Adexa und Sächsischer Apothekerverband

Tarifvertrag für sächsische Apotheken mit neuen Ideen

Hamburg - 13.12.2022, 10:45 Uhr

Von links: Andreas May (Adexa-Bundesvorstand), Tanja Kratt (Adexa-Bundesvorstand und Leiterin der Tarifkommission), Dr. Reinhard Groß (stellvertretender Vorsitzender des Sächsischen Apothekerverbands und Leiter der Tarifkommission), Dr. Sebastian Michael (Verhandlungsführer des Sächsischen Apothekerverbands) (x / Foto: tmb/DAZ) 

Von links: Andreas May (Adexa-Bundesvorstand), Tanja Kratt (Adexa-Bundesvorstand und Leiterin der Tarifkommission), Dr. Reinhard Groß (stellvertretender Vorsitzender des Sächsischen Apothekerverbands und Leiter der Tarifkommission), Dr. Sebastian Michael (Verhandlungsführer des Sächsischen Apothekerverbands) (x / Foto: tmb/DAZ) 


Mit dem neuen Tarifvertrag für Sachsen werden ab dem 1. Januar 2023 in ganz Deutschland Tarifverträge für Apotheken gelten. Auch inhaltlich bietet der Vertrag einige beachtenswerte Neuerungen. Dazu gehören ein detailliert geregeltes Jahresarbeitszeitkonto, eine Sonderregel für Rufbereitschaften und ein freiwilliges Zusatzmodul für die Honorierung von Fort- und Weiterbildungen.

Nach der Unterzeichnung des Tarifvertrags am Montag in Hamburg wiesen die Apothekengewerkschaft Adexa und der Sächsische Apothekerverband bei einem Pressetermin auf die Besonderheiten des Vertrags hin. Die Vertragspartner betonten die gegenseitige hohe Wertschätzung und die gute Zusammenarbeit bei den Verhandlungen unter den erschwerten Bedingungen in der Pandemie.

Klare Regeln zum Jahresarbeitszeitkonto

Dr. Sebastian Michael, Verhandlungsführer des Sächsischen Apothekerverbands, stellte die Inhalte vor. Demnach können die Beschäftigten in allen Apotheken des Arbeitgebers arbeiten. Arbeitsverträge gelten als befristet auf das Datum des regulären Renteneintritts. Eine wesentliche Neuerung im Basismodul des Vertrags ist ein detailliert geregeltes Jahresarbeitszeitkonto. Damit können die Überstunden eines Kalenderjahres innerhalb der folgenden sechs Monate ausgeglichen werden. Gelingt dies nicht, wird die Mehrarbeit mit einem Überstundenzuschlag abgegolten. 

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Dabei gilt ein Zuschlag von 25 Prozent ab der ersten Überstunde. Nach der Ausgleichsfrist verfallen Minderstunden zugunsten der Beschäftigten. Bei längerer Krankheit verlängert sich der Ausgleichszeitraum entsprechend. Notdienste, die mit Rufbereitschaft im Zehn-Minuten-Radius abgeleistet werden, werden geringer honoriert als andere Notdienste. Wenn mehr als eine Person den Notdienst versieht, gelten die Zuschläge für alle beteiligten Mitarbeiter. Im neuen Tarifvertrag sind Filialleiter als eigene Berufsgruppe mit einem Zuschlag von 10 Prozent auf das Tarifgehalt vorgesehen.

Gehaltsstaffel mit nur drei Stufen

Der Gehaltstarif orientiert sich am Vertrag mit dem Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken (ADA), der im ganzen übrigen Bundesgebiet außer Nordrhein gilt, aber es gibt Unterschiede. Die Gehälter im Vertrag für Sachsen liegen um 2 Prozent unter dem Betrag im Vertrag mit dem ADA. Damit werden Zuschläge antizipiert, die sich aus dem leistungsorientierten Modul ergeben (siehe unten). Außerdem wird die höchste Tarifstufe schon im sechsten Berufsjahr erreicht. Damit gibt es nur drei Stufen: bis zum zweiten, vom dritten bis zum fünften und ab dem sechsten Berufsjahr. Dieser schnellere Anstieg ist als Anreiz für Berufsanfänger gedacht. Der Tarif gilt für 2023. Für 2024 wurde bereits eine Erhöhung um 3 Prozent vereinbart. Der Tarifvertrag gilt bis Ende 2024 und kann sechs Monate vorher gekündigt werden

Leistungsorientiertes Modul wie in Nordrhein

Zusätzlich zum Basismodul wurden zwei freiwillige Module vereinbart. Eines davon ist als leistungsorientiertes Modul aus Nordrhein bekannt und wurde von dort unverändert übernommen. Dabei werden individuelle Ziele in den Bereichen fachliche und soziale Kompetenz sowie Arbeitseffizienz ausgehandelt. Abhängig vom Erreichen der Ziele steigt die Vergütung um bis zu 3 Prozent. Da die Tarifpartner von engagierten Beschäftigten ausgehen, wird damit ein Gehalt auf dem Niveau des ADA-Vertrags als realistisch betrachtet.

Neues Zusatzmodul für Fort- und Weiterbildung

Neu am Vertrag für Sachsen ist das zweite freiwillige Zusatzmodul für Fort- und Weiterbildung, das beide Vertragspartner als Besonderheit hervorheben. Die lange Diskussion über eine Honorierung von Fortbildungen unabhängig von betriebswirtschaftlichen Ergebnissen ist damit erstmals zu einem tarifvertraglichen Ergebnis gekommen. 

Gemäß dem neuen freiwilligen Modul wird die Fort- und Weiterbildung von Apothekenmitarbeitern honoriert. Pharmazeutisches Personal mit einem Fortbildungszertifikat erhält damit einen Zuschlag von 2 Prozent auf das Tarifgehalt, solange das Zertifikat gilt. Damit soll ein Anreiz für regelmäßige Fortbildungen gegeben werden. Außerdem sieht das Modul lebenslang gültige Zuschläge für Weiterbildungen vor. Für Fachapotheker sind dies 1,25 Prozent. Für bis zu zwei Bereichsweiterbildungen, beispielsweise in pharmazeutischer Analytik, beträgt der Zuschlag jeweils 0,75 Prozent. 

Für PTA gibt es 1,5 Prozent Zuschlag für einige ausdrücklich vorgesehene Zusatzqualifikationen wie die „Fach-PTA“ mit einem Zertifikat der IHK. PKA erhalten 2,5 Prozent mehr, wenn sie sich gemäß den Regeln der IHK zur „Fach-PKA für BWL und Marketing“ weiterqualifizieren. Außerdem geht der Tarifvertrag auf die Gebühren und Kosten für die Fortbildung ein. Demnach teilen sich Arbeitgeber und -nehmer die Gebühren zu gleichen Teilen und der Arbeitgeber übernimmt in diesem Zusammenhang weitere Kosten bis 500 Euro pro Jahr. Die Weiterbildungsgebühren trägt der Arbeitnehmer.

Die beiden Zusatzmodule gelten nur, wenn Arbeitgeber und -nehmer diesen zustimmen. Doch die Tarifpartner gehen offenbar von einer Signalwirkung aus. Das gilt auch für die Verträge insgesamt. Denn formell gilt der neue Tarifvertrag nur, wenn Arbeitgeber und -nehmer der Tarifbindung unterliegen oder wenn das Arbeitsverhältnis ab dem 1. Januar 2023 beginnt. Dabei unterliegen Mitglieder des Sächsischen Apothekerverbands der Tarifbindung nur, wenn sie dies ausdrücklich erklärt haben

Gewerkschaft freut sich über Lückenschluss in Sachsen

Zur Vertragsunterzeichnung erklärte Adexa-Bundesvorstand Andreas May, die Tarifbindung sei ein wichtiger Aspekt bei der Wahl des Arbeitsplatzes. Sie gebe Sicherheit für beide Seiten. „Damit kann man arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen aus dem Weg gehen“, sagte May. Außerdem seien sichtbare soziale Standards ein „Signal für den Berufsnachwuchs, den wir in den Apotheken brauchen“. May sieht auch Perspektiven über Sachsen hinaus. Da es nun Tarifverträge für Apotheken in ganz Deutschland gibt, sieht er bessere Chancen, sich bei der Politik für die Interessen der öffentlichen Apotheken, der Beschäftigten und der Patienten einzusetzen.

Tanja Kratt, Adexa-Bundesvorstand und Leiterin der Tarifkommission, betonte die Freude für die Adexa-Mitglieder in Sachsen, dass nun ein Tarifvertrag geschlossen wurde. Vor 25 Jahren sei Sachsen das mitgliederstärkste Gebiet für die Adexa gewesen. Die Gewerkschaft hoffe nun, zu den alten Zahlen zurückzukehren. Kratt erklärte, dass hart gerungen worden sei, aber immer fair. Sie betonte, dass nun wieder bundesweit Tarifverträge für Apotheken gelten. Dabei seien „zeitgemäße Elemente“ wie zusätzliche Honorierungen für Fort- und Weiterbildung sowie Vereinbarungen zur leistungsorientierten Bezahlung enthalten.

Arbeitgeber würdigen „modernen zeitgemäßen Tarifvertrag“

Auch Dr. Reinhard Groß, stellvertretender Vorsitzender des Sächsischen Apothekerverbands und Leiter der Tarifkommission, würdigte den Abschluss als „modernen zeitgemäßen Tarifvertrag“, der den Ansprüchen der öffentlichen Apotheken in den kommenden Jahren gerecht werde. Die Apotheken benötigten dringend gut qualifizierte und hoch motivierte Fachkräfte, konstatierte Groß und erklärte, der Tarifvertrag mit den beiden Zusatzmodulen sei „ein entscheidendes Werkzeug, um im Vergleich mit anderen Arbeitgebern attraktiver zu werden“. Neben der „Förderung und Honorierung individueller Leistung und eigenverantwortlicher Fort- und Weiterbildung“ hob Groß die „flexible und familienfreundliche Arbeitszeitgestaltung“ und die „besondere finanzielle Unterstützung von Berufsanfängern“ hervor.


Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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