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Infektionswellen im Winter 2022
COVID, RSV, Influenza und jetzt noch Scharlach?
Die Gesundheitssysteme in Europa ächzen derzeit unter einer ungewöhnlich hohen Welle an (viralen) Atemwegsinfektionen – auch im Vergleich mit den Zeiten vor der Corona-Pandemie. Vor allem der Beginn der Grippewelle bereitet in Europa und Deutschland nun Sorgen, während Großbritannien auch von einer ungewöhnlich hohen Zahl an (bakteriellen) Scharlach-Erkrankungen bei Kindern berichtet. Welche Erreger sorgen für die derzeitigen Infektionswellen?
Eine Welle an Atemwegserkrankungen überlastet derzeit das deutsche Gesundheitssystem, speziell im Bereich der Pädiatrie. Bei Kleinkindern sind vor allem Infektionen mit dem respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) gefürchtet. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat vergangenen Donnerstag zudem auf einen frühzeitigen Beginn der Grippesaison in Europa aufmerksam gemacht – während die Besorgnis über RSV steige und COVID-19 weiterhin bedrohlich bleibe.
Auch das europäische Zentrum für Krankheitsprävention und Kontrolle (ECDC = European Centre for Disease Prevention and Control) informiert gemeinsam mit der WHO darüber, dass die Grippesaison 2022/2023 in der europäischen Region bereits begonnen habe. Sowohl Influenza als auch RSV breiten sich demnach aktuell in Europa aus. „Zusammen mit COVID-19 werden diese Viren in diesem Winter voraussichtlich große Auswirkungen auf unsere Gesundheitsdienste und die Bevölkerung haben“, heißt es in der gemeinsamen Mitteilung.
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Vulnerable Gruppen sollten sich entsprechend gegen Influenza und COVID-19 impfen lassen. Zudem solle sich jeder selbst und andere vor Infektionen schützen. Ärzt:innen wird außerdem empfohlen, gemäß den nationalen Leitlinien eine frühzeitige antivirale Behandlung und Prophylaxe gegen Influenza, RSV und COVID-19 für gefährdete Personen in Betracht zu ziehen.
Grippewelle hat in Deutschland am 24. Oktober begonnen
In verschiedenen Teilen von Europa seien bereits Influenza-A- und B-Viren im Umlauf. Influenza A zirkuliere in allen Altersgruppen, aber vor allem unter Schulkindern. Sie verursachten vor allem bei älteren Menschen und Menschen mit chronischen Erkrankungen schwere Infektionen, erklärt die WHO. Seit Oktober steige die Zahl der Krankenhauseinweisungen wegen Influenza in Europa, ungefähr die Hälfte der Patient:innen sei älter als 55 Jahre.
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Auch im „GrippeWeb-Wochenbericht“ des Robert Koch-Instituts (RKI) heißt es, dass es laut der Definition der Arbeitsgemeinschaft Influenza (AGI) eine erhöhte Influenzaviruszirkulation im Sinne einer Grippewelle seit der 43. KW 2022 gibt, also seit dem 24. Oktober. Die aktuellen hohen ARE-Raten (ARE = Akute Atemwegserkrankungen) sollen aber nicht nur auf die erhöhte Influenzavirus-Zirkulation zurückgehen, „sondern u. a. auch auf die gleichzeitig ablaufende RSV-Welle bei den Kleinkindern (seit der 41. KW)“:
„Bei der gegenwärtigen ARE-Dynamik dominieren in den Altersgruppen verschiedene Atemwegserreger: RSV bei den 0 bis 4 Jahre alten Kindern, Influenzaviren vor allem bei den Schulkindern und jungen Erwachsenen sowie Rhinoviren und SARS-CoV-2 bei den Erwachsenen, in der ältesten Altersgruppe spielt auch RSV wieder eine Rolle.“
Auch für die KW 47 (also ab 21. November 2022) meldet die AGI, dass im ambulanten Bereich die Zahl der Arztbesuche wegen ARE im Vergleich zur Vorwoche bundesweit gestiegen ist. Die AGI wertet Meldungen von Haus- und Kinderarztpraxen aus. Die Zahl der Arztbesuche liege über dem Wertebereich der vorpandemischen Jahre um diese Zeit.
Wie die Nachrichtenagentur dpa Anfang November berichtete, hat es speziell auch in Frankreich seit zehn Jahren keine so hohe Zahl an Klinikeinweisungen wegen einer Bronchiolitis-Epidemie unter Babys und Kleinkindern gegeben wie zuletzt 2022. RSV, aber auch andere Viren können bei Kleinkindern eine Bronchiolitis auslösen.
A-Streptokokken unter Kindern in Großbritannien auf dem Vormarsch
Vergangenen Freitag machte die britische Gesundheitsbehörde zudem auf eine weitere Häufung einer Infektionskrankheit unter Kindern aufmerksam: In diesem Jahr sei es zu überdurchschnittlich vielen Fällen von Scharlach und anderen Krankheiten gekommen, die durch A-Streptokokken ausgelöst werden. „Angesichts des Potenzials für schwere Krankheitsbilder bei Kindern bleibt es weiterhin wichtig, dass Fälle von Scharlach rasch mit Antibiotika behandelt werden, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern und das Risiko potenzieller Komplikationen bei Erkrankten und ihren Kontaktpersonen zu vermeiden“, heißt es in einer Mitteilung der UKHSA (UK Health Security Agency).
Wie das RKI erklärt, ist die medizinisch bedeutendste Art der β-hämolysierenden Streptokokken Streptococcus (S.) pyogenes – „die landläufig auch als ‚A-Streptokokken‘, Gruppe A-Streptokokokken (GAS) bezeichnet wird, da sie (aber nicht ausschließlich) das C-Polysaccharid-Antigen der Gruppe A enthalten“.
Scharlach mit Penicillin behandeln
S. pyogenes gilt als fast ausschließlich humanpathogenes Bakterium und kann eine Vielzahl von Krankheitsbildern verursachen. Dazu zählen laut RKI:
- lokale eitrige Infektionen des Rachens oder der Haut,
- generalisierte beziehungsweise toxinvermittelte Krankheitsbilder,
- immunologisch bedingte Folgeerkrankungen.
Scharlach ist laut RKI eine Streptokokken-Infektion, die meist in Form einer Angina auftritt und von einem charakteristischen Exanthem begleitet wird. Das Exanthem entsteht durch die Einwirkung eines der pyrogenen Streptokokken-Exotoxine.
Therapie der Wahl bei Rachen- und Hautinfektionen mit S. pyogenes laut RKI ist die zehntägige Gabe von Penicillin bzw. Amoxicillin oder Ampicillin (oral oder parenteral). Wie das RKI erklärt, ist bei Ausbrüchen von Streptococcus pyogenes-Infektionen die Diagnose schnellstmöglich zu sichern und bei allen Erkrankten – auch denen mit einem symptomarmen Verlauf – eine antibiotische Therapie einzuleiten, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern. „Nach Beginn einer wirksamen antibiotischen Therapie erlischt die Ansteckungsfähigkeit für Racheninfektionen nach 24 Stunden“, schreibt das RKI auf seiner Webseite.
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Wodurch die Häufung in Großbritannien in diesem Jahr hervorgerufen wird, ist bislang unklar. Zuletzt hatte es im Winter 2017/18 eine erhöhte Zahl an schweren Erkrankungen durch A-Streptokokken gegeben. Damals starben im Vergleichszeitraum vier Kinder in England an Komplikationen. Dieses Jahr seien seit September bereits fünf Kinder unter zehn Jahren in England – und eines in Wales – nach Infektionen mit A-Streptokokken gestorben.
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