Nahrungsergänzung für Frauen

DHA in der Schwangerschaft – wofür und wieviel?

Berlin - 04.01.2023, 07:00 Uhr

Viele Studien deuten darauf hin, dass 200 mg Docosahexaensäure (DHA) in Nahrungsergänzungsmitteln hinsichtlich einer Risikoverminderung von Frühgeburten zu wenig sein könnten. (s / Foto: Татьяна Немировская / AdobeStock)

Viele Studien deuten darauf hin, dass 200 mg Docosahexaensäure (DHA) in Nahrungsergänzungsmitteln hinsichtlich einer Risikoverminderung von Frühgeburten zu wenig sein könnten. (s / Foto: Татьяна Немировская / AdobeStock)


Seit über zehn Jahren ist die Omega-3-Fettsäure Docosahexaensäure (DHA) fester Bestandteil von fast jedem Schwangerschafts- und Stillnahrungsergänzungsmittel. DHA gilt als essenzieller Nährstoff für die gesunde Entwicklung des Babys und es ist bereits gut belegt, dass eine adäquate Omega-3-Versorgung das Risiko für Frühgeburten effektiv senkt. Neuere Studien deuten jedoch darauf hin, dass einige dieser positiven Effekte erst ab einer erhöhten Omega-3-Dosis zu erwarten sind.

Jeder Schwangeren wird empfohlen, mindestens zweimal die Woche fettigen Seefisch zu verzehren oder DHA-Nahrungsergänzungsmittel (Docosahexaensäure) einzunehmen, um den DHA-Bedarf zu decken. Dass dies sinnvoll ist, bestätigte 2018 nochmals eine Aktualisierung eines Cochrane Reviews von randomisiert-kontrollierten Studien, der die Effekte von Omega-3-Fettsäuren auf verschiedene Endpunkte in knapp 20.000 Schwangeren untersuchte. Der Review konnte eine 42-prozentige Risikoverminderung von frühen Frühgeburten (< 34. Schwangerschaftswoche, SSW.) und eine leichte Risikoverminderung (11 Prozent) von Frühgeburten vor der 37. SSW nachweisen, wenn Frauen Omega-3-Fettsäuren zu sich nahmen. Allerdings wurde weder eine optimale Dosis identifiziert noch zwischen DHA und EPA (Eicosapentaensäure), einer weiteren Omega-3-Fettsäure, unterschieden.

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Die Subgruppen-Analyse ergab zudem, dass niedrig-dosierte Supplemente mit DHA und / oder EPA (im Review definiert als < 500 mg) weder Frühgeburten vor der 34. SSW noch Frühgeburten vor 37. SSW reduzierten, sondern erst eine Omega-3-Dosis ab 500 mg. Die meisten konventionellen Schwangerschaftssupplemente enthalten DHA mit einer Dosis von 200 mg.

Studie: Höhere DHA-Dosen bei niedrigem Omega-3-Status der Mutter

Die im Frühjahr 2021 veröffentlichte „Assessment of DHA on Reducing Early Preterm Birth“ (ADORE)-Studie ging auf die ungeklärte Frage hinsichtlich der idealen DHA-Dosis ein und verglich den Effekt eines typisch dosierten (200 mg) mit dem eines hoch dosierten (1000 mg) Algenöl-Supplements auf die frühe Frühgeburtenrate (< 34. SSW) bei 1.100 schwangeren US-Amerikanerinnen. Die Studienergebnisse zeigten, dass in der 1000-mg-DHA-Gruppe weniger frühe Frühgeburten auftraten (1,7 Prozent) als in der 200-mg-DHA-Gruppe (2,4 Prozent). Insbesondere in der Subgruppe von Schwangeren mit eingehend geringem DHA-Status (< 6 Prozent DHA der Gesamtfettsäuren in Erythrozyten) fiel die frühe Frühgeburtenrate bei Einnahme des 1000-mg-DHA-Supplements nur halb so hoch aus wie in der Subgruppe, die 200 mg DHA einnahmen (2,0 Prozent vs. 4,1 Prozent). Ein weiterer, sekundärer Endpunkt der Studie war die Frühgeburtenrate vor der 37. SSW und auch diese war mit der höheren DHA-Dosis geringer als mit der Standarddosis (8,2 Prozent vs. 11,0 Prozent).

