PPI, NSAR, Antidepressiva und Co.

Mehr als doppelt so lang – PRISCUS-Liste 2.0 veröffentlicht

Stuttgart - 10.01.2023, 16:45 Uhr

Die neuen Empfehlungen der PRISCUS 2.0 Liste dürften dazu führen, dass so mancher Medikationsplan neu überdacht wird. (s / Foto: fizkes / Adobe stock)

Die neuen Empfehlungen der PRISCUS 2.0 Liste dürften dazu führen, dass so mancher Medikationsplan neu überdacht wird. (s / Foto: fizkes / Adobe stock)


2010 erschien mit der Priscus-Liste die erste auf den deutschen Arzneimittelmarkt zugeschnittene Übersicht über potenziell ungeeignete Arzneimittel für geriatrische Patient:innen. Mit Priscus 2.0 ist die Liste nun aktualisiert und dabei deutlich länger geworden: 177 Wirkstoffe hat das Expertengremium auf die Liste gesetzt. Darunter auch PPI, sofern sie für mehr als acht Wochen eingesetzt werden. 

Forta-Einteilung, Beer’s-Kriterien, Start-Stopp-Kriterien, EU-PIM-Liste – es gibt mehrere zuverlässige und übersichtliche Hilfsmittel, wenn es um die Frage geht, ob ein Wirkstoff auch für betagte Patient:innen gut geeignet ist. Speziell für Deutschland erschien 2010 erstmalig die Liste potenziell inadäquater Medikation für ältere Menschen, kurz Priscus, und wurde ein viel genutztes Hilfsmittel: Im Zeitraum 2009–2019 sank der Anteil der Patient:innen ab 65 Jahren, die mindestens ein potenziell inadäquates Präparat verordnet bekommen hatten, von fast 25 auf circa 15 Prozent. Nun ist die Liste aktualisiert und dabei deutlich erweitert worden – von 83 auf 177 Wirkstoffe. Wendet man diese neuen Empfehlungen rückwirkend auf die stattgefundenen Verordnungen des Jahres 2021 an, so zeigt sich, dass 48 Prozent der Patient:innen einen der nun gelisteten Wirkstoffe verschrieben bekamen. Welche wichtigen Neuerungen hat das „Update“ also mit sich gebracht, die Apothekenteams kennen sollten?

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Die erste Änderung ist offensichtlich: Die Liste ist deutlich länger. Aber es sind nicht nur einzelne Wirkstoffe hinzugekommen, sondern ganze Indikationsgebiete sind erstmalig berücksichtigt worden. Hierzu zählen Mittel gegen Parkinson und orale Antidiabetika. So weist die Priscus-Liste 2.0 nun beispielsweise Glibenclamid und Acarbose als PIM (potenziell inadäquate Medikation) aus. Neu auf der Priscus-Liste 2.0 sind auch alle selektiven COX-2-Hemmer und mittellangwirksame Benzodiazepine. Weiterhin sind für einige Wirkstoffe Obergrenzen für Dosis oder Therapiedauer festgelegt worden. Risperidon soll beispielsweise nicht länger als sechs Wochen eingesetzt werden, Ibuprofen bei Dosierungen von mehr als 1,2 g pro Tag und bei Anwendung über mehr als eine Woche von einem PPI begleitet werden. Und apropos PPI: Der Einsatz eines Protonenpumpeninhibitors für mehr als acht Wochen ist auf der Priscus-Liste ebenfalls als PIM ausgewiesen.

Häufige PIMs: PPI, NSAR und Antidepressiva

Nun sind PPI in der Dauermedikation bei weitem keine Seltenheit und auch einer der Hauptgründe, weshalb laut den Empfehlungen der neuen Liste beinahe jeder zweite geriatrische Patient aktuell mit einer PIM therapiert wird. „Mehr als jede zweite Priscus-2.0-Arzneimittelverordnung entfällt 2021 auf die Gruppe der Protonenpumpenhemmer“ heißt es im Arzneimittel-Kompass 2022. Weiterhin gehören viele der verordneten PIMs zu den Wirkstoffgruppen der nichtsteroidalen Antiphlogistika und Antirheumatika sowie Antidepressiva.

Wichtig ist den Herausgebern der Liste jedoch der Hinweis darauf, dass es sich bei der Priscus-Liste keinesfalls um eine „allgemeingültige Negativ- oder gar Verbotsliste“ handelt. „Patientenindividuell kann eine PIM-Verordnung trotzdem notwendig sein“.


Gesa Gnegel, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (gg)
redaktion@daz.online


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