Regeländerung für Mifepriston

US-Apotheken dürfen künftig „Abtreibungspille“ abgeben

Stuttgart - 09.01.2023, 10:45 Uhr

Wo Schwangerschaftsabbrüche erlaubt sind, dürfen zertifizierte Apotheken künftig Mifepriston direkt an Frauen abgeben. (Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Allen G. Breed)

Wo Schwangerschaftsabbrüche erlaubt sind, dürfen zertifizierte Apotheken künftig Mifepriston direkt an Frauen abgeben. (Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Allen G. Breed)


Das synthetische Steroid Mifepriston, das in Kombination mit Misoprostol oder Gemeprost zum medikamentösen Schwangerschaftsabbruch eingesetzt wird, darf in den USA künftig auch von zertifizierten Apotheken abgegeben werden – zumindest dort, wo Schwangerschaftsabbrüche weiterhin erlaubt sind. Bislang musste das Präparat direkt von den verschreibenden Ärzten oder Kliniken an die Patientinnen ausgehändigt werden.

Nachrichten zum Thema Schwangerschaftsabbruch aus den USA drehten sich in den letzten Jahren vor allem darum, dass die Möglichkeiten, eine ungewollte Schwangerschaft legal und sicher zu beenden, massiv eingeschränkt wurden. Denn nachdem der Surpreme Court das grundsätzliche Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch gekippt hatte, sind Abtreibungen in immer mehr US-Bundesstaaten für illegal erklärt worden. Doch es geht auch anders: Wie die US-amerikanische Arzneimittelbehörde vergangene Woche mitteilte, soll das synthetische Steroid Mifepriston, das in Kombination mit einem Prostaglandinanalogon zum medikamentösen Schwangerschaftsabbruch eingesetzt wird, künftig auch in Apotheken abgegeben werden dürfen oder von den Apotheken per Post an die Frauen verschickt werden. Bislang durfte die „Abtreibungspille“ nur von zertifizierten Gesundheitsdienstleistern bestellt, verschrieben und abgegeben werden. Während der COVID-19-Pandemie erlaubte die FDA allerdings bereits den Versand per Post und erklärte, sie werde die bisherige Vorschrift, wonach die Frauen Mifepriston persönlich in einer Klinik oder einem Krankenhaus erhalten müssen, nicht mehr durchsetzen. Der Einsatz der Substanz läuft in den USA im Rahmen einer Risikobewertungs- und -minderungsstrategie (Risk Evaluation and Mitigation Strategy, REMS), bekannt als Mifepristone REMS Programm, das die Anforderungen für die Verordnung und die Abgabe festlegt. Und diese wurden nun geändert.

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Künftig kann Mifepriston dann wie andere Arzneimittel auch in der Apotheke bezogen werden. Einer Verschreibung einer zertifizierten Stelle, zum Beispiel einem besonders qualifizierten Arzt, bedarf es aber weiterhin. Auch die Apotheken müssen einige Voraussetzungen erfüllen, wenn sie für die Abgabe von Mifepriston zertifiziert werden wollen: Es muss ein Formular für eine Apothekenvereinbarung ausgefüllt wurden. Zudem müssen zertifizierte Apotheken in der Lage sein, Mifepriston über einen Versanddienstleister oder Botendienst zu versenden, der Tracking-Informationen zur Sendungsverfolgung bereitstellt. Außerdem müssen sie sicherstellen, dass Präparat rechtzeitig an die Patientin abgegeben wird. Der Einsatz ist in den USA bis zu 10. Woche erlaubt.

Apothekenketten stehen bereit

Die großen Apothekenketten Walgreens und CVS haben US-Medienberichten zufolge bereits angekündigt, in den Staaten, in denen Schwangerschaftsabbrüche legal sind, sich zertifizieren zu lassen, um Mifepriston abgeben zu können. Von der Änderung verspricht man sich unter anderem, dass mehr Ärztinnen und Ärzte das Präparat verschreiben, weil sie sich nicht mehr selbst damit bevorraten müssen.

Mifepriston

Mifepriston verdrängt als kompetitiver Antagonist das Schwangerschaftshormon Progesteron von den Progesteron-Rezeptoren. Dies führt zu einem Abbruch der Schwangerschaft. 36 bis 48 Stunden später wird ein Prostaglandinanalogon, meist Misoprostol verabreicht. Das induziert Kontraktionen des Myometriums (glatte Muskelschicht der Gebärmutter) und eine Entspannung des Gebärmutterhalses. Dadurch öffnet sich der Gebärmutterhals und der Fötus kann ausgestoßen werden.

In Deutschland gilt für Mifepriston (Mifegyne) ebenfalls ein Sondervertriebsweg (§ 47a AMG). Die Substanz wird nicht über Apotheken vertrieben, sondern vom Hersteller nur an Einrichtungen im Sinne des § 13 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes abgegeben. Die verschreibenden Ärzte händigen es dort direkt an die Patientinnen aus.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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