Pharmacon Schladming 2023

Red Flags in der Selbstmedikation bei Kindern

Schladming - 17.01.2023, 16:45 Uhr

Apothekerin Dr. Miriam Ude und Kinderarzt Dr. Steffen Fischer beim Pharmacon in Schladming. (s / Foto: DAZ / dab)

Apothekerin Dr. Miriam Ude und Kinderarzt Dr. Steffen Fischer beim Pharmacon in Schladming. (s / Foto: DAZ / dab)


Häufig kommen Eltern in die Apotheke, um OTC-Präparate für Ihren Nachwuchs zu kaufen. Doch wann sind die Grenzen der Selbstmedikation bei Kindern erreicht? Die Apothekerin Dr. Miriam Ude und der Arzt Dr. Steffen Fischer berichteten auf dem Pharmacon in Schladming über mögliche Behandlungsoptionen und Red Flags bei Fieber, Husten, Durchfall und Obstipation.

„Ich hätte gerne ein Präparat gegen Fieber für meine zweijährige Tochter“ – mit ähnlichen Beispielen aus der Praxis führten Apothekerin und Referentin Dr. Miriam Ude, Stern-Apotheke in Darmstadt, und Dr. Steffen Fischer, Kinderarzt am Paediatricum in Hochheim am Main, durch ihren praxisnahen Vortrag auf dem 51. Pharmacon in Schladming.

Fieber nach Zustand des Kindes und nicht nach Wert therapieren

Fieber tritt bei Kindern häufig auf, aber wann muss therapiert werden? Hat ein Kind erhöhte Temperatur, zeigt sich allerdings unbeeinträchtigt, sollte man es zunächst beobachten. Ein Antipyretikum ist nicht unbedingt nötig, denn bei Fieber sollte man nach dem Zustand des Kindes und nicht nach dem Temperaturwert therapieren. Anders sieht es aus, wenn …

  • es sich um ein Neugeborenes unter drei Monaten handelt, denn bei dieser Altersklasse gilt bereits eine Temperatur von 37,8 °C als hohes Fieber, wobei Sepsis-Gefahr besteht. Deshalb sollten Kinder dieser Altersklasse bei Fieber unbedingt zum Arzt bzw. ins Krankenhaus.
  • Vorerkrankungen, wie Herzfehler, Epilepsie, Immundefekt oder Diabetes mellitus bekannt sind. Diese Kinder sollten auch im unbeeinträchtigten Zustand antipyretisch therapiert werden.
  • das Kind leidet, Schmerzen hat, eine Trinkschwäche oder Inappetenz zeigt. Dann sind Antipyretika angezeigt. Je nach Zustand sollte das Kind zum Arzt bzw. ins Krankenhaus.
  • vom Kind ein Acetongeruch (ähnlich wie Apfelessig, Nagellackentferner) ausgeht. Dann sollte ebenfalls ein Arzt bzw. ein Krankenhaus aufgesucht werden.

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Husten kann ein Symptom vieler Erkrankungen, zum Beispiel einer Erkältung oder Asthma, sein. Daher ist es wichtig, einen Selbstmedikationswunsch in dieser Indikation gut zu hinterfragen. 

Harmloser Husten oder Fall für den Notarzt?

Hat ein Kind einen leichten Reizhusten ohne Fieber oder weitere Symptome bzw. hat es Husten und Heiserkeit und geringes Fieber, können unter anderem Flüssigkeitszufuhr, Kochsalz-Inhalationen und Mukolytika helfen. Liegt bei dem Kind allerdings eine 

  • Grunderkrankung vor und
  • hat es einen bellenden Husten und sind Stridor oder andere Ein- bzw. Ausatmungsgeräusche zu hören, so sollte der Hausarzt oder Notdienst aufgesucht werden.
  • Das gilt ebenfalls bei sehr starkem Husten sowie
  • Husten begleitet von Fieber und einem Krankheitsgefühl oder Bauchschmerzen.
  • Treten Blässe oder Zyanose, Brustschmerzen oder bei Säuglingen „Nasenflügeln“ auf, so muss dringend der Rettungsdienst gerufen bzw. ein Notarzt aufgesucht werden.

Bei Durchfall und Erbrechen auf Flüssigkeitszufuhr achten

Fischer schickte bei dem Thema Durchfall und Erbrechen eine gute Nachricht vorweg: „Fast alle in Deutschland erworbenen Gastroenteritiden sind selbstlimitierend“. Das impliziert auch, dass man bei einem Wunsch nach einem Durchfallmittel nach einem kürzlichen Auslandsaufenthalt fragen sollte. Wichtig ist, auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten und eine Dehydrierung mit Elektrolytlösungen auszugleichen. Diese können in Wasser oder ungesüßtem Tee aufgelöst werden. Ein Arzt aufgesucht werden sollte, wenn das Kind einen schlechten Allgemeinzustand bzw. ein ausgeprägtes Krankheitsgefühl zeigt, sowie, wenn Fieber oder blutiger Stuhl auftritt. Eine Exsikkose in Kombination mit einer Azidose und Bauchschmerzen kann auf einen entgleisten Diabetes mellitus hinweisen.

Therapie der Obstipation mitunter langwierig

Tritt bei Säuglingen oder Kindern akut Verstopfung auf, können beispielsweise Miniklistiere eingesetzt werden. Teilweise muss nicht die vollständige Menge appliziert werden, worauf man die Eltern hinweisen sollte. Klistiere mit phosphathaltigen Lösungen (z. B. Klysma salinisch) dürfen nicht bei Kindern unter sechs Jahren angewendet werden.

Tritt die Obstipation anhaltend auf oder leidet das Kind zusätzlich unter Fieber, hat Gewichtsverlust oder Blut im Stuhl, muss ein Arzt aufgesucht werden.

Bei einer chronischen Verstopfung werden häufig macrogolhaltige Präparate eingesetzt. Die Behandlung ist oft langwierig und es können Rezidive auftreten, worüber man die Eltern informieren sollