Ab dem 4. Tag oder früher

AU – welche Regeln gelten in der Apotheke?

Stuttgart - 09.01.2023, 07:00 Uhr

Ist im Vertrag nichts anderes vereinbart, müssen Arbeitnehmer:innen ab dem vierten Tag eine AU vorlegen, auf Verlangen des Arbeitgebers auch früher. (Foto: Markus /AdobeStock)

Ist im Vertrag nichts anderes vereinbart, müssen Arbeitnehmer:innen ab dem vierten Tag eine AU vorlegen, auf Verlangen des Arbeitgebers auch früher. (Foto: Markus /AdobeStock)


Die aktuelle Infektionswelle macht auch vor den Apothekenmitarbeiter:innen nicht Halt und sorgt für Ausfälle. Da wird sicher auch die eine oder andere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) vorgelegt werden. Doch ab welchem Tag braucht man die eigentlich und dürfen innerhalb des Teams unterschiedliche Regeln gelten? Wir haben bei Adexa-Rechtsanwältin Minou Hansen nachgefragt.

DAZ: Ab wann müssen Arbeitnehmer:innen eine AU vorlegen?

Hansen: Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 EEFZG (Entgeltfortzahlungsgesetz) muss ein:e Arbeitnehmer:in eine ärztliche Bescheinigung vorlegen, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage andauert. Die Vorlage muss am darauffolgenden Arbeitstag vorgelegt werden. Die Arbeitgebenden sind allerdings berechtigt, die Vorlage der AU-Bescheinigung schon vorher zu verlangen.

In unseren Tarifverträgen ist in § 9 eine inhaltlich ähnliche Regelung enthalten: „Der Mitarbeiter ist verpflichtet, die Erkrankung durch Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachzuweisen. Das gilt bei einer Krankheitsdauer bis zu drei Tagen nur auf ausdrückliches Verlangen des Apothekeninhabers.“

In den letzten Jahren gab es in den Arbeitsverträgen vermehrt die Formulierung, dass schon ab dem 1. Krankheitstag ein Attest vorgelegt werden musste. Das hing damit zusammen, dass die Krankenkassen das fortgezahlte Gehalt dann anteilig erstattet haben.

Seit Jahresbeginn Pflicht: Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)

Seit 1. Januar 2023 ist die eAU für alle Arbeitgeber Pflicht. Die Arztpraxen müssen sie bereits seit Juli 2022 ausstellen – was nicht ganz komplikationslos ablief. Doch nun bekommen gesetzlich Versicherte dort nur noch einen Ausdruck ihrer Krankmeldung für die eigenen Unterlagen. Sie müssen sich weiterhin wie gewohnt zu Beginn der Arbeitsunfähigkeit beim Arbeitgeber abmelden und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit angeben. Die Arztpraxen übermitteln die eAU an die Krankenkassen. Die Apothekenleiter als Arbeitgeber müssen die eAU-Daten aktiv bei der jeweiligen Kasse digital abrufen. Noch sind die neuen Abläufe allerdings nicht gänzlich eingespielt.

Wenn im Arbeitsvertrag nichts anderes vereinbart ist, gilt die gesetzliche Regelung? Gibt es Voraussetzungen oder Einschränkungen oder kann man einfach so ohne Anlass in die Arbeitsverträge schreiben, dass man die AU beispielsweise schon am ersten Tag sehen will?

Wenn im Arbeitsvertrag nichts Abweichendes vereinbart ist, gilt die gesetzliche bzw. tarifliche Regelung. Einen Anlass, so eine Klausel in Vertrag aufzunehmen, braucht man nicht.

Adexa-Rechtsanwältin Minou Hansen

Muss die Pflicht, bereits vor dem vierten Krankheitstag eine AU vorzulegen, für alle Mitarbeiter:innen gleichermaßen gelten oder kann das innerhalb des Teams unterschiedlich geregelt sein?

Die Apothekenleitung darf in jedem Einzelfall entscheiden, ob eine AU ab dem ersten Tag verlangt wird. Die Entscheidung muss zwar nicht für alle Mitarbeitenden und für jeden Fall gleich sein, sie darf aber nicht schikanös sein. Das wäre meines Erachtens der Fall, wenn man nur einen bestimmten Mitarbeitenden verpflichten würde, bei jeder Erkrankung ab dem ersten Tag eine AU vorzulegen, die anderen Mitarbeitenden generell davon ausnimmt.

Kann man auch bei einem schon länger bestehenden Arbeitsverhältnis plötzlich früher eine AU einfordern, zum Beispiel weil man den Verdacht hat, dass jemand blaumacht? Und wenn ja, wie setzt man das um? Bedarf es einer Vertragsänderung?

Man dürfte bei einem Mitarbeiter fordern, dass dieser zukünftig ab dem ersten Tag eine AU vorlegt. Der Arbeitsvertrag muss grundsätzlich nicht geändert werden, weil das ja nach der gesetzlichen und tariflichen Regelung zulässig ist. Das muss so rechtzeitig angekündigt werden, dass der Mitarbeiter darauf reagieren kann. Man kann also nicht rückwirkend eine AU ab dem ersten Tag verlangen.

Was droht Mitarbeiter:innen, die sich weigern, eine AU vorzulegen?

Ihnen droht eine Abmahnung, das heißt die Ankündigung einer Kündigung bei Wiederholung dieses Verhaltens. Und eine Weigerung des Arbeitgebers, das Gehalt zu zahlen. Es würde ja ein berechtigter Grund bestehen, die behauptete AU anzuzweifeln.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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