Frühgeburten sind nach wie vor die häufigste Ursache für neonatale Mortalität und sind darüber hinaus mit etlichen Langzeitmorbiditäten des Kindes assoziiert. Aktuelle Studien, wie die ADORE-Studie oder die australische ORIP-Studie, bestätigen, dass ein niedriger Omega-3-Status der Mutter das Risiko für Frühgeburten vor der 34. und 37. SSW erhöht – und dass dieses Risiko durch die DHA-Zufuhr über die Standard-Dosis von 200 mg hinaus, sei es über Supplemente oder über den Fischverzehr, signifikant gesenkt werden kann. Frauen zum Schwangerschaftsbeginn auf den Omega-3-Status zu testen und ihnen im Falle eines niedrigen Status eine hoch-dosierte DHA-Supplementation zu empfehlen, könnte demzufolge ein weiterer Ansatz sein, das Risiko für Frühgeburten zusätzlich zu minimieren.

Warum Omega-3-Fettsäuren in der Schwangerschaft grundsätzlich sinnvoll sind

Die positiven Effekte, die DHA für Mutter und Kind während der Schwangerschaft nachgesagt werden, sind vielfältig und wurden bereits in vielen Studien untersucht: DHA ist zum einen wichtig für die Entwicklung der neuronalen und kognitiven Funktion sowie Sehfunktion des Ungeborenen und für das pränatale wie auch postnatale Körperwachstum. Zum anderen zeigte eine adäquate Versorgung mit den Omega-3-Fettsäuren auch positive Effekte in der Mutter, mit einem geringeren Risiko für Bluthochdruck und Präeklampsie während der Schwangerschaft und für postnatale Depression nach der Geburt. Abgesehen vom verminderten Risiko für Frühgeburten ist die Studienlage zum Nutzen einer DHA-Supplementation bezüglich aller anderen Endpunkte jedoch derzeit noch inkonsistent, sodass es insbesondere bei der Frage der DHA-Dosis hinsichtlich dieser Endpunkte weiterer Studien bedarf.

Erste Ergebnisse einer kontrolliert-randomisierten Interventionsstudie deuten außerdem darauf hin, dass eine hoch dosierte Omega-3-Fischöl-Supplementation (2,4 g/Tag) während der Schwangerschaft Babys und Kleinkinder vor Pseudokrupp, einer Atemwegserkrankung, schützen könnte. Diese Ergebnisse müssen allerdings ebenfalls noch in weiteren Studien bestätigt werden.

Fisch oder Supplement – spielt die Omega-3-Quelle eine Rolle?

Ob zweimal die Woche fettiger Meeresfisch verzehrt oder lieber täglich ein Omega-3-Nahrungsergänzungsmittel eingenommen wird, ist jeder Schwangeren selbst überlassen. Derzeit wird keine Quelle als eindeutig überlegen angesehen. Der Vorteil von Nahrungsergänzungsmitteln, sei es Fisch-, Krill- oder Algenöl, ist aber, dass sie aufbereitet sind und somit kaum lipophile Schadstoffe wie Quecksilber enthalten. Beim Fisch sollte dagegen auf eine nachhaltige Herkunft oder Bio-Aquakultur geachtet werden, um die Schadstoffaufnahme zu reduzieren. Außerdem sollte auch auf die Art des Fischs geachtet werden: Lachs, Makrele, Sardine und Hering enthalten am meisten DHA. 

Ab wann und wie lange sollten Schwangere Omega-3-Fettsäuren einnehmen?

„In der zweiten Hälfte der Schwangerschaft wachsen das Gehirn und das zentrale Nervensystem des Fötus besonders rasch. Dieser Prozess setzt sich in den ersten Lebensjahren fort. Kognitive, motorische und visuelle Fähigkeiten entwickeln sich. Dafür muss dem Kind ausreichend DHA zur Verfügung stehen. Da Schwangere das ungeborene Kind über ihre Ernährung mitversorgen, ist für sie eine gute DHA-Zufuhr besonders wichtig. Das gilt über die Schwangerschaft hinaus auch noch für die Stillzeit. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt Schwangeren und Stillenden im Durchschnitt mindestens 200 mg DHA pro Tag zuzuführen.“ 

Quelle: www.gesund-ins-leben.de, „Sind Supplemente mit Omega-3-Fettsäuren in der Schwangerschaft notwendig?“, 18.05.2021 


Pauline Krüger, Ernährungswissenschaftlerin
redaktion@daz.online


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