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Die Kassen haben großzügig erklärt, die Festbeträge für Kinderarzneimittel auszusetzen. Nachhaltig nutzen wird das wohl weder kurz- noch langfristig etwas. Man kann das Ganze als PR-Maßnahme verbuchen, um die medialen Wogen etwas zu glätten, aber sicher nicht als Durchbruch beim Kampf gegen Lieferengpässe. Ein Kommentar von DAZ-Chefredakteurin Julia Borsch.
„Durchbruch beim Kampf gegen Lieferengpässe“ war auf der Webseite der Tagesschau am gestrigen Dienstagmorgen zu lesen. Dahinter steckt aber nicht der überraschende Fund eines geheimen, den Jahresbedarf an Fiebersäften bergenden Arzneimittelgroßlagers oder der Expressneubau von drei Fabriken zur Herstellung von Kinderarzneimitteln auf europäischem Boden. Gemeint war lediglich der Beschluss des GKV-Spitzenverbands, die Festbeträge für eine Reihe von Kinderarzneimitteln für drei Monate auszusetzen. Das soll allen Beteiligten Zeit verschaffen, die strukturellen Probleme zu lösen, erklären die Kassen. Laut Bundesgesundheitsministerium basiert der Beschluss auf einer bereits vor Weihnachten mit den Kassen getroffenen Absprache.
Wer sich mit der Thematik befasst, kommt schnell zu dem Schluss, dass diese vermeintlich großzügige Ankündigung wenig nützen wird – vor allem nicht kurzfristig zur Überbrückung.
Denn ohne Ware spielt auch der Festbetrag keine Rolle. Wenn nichts da ist, ist es ein Leichtes zu sagen, man bezahle jeden Preis. Und davon, dass die Hersteller nun palettenweise Arzneimittel nach Deutschland umleiten oder innerhalb kürzester Zeit Unmengen nachproduzieren, ist nicht auszugehen. Schließlich hat eine Vielzahl der Kassen die Festbeträge bei den Fiebermitteln bereits ausgesetzt. Und wenn Rabattartikel nicht lieferbar sind, werden Mehrkosten ohnehin erstattet. In der Praxis ändert sich also gar nicht so viel. Deutlich sinnvoller scheint hier als kurzfristige Lösung die Maßnahme der Ersatzkassen, gegebenenfalls unbürokratisch auch Rezepturen zu erstatten.
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Die Maßnahme ist zudem auf drei Monate befristet. Die Kassen haben bereits kundgetan, dass sie mehr Geld für die Pharmaindustrie für keine nachhaltige Lösung des Problems halten. Womit sie, wenn es die einzige Maßnahme bleibt, vermutlich recht haben. Daran, dass für die Industrie – zumindest nach eigener Aussage – die Herstellung beziehungsweise der Verkauf bestimmter Arzneimittel auf dem deutschen Markt ein Minusgeschäft ist, wird sich auch erstmal nichts ändern. Ein paar Cent werden auch keinen Hersteller bewegen, seine Produktion zurück nach Europa zu verlagern. So bleiben die Hauptursachen der Engpässe bestehen und damit dürfte der Effekt der ausgesetzten Festbeträge vor allem, darin liegen, die medialen Wogen kurzzeitig zu glätten.
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Viel wichtiger als solche PR-Maßnahmen ist daher die Forderung der Kassen, dass der Gesetzgeber gesetzliche Vorgaben schaffen muss, um die bestehenden Lieferprobleme bei der Arzneimittelversorgung strukturell anzugehen. Dazu gehört auch, die Vorgaben für Ausschreibungen und die Preispolitik der Kassen zu überdenken. Dass das notwendig ist, ist allerdings keine neue Erkenntnis. Man kann nur hoffen, dass der derzeitige Aktionismus der Politik diesmal Früchte trägt – und nicht mit der aktuellen Infektionswelle und einer nachlassenden Nachfrage nach Fiebermitteln und Antibiotika wieder abflaut.
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