Kinderarzneimittel

Ersatzkassen zahlen Rezepturen ohne Rücksprache oder neues Rezept

Stuttgart - 23.12.2022, 16:15 Uhr

Nichts lieferbar? Bei Kinderarzneimitteln haben Apotheken jetzt viele Freiheiten. (Foto: Schelbert)

Nichts lieferbar? Bei Kinderarzneimitteln haben Apotheken jetzt viele Freiheiten. (Foto: Schelbert)


Schon bereits seit einer Weile können Apotheken bei Nichtlieferbarkeit von Fiebersäften Rezepturen herstellen, allerdings bedufte es dafür immer noch die Zustimmung des verordnenden Arztes. Die Ersatzkassen lassen ob der angespannten Situation den Apotheken jetzt befristet freie Hand: Sind Arzneimittel für Kinder verordnet und diese nicht lieferbar, können sie abgeben, was möglich ist, also bestellt, importiert oder hergestellt werden kann. 

Engpässe, insbesondere bei Kinderarzneimitteln, beschäftigen die Apotheken bundesweit. Da helfen auch vermeintlich großzügige Zugeständnisse einzelner Kassen nichts, die Mehrkosten zu übernehmen, falls Präparate abgegeben werden, deren Preis über dem Festbetrag liegt. Denn auch die gibt es aktuell meist nicht.

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Deutlich größere Freiräume räumt nun die Taskforce Arzneimittelversorgung den bayerischen Kollegen ein. Dort haben sich nämlich auf Initiative der Landesregierung Vertreter:innen von Pharmaindustrie, Ärzte- und Apothekerschaft sowie Krankenkassen an einen Tisch gesetzt. Diese Taskforce hat nun beschlossen, dass für Arzneimittel für Kinder, die auf der Liste versorgungskritischer Arzneimittel des BfArM stehen, sowie für paracetamol- und ibuprofenhaltige Fiebersäfte die Mehrkosten für Rezepturen bis 25. Januar 2023 übernommen werden, sofern es sich um Wirkstoffverordnungen handelt.

Für Ersatzkassen: Abgeben, was machbar ist

Die Ersatzkassen, also TK, Barmer, DAK, KKH, hkk und HEK, schließen sich dieser Regelung an – zum Wohle ihrer Versicherten, insbesondere der Kinder als besonders vulnerable Gruppe, wie es in einem Schreiben des Dachverbands vdek an den Deutschen Apothekerverband heißt, das der DAZ vorliegt. Für die Ersatzkassen gilt die Erleichterung also nicht nur in Bayern, sondern bundesweit. 

Sie gehen allerdings noch einen Schritt weiter: Sie bezahlen die Rezepturen auch, wenn keine Wirkstoffe, sondern Fertigarzneimittel verordnet sind. Zudem verzichten sie auf die Genehmigung bei Importen. Somit können Apotheken in den kommenden Wochen, wenn Arzneimittel für Kinder verordnet und diese nicht lieferbar sind, alles abgeben, was möglich ist, also was an Lager ist, bestellt, importiert oder hergestellt werden kann. Wenn Mehrkosten, zum Beispiel durch Rezepturen entstehen, müssen die Apotheken den Engpass gegenüber der jeweiligen Ersatzkasse nachweisen. Auf Basis dieser Regelung soll die Versorgung mit Rezepturarzneimitteln auch bundesweit erleichtert werden, so der vdek.

Keine Rücksprache notwendig

Zwar sind die Voraussetzungen, in der Apotheke eine Rezeptur herzustellen, schon eine Weile gelockert. So brauchte es zum Beispiel in vielen Fällen kein neues Rezept mehr. Es war aber immer die Rücksprache mit dem Verordner sowie ein entsprechender Vermerk der Apotheke auf dem Formular notwendig. Das fällt in Bayern nun bei Wirkstoffverordnungen und bei Ersatzkassen bundesweit ganz weg, zumal das auch während der Feiertage schwer zu realisieren sein dürfte. Schließlich sind nicht in allen Kammerbezirken wie in Nordrhein die Apotheken vor den Feiertagen mit den Durchwahlnummern der Notfallpraxen ausgestattet worden, um diese im Fall der Fälle direkt kontaktieren zu können und nicht in der Warteschleife der 116 117 zu hängen. 


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Kinder Arzneimittel

von Gregor.Nelle am 26.12.2022 um 12:05 Uhr

Der plötzliche Sinneswandel, der Krankenkassen kommt jetzt zu spät. Wir haben alles umgestellt und auch Importe bestellt und die Regelung ist so, dass der Kunde für die Kindersäfte und Zäpfchen erst einmal bezahlen muss in der Apotheke und dann das Geld von der Krankenkasse zurück bekommen kann. Damit schieben wir den schwarzen Peter an die Krankenkasse und sie kann entscheiden, ob das Produkt lieferbar war, ob es zu teuer war, ob es hergestellt werden musste, oder ob sie beim Arzt anrufen müssen und die Genehmigung des Arztes eingeholt werden hätte sollen müssen. ich kann nur allen Apotheken empfehlen, so zu verfahren, damit die Krankenkassen erkennen, dass es ein riesiger Aufwand ist, fehlende Arzneimittel zu besorgen und an die Bedürftigen Patienten auszuliefern. Mit freundlichen Grüßen, Gregor Nelles

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