AZ-Tipp private Krankenversicherung

Keine Benachteiligung von selbstständigen Schwangeren

09.01.2023, 13:45 Uhr

Schwanger und privat versichert? Das darf kein Nachteil sein. (Foto: alex_marina / AdobeStock)

Schwanger und privat versichert? Das darf kein Nachteil sein. (Foto: alex_marina / AdobeStock)


Für werdende Mütter gibt es zahlreiche Schutzvorschriften. Selbstständige Freiberuflerinnen bekommen in ihrer Mutterschaft jedoch schwerwiegende Lücken im Absicherungssystem zu spüren. Beispielsweise sehen viele private Krankenversicherungsverträge für die Zeit des gesetzlichen Mutterschutzes zwar die Zahlung von Krankentagegeld vor – aber erst nach Ablauf einer vereinbarten Karenzzeit. Ein aktuelles Urteil hält das für unzulässig.

Für werdende Mütter sehen das Mutterschutzgesetz und weitere Gesetze einen umfassend scheinenden finanziellen, sozialen und arbeitsrechtlichen Schutz vor. Selbstständige Freiberuflerinnen bekommen in ihrer Mutterschaft jedoch schwerwiegende Lücken im System der Absicherung zu spüren. Eine davon ist jetzt geschlossen worden: Viele private Krankenversicherungsverträge sehen für die Zeit des gesetzlichen Mutterschutzes zwar die Zahlung von Krankentagegeld vor, aber erst nach Ablauf einer vereinbarten Karenzzeit. Zu Unrecht, wie aus einem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Ravensburg aus dem Jahr 2022 hervorgeht (Az.: 1 S 117/21).

Der Fall: Eine junge Veterinär­medizinerin hatte sich als Tier­ärztin niedergelassen und privat krankenversichert. Ihr Krankenversicherungsvertrag sah vor, dass nach Ablauf einer Karenzzeit Krankentagegeld gezahlt werde für jeden Tag einer Krankheit, die zur Arbeitsunfähigkeit führe, und auch für Zeiten des gesetz­lichen Mutterschutzes. Vereinbart war dabei eine Karenzzeit von 21 Tagen, während der noch kein Tagegeld gezahlt werden sollte.

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Die Tierärztin wurde schwanger und brachte einen Sohn zur Welt. Ihre Versicherungsgesellschaft zahlte ihr das vereinbarte Krankentagegeld ab dem 22. Tag der gesetzlichen Mutterschutzfrist und damit für die Zeit nach Ablauf der Karenzzeit. Für die Dauer der Karenzzeit lehnte sie dies ab. Die Ablehnung entsprach dabei der gängigen Regulierungspraxis, vereinbarte Karenzzeiten auch auf die Zahlungen während der Mutterschutzfristen anzuwenden.

Solche Karenzzeiten können, wie im Fall der Tierärztin, für drei Wochen vereinbart sein, in vielen Fällen aber auch für sechs Wochen. Dann setzt das Krankentagegeld erst ab dem 43. Tag ein. In manchen Verträgen finden sich noch wesentlich längere Fristen. Dementsprechend groß wird die finanzielle Lücke für die (werdende) Mutter, die als Selbstständige kein Mutterschaftsgeld der gesetzlichen Krankenkasse und keinen Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld erhält und die diese Zeit auch nicht mit Elterngeld überbrücken kann. Der werdenden Mutter bleibt damit nur die Wahl, trotz Mutterschutz so weit wie möglich zu arbeiten, auf die Schwangerschaft zu verzichten oder die Karenzzeit mit ihrem Ersparten zu überbrücken.

Arbeiten kam für die Tierärztin im Fall des Landgerichts nicht infrage, da sie mit Großvieh, speziell mit Pferden arbeitete und dabei eine große Gefährdung von Mutter und Kind bestanden hätte. Erspartes gab es nach der Existenzgründung kaum noch. Die Tierärztin war in dieser Situation auf die Hilfe ihrer Eltern angewiesen. Sie fragte sich, ob das in dieser Form rechtens sein könne. Sie klagte gegen ihre Versicherungsgesellschaft und gewann.

Wie das Gericht in seinem Urteil argumentierte, erklärt Rechtsanwalt Stephan Schlak, Fachanwalt für Versicherungsrecht, in der aktuellen AZ 2023, Nr. 1-2, S. 7


Apotheker Zeitung
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