„TAZ“ nimmt Beratung in der Apotheke aufs Korn

Der Spießrutenlauf beim Nasenspray-Kauf

Berlin - 30.11.2022, 14:30 Uhr

Tatütata! Haben Sie schon einmal die „Nasenspray-Polizei“ gerufen? (s / Foto: PixieMe / AdobeStock)

Tatütata! Haben Sie schon einmal die „Nasenspray-Polizei“ gerufen? (s / Foto: PixieMe / AdobeStock)


Die Berliner Tageszeitung „TAZ“ widmet sich in ihrer Satire-Kolumne „Die Wahrheit“ erneut den Apotheken: Autor Uli Hannemann fühlt sich geradezu gegängelt, wenn er beim Kauf eines Nasensprays den Hinweis bekommt, es maximal eine Woche zu verwenden. Was wollen diese „kapitalistischen Pharma-Knalltüten“ dagegen tun, fragt er – „die Nasenspray-Polizei rufen“? 

Wer in der Apotheke ein Arzneimittel kauft, hat ein Recht auf Beratung. Doch nicht jede:r hat daran ein Interesse – zumindest nicht Autor Uli Hannemann, der jetzt in der Satire-Kolumne „Die Wahrheit“ in der Berliner Tageszeitung „TAZ“ die Offizinen aufs Korn nimmt.

Hannemann schildert, wie er in einer Apotheke ein Nasenspray kaufen möchte und dabei darauf hingewiesen wird, es nicht länger als eine Woche zu verwenden. „Mann, Alter, du bist ja schlimmer als meine Mutter“, denkt sich der Autor. „Ich bin stets leicht genervt von solchen Apothekenberatungen. Erstens weiß ich das alles, zweitens könnte ich das auch vom Beipackzettel ablesen, drittens schert es mich nicht die Bohne – ich mache, was ich will!“

Diese vermeintliche Provokation weckt den Rebellen in ihm. „Wenn ich jetzt sage, dass ich mir die nächsten drei Jahre von morgens bis abends dieses verkackte Nasenspray reinpfeife – pfft, pffft, pfffft … – was wollen diese kapitalistischen Pharma-Knalltüten dann machen: die Nasenspray-Polizei rufen? Mir den Verkauf verweigern? Dann geh ich einfach in eine andere Apotheke.“

Die „andere Apotheke“

Da ist sie wieder, die berühmte „andere Apotheke“. Ist das dieselbe, in der es alles umsonst und ohne Rezept gibt? Diese Frage muss unbeantwortet bleiben. Hannemann zeigt dann doch etwas Verständnis für die gebeutelten pharmazeutischen Fachkräfte: „Auf der anderen Seite müssen die das vermutlich sagen: ‚Hier, lutschen Sie nicht zu viele von den Salbeibonbons, das macht Krebs und Karies; da, nehmen Sie nicht zu viele Ibuprofen, das verursacht Nieren- und Leberschäden; dort, benutzen Sie bloß die Wichstücher nicht so oft, das führt zu Rückenmarkserweichung und krummen Fingern‘.“

Bei aller Satire: Damit trifft Hannemann einen Punkt. Verankert ist die Beratungspflicht in § 20 Absatz 1 Apothekenbetriebsordnung. Darin heißt es:


Der Apothekenleiter muss im Rahmen des Qualitätsmanagementsystems sicherstellen, dass Patienten und andere Kunden sowie die zur Ausübung der Heilkunde, Zahnheilkunde oder Tierheilkunde berechtigten Personen hinreichend über Arzneimittel und apothekenpflichtige Medizinprodukte informiert und beraten werden. Die Verpflichtung zur Information und Beratung über Arzneimittel muss durch Apotheker der Apotheke ausgeübt werden, sie kann durch andere Angehörige des pharmazeutischen Personals der Apotheke übernommen werden, wenn der Apothekenleiter dies zuvor schriftlich oder elektronisch festgelegt hat.

§ 20 Absatz 1 Satz 1 und 2 Apothekenbetriebsordnung


Dabei müssen gemäß § 20 Absatz 2 ApBetrO insbesondere Aspekte der Arzneimittelsicherheit berücksichtigt werden sowie auch Informationen zur sachgerechten Anwendung des Arzneimittels und mögliche Neben- und Wechselwirkungen, die aus dem Gebrauch folgen können. Diese Pflicht macht Apotheken einzigartig – das weiß auch Hannemann. Er formuliert seine Anerkennung folgendermaßen: „Diese Warnhinweise sind auch das Einzige, was sie von anderem Verkaufspersonal, zum Beispiel in einem Spätkauf, abhebt. So zeigen sie, dass sie studiert haben und People of Knowledge sind.“

Wäre da nicht die Beratung, es bliebe nur ein Trauerspiel. „Ansonsten gehen sie ja immer nur in den Hinterraum mit den Regalen und den Schubladen, um verschiedene Schubladen rauszuziehen und wieder reinzuschieben“, beobachtet der Autor messerscharf. „Und um dann eine andere rauszuziehen. Und wieder reinzuschieben. Und nach einer halben Ewigkeit in den Verkaufsraum zurückzukommen und zu sagen: ‚Haben wir leider nicht da. Kann ich aber bestellen.‘“ Wenn Hannemann nur wüsste, wie glücklich er sich derzeit schätzen kann, wenn sein Medikament noch bestellbar ist …


Christina Grünberg, Apothekerin, Redakteurin DAZ (gbg)
cgruenberg@daz.online


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4 Kommentare

Ganz mieses Timing

von Thomas B am 01.12.2022 um 19:37 Uhr

Ich weisss nicht, wann Herr Hannemann seinen Beitrag verfasst hat ...... Das Timing für den Druck ist jedenfalls - ääääh - bestenfalls mäßig....
Falls der Beitrag zeitnah geschrieben wurde, lade ich Herrn Hannemann hiermit ein, bei uns zu hospitieren und die Wahrheit - oder besser: aktuell passendere Themen für satirische Beiträge aus der Apothekenwelt kennenzulernen und/oder zu recherchieren. Nur eine Bitte: Er möge vorher an die möglichen Folgen seines Beitrags und seinen "Auftrag" denken.
Für die Redaktion: Sie dürfen meine Kontaktdaten zu diesem Zweck gerne an Herrn Hannemann weitergeben.
Falls der Artikel "aus der Schublade" (wessen auch immer) kam, ist Herr Hannemann trotzdem herzlich willkommen. Wir haben so wenig zu lachen im Moment, ein bisschen Lockerheit und Zynismus täte uns allen gut....

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AW: Ganz mieses Timing

von Christina Grünberg am 01.12.2022 um 19:44 Uhr

Lieber Herr B,
Sie finden den Originalartikel im ersten Absatz verlinkt. Das Erscheinungsdatum ist der 30. November 2022, also ganz frisch. Einen direkten Draht zu Herrn Hannemann haben wir nicht, aber unter dem Originaltext gibt es ein Kontaktformular. Vielleicht hilft man Ihnen bei der TAZ weiter.
Viele Grüße aus der Redaktion,
Christina Grünberg

Qualitätsjournalismus

von Chris am 01.12.2022 um 12:24 Uhr

Es gab Zeiten, da haben Journalisten recherchiert und sich mit dem Thema vor der Schreiberei beschäftigt. Der Herr Hannemann hat ja zumindest eine Ahnung, es könnte einen Grund geben...
Aber reicht das aus? Wie viele Leser nehmen nur den Titel und die ersten Zeilen wahr? Weiß Herr Hannemann auch, dass es Menschen gibt, denen man das wirklich deutlich sagen muß - da sonst Privinismus droht und schwere Schäden entstehen können?
Offensichtlich weiß er das nicht und richtet gewollt oder ungewollt Schäden an, deren Ausmaß er nicht überblicken kann oder will ...

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Bekommt er diesen DAZ-Kommentar auch zugeschickt?

von Omg am 30.11.2022 um 15:25 Uhr

Spätestens wenn er nicht mehr 'ohne' kann, fällt Ihm seine Schwachsinnssatire vielleicht wieder ein... und wenn er Glück hat, kommt er mit Hilfe guter Ratschläge aus der Apotheke von seinem Trip auch noch runter - ohne Stinknase o.ä. Folgen. Buchstabiert sich die TAZ inzwischen s c h l i c h t ?!

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