Preisdumping und Präqualifizierung

ABDA-Hilfsmittelexperte: Diktat der GKV muss ein Ende haben!

Rostock-Warnemünde - 25.11.2022, 07:00 Uhr

ABDA-Bereichsleiter Kai Kallbach trug seine Forderungen bei der Mitgliederversammlung des Apothekerverbands Mecklenburg-Vorpommern in Rostock-Warnemünde vor. (Foto: DAZ / gbg)

ABDA-Bereichsleiter Kai Kallbach trug seine Forderungen bei der Mitgliederversammlung des Apothekerverbands Mecklenburg-Vorpommern in Rostock-Warnemünde vor. (Foto: DAZ / gbg)


Die Hilfsmittelversorgung bringt wenig, kostet aber viel Zeit und Nerven. Kai Kallbach, bei der ABDA für das Thema Hilfsmittel zuständig, brachte zur Mitgliederversammlung des Apothekerverbands Mecklenburg-Vorpommern ein paar klare Forderungen mit: faire Preise, einheitliche Verträge und das Aus für die Präqualifizierung sind nur einige davon.

Die Hilfsmittelversorgung ist ein „emotional belastetes Thema“. So formulierte es der ABDA-Hilfsmittelexperte Kai Kallbach am vergangenen Mittwoch in Rostock-Warnemünde bei der Mitgliederversammlung des Apothekerverbands Mecklenburg-Vorpommern. Auch an dem Juristen, der im ABDA-Geschäftsbereich Ökonomie arbeitet, ist nicht vorbeigegangen, wie sehr die Apotheken mit Präqualifizierung und Co. zu kämpfen haben.

Trotz aller Bemühungen des Gesetzgebers, die Verhältnisse im Hilfsmittelbereich wieder geradezurücken, forciere die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) einen einseitigen Preiswettbewerb – Qualitätskriterien blieben zumeist unberücksichtigt. Als Beispiel nannte Kallbach aufsaugende Inkontinenzprodukte, bei denen die Patientinnen und Patienten die Auswirkungen des Preisdumpings unmittelbar zu spüren bekommen. Und auch für die Apotheken sei es inzwischen kaum noch machbar, wirtschaftlich zu versorgen. In Zeiten von Inflation und Kassenabschlag stießen viele Betriebe an ihre Grenzen. „Wir haben nichts mehr zu verschenken“, sagte der ABDA-Mann. „Auch Gesundheitsprofis müssen Geld verdienen.“

Kein Mitspracherecht für Leistungserbringer

Doch leider gebe es bei Richtlinien und Empfehlungen im Hilfsmittelbereich kein Mitspracherecht für die Leistungserbringer. Die ABDA habe zum Beispiel bei Änderungen der Hilfsmittelrichtlinie lediglich ein Stellungnahmerecht. „Und wir nehmen jedes Mal Stellung, das können Sie mir glauben!“ Das bringe jedoch meist herzlich wenig – für Kallbach ist das ein Unding. „Das Diktat der GKV muss ein Ende haben“, fordert er. Dafür setze sich die ABDA mit aller Macht ein.

Überdies, so Kallbach, brauche es realistische Preise für Hilfsmittel. Diese müssten sich mindestens aus dem Apothekeneinkaufspreis plus Aufschlag zusammensetzen – denn Apotheken seien zu klein, um von Rabatten seitens der Hersteller zu profitieren. Auch den Flickenteppich aus diversen Vereinbarungen mit einzelnen Krankenkassen hat der ABDA-Experte im Visier: Er wünscht sich für alle Hilfsmittel einen „Einheitsversorgungsvertrag“, der für alle Apotheken gleichermaßen gelten soll. Zudem gelte es, die Genehmigungserfordernisse empfindlich einzuschränken, um auch hier für Entlastung zu sorgen.

Präqualifizierung auf der Abschussliste

Auf Kallbachs Abschussliste steht übrigens auch die Präqualifizierung, für die er bezogen auf die Apotheken keine Daseinsberechtigung erkennen kann. Pharmazeutinnen und Pharmazeuten seien im Zuge ihrer Ausbildung bereits ausreichend qualifiziert, um eine ordnungsgemäße Versorgung mit Hilfsmitteln und Medizinprodukten zu gewährleisten. Zumindest aber die regelmäßigen Audits zwischen den Repräqualifizierungen müssten weg, betonte er. Dass die Betriebe zusätzlich zweimal innerhalb von fünf Jahren kontrolliert werden, sei „absurd“. Kallbach stellte klar: „Diese Überwachung muss abgeschafft werden, ohne Wenn und Aber!“


Christina Grünberg, Apothekerin, Redakteurin DAZ (gbg)
cgruenberg@daz.online


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2 Kommentare

Ihre Darstellung

von Detlef Klaus am 14.12.2022 um 14:10 Uhr

Wenn es die Zielstellung der ABDA ist, vernünftige Preise zu erhalten, warum ist sie dann nicht bereit zu Gesprächen hierüber ? Warum werden Gesprächsangebote nicht erwidert ? Vertragsfindungsangebote werden nicht erwidert ? Und dies nicht erst seit kurzem, sondern schon seit Jahren. Darüber hinaus werden Erleichterungen für Apotheken in der Versorgung mit Hilfsmitteln arrogant ignoriert !!! Herr Kallbach, gern sprechen wir mit Ihnen über diese Problematiken, Sie müssen nur auf unsere seit 5 jahren lautlos verhallenden Schreiben an Ihren Verband nicht mehr ignorieren.

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von Anita Peter am 25.11.2022 um 7:52 Uhr

"Auch an dem Juristen, der im ABDA-Geschäftsbereich Ökonomie arbeitet, ist nicht vorbeigegangen, wie sehr die Apotheken mit Präqualifizierung und Co. zu kämpfen haben."

Man muss sich diesen Satz mal auf der Zunge zergehen lassen. Hat doch im Elfenbeinturm glatt jemand mitbekommen was draussen los ist. Sensationell!

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