich dann in einer „deutlichen Mail“ sowohl an die ABDA als auch an die Zeitung gewandt. Tatsächlich sei in dem Schreiben des Bundesdatenschutzbeauftragten, auf das sich der Artikel bezog, niemals von kriminellen Apothekern die Rede gewesen. Der Bundesdatenschutzbeauftragte habe das neutral formuliert. „'Kriminelle Apotheker' hört sich klasse an“, so Braun, deswegen sei das zugespitzt worden. So werde aus einem neutralen Papier so eine Meldung.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Wissen es nicht ? doch

von ratatosk am 15.11.2022 um 18:29 Uhr

Die Politik weiß wohl um die Inflation ! Es is ihnen nur bei den Apotheken egal, sie wollen sie ja zum größten Teil zerstören. So klappt das still und heimlich, da die Politik das Ansehen der Apotheken fürchtet, wenn sie es offen machen und aussprechen würden.
Bei Karl muß man eine Ausnahme machen, da weiß man nie, was der gerade für sich rumfabuliert, ohne Bezug zur Wirklichkeit.
Parteien nicht zu besuchen, weil es Lobbyarbeit ist, ja was denn sonst, wofür haben wir denn den Versand !!?? Darauf muß man erst mal kommen.
Leider haben bei uns auch viele den Schuß noch nicht gehört und mit Argumenten ist in der deutschen Politik nicht mehr viel zu machen. Medienarbeit, Aufmerksamkeit ist alles was noch zählt.

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