Um Versorgungsengpässe zu vermeiden

Medizinprodukte: EU-Kommission will Übergangsfristen verlängern

Berlin - 06.01.2023, 16:40 Uhr

Die EU-Kommission will Engpässe bei Medizinprodukten vermeiden. (Foto: Swapan / AdobeStock)

Die EU-Kommission will Engpässe bei Medizinprodukten vermeiden. (Foto: Swapan / AdobeStock)


Die Hersteller von Medizinprodukten können aufatmen: Die Europäische Kommission hat am heutigen Freitag einen Vorschlag für eine Änderung der EU-Medizinprodukte-Verordnung angenommen, der unter anderem längere Übergangsfristen vorsieht. So sollen die allseits befürchteten Engpässe vermieden werden.

Die 2017 in Kraft getretene europäische Verordnung über Medizinprodukte – kurz „Medical Device Regulation“ (MDR) – wurde zum 26. Mai 2021 wirksam. Doch von Anfang an bereiteten die neuen europäischen Vorgaben Sorgen. Vor allem befürchteten Hersteller, die neu vorzunehmenden Zertifizierungen nicht rechtzeitig vornehmen zu können, weil es nicht ausreichend Benannte Stellen gibt, die diese durchführen. Aber auch die deutsche Bundesregierung hegte schon frühzeitig – sogar vor der Corona-Pandemie – Zweifel und rechnete mit Engpässen

Nun hat die Europäische Kommission vorgeschlagen, mehr Zeit für diese Zertifizierung einzuräumen und so das Risiko von Engpässen zu mindern. Die heute beschlossene Vorlage sieht längere Übergangsfristen für die Umstellung auf die neuen Vorschriften der MDR vor. Bislang war der Stichtag der 26. Mai 2024. Doch für Produkte mit höherem Risiko (wie Herzschrittmacher und Hüftimplantate) soll nun bis Ende 2027 Zeit sein und für Produkte mit mittlerem und geringerem Risiko (wie Spritzen oder wiederverwendbare chirurgische Instrumente) bis Ende 2028. Die Verlängerung wird dabei an bestimmte Bedingungen geknüpft, sodass nur für Produkte, die sicher sind und für die die Hersteller bereits Schritte im Hinblick auf den Übergang zu den Regelungen der Verordnung über Medizinprodukte eingeleitet haben, mehr Zeit gewährt wird. Zudem ist mit ihr die Hoffnung verbunden, dass sich Zahl an Benannten Stellen erhöhen wird.

Zum Vorschlag der Kommission gehört überdies, dass die Abverkaufsfrist, also das Datum, nach dem in Verkehr gebrachte Produkte vom Markt genommen werden müssen, gestrichen werden soll.

Offenbar sind die Sorgen der Hersteller bei den Entscheidern angekommen. So erklärte EU-Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas: „Wir werden auf keinen Fall zulassen, dass schwerwiegende Störungen der Versorgung mit verschiedenen Medizinprodukten auf dem Markt drohen, was die Gesundheitssysteme und ihre Fähigkeit zur Versorgung der Patientinnen und Patienten in Europa in Mitleidenschaft ziehen würde.“

 EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides erläuterte, dass mehrere Umstände dazu geführt hätten, dass in der gesamten EU Engpässe bei lebensrettenden Medizinprodukten drohten. Der nun vorgeschlagene neuen zeitliche Ablauf, biete den Herstellern Sicherheit, „damit unverzichtbare Medizinprodukte weiter hergestellt werden können, kurzfristig jegliches Risiko von Engpässen verringert und der Zugang für die am meisten auf diese Produkte angewiesenen Patientinnen und Patienten gewährleistet wird.“ Die Mitgliedstaaten und die Benannten Stellen sollten nun gemeinsam mit der Wirtschaft dafür Sorge tragen, dass der Übergang zu den neuen Vorschriften der Verordnung über Medizinprodukte ohne weitere Verzögerung abläuft.

Das EU-Parlament und der Rat müssen dem Vorschlag der Kommission nun noch zustimmen.

Zuspruch aus den Industrieverbänden

Hubertus Cranz, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH) zeigte sich erleichtert über den Vorschlag der Kommission: Wir freuen uns, dass nach viel politischer Arbeit im vergangenen Jahr nun zum Jahresbeginn der Kommissionsvorschlag mit verlängerten Fristen sowie der Streichung der Regelung zum Abverkauf vorgelegt wurde. Wir setzen nun auf eine zügige Beratung und Verabschiedung der Änderung der Medizinprodukteverordnung durch den Ministerrat und das Europäische Parlament“.

Auch der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) sprach von einem „guten Signal für die medizinische Versorgung der Patient:innen und den Medizinprodukte-Standort Europa“. Jetzt müsse im Schnellverfahren eine Einigung mit Parlament und Rat erzielt werden, um einerseits sicherzustellen, dass Patient:innen in ganz Europa Zugang zu sicheren Medizinprodukten haben und andererseits der MedTech-Branche die notwendige Planungssicherheit zu geben, kommentierte BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Marc-Pierre Möll vorgelegten MDR-Änderungen.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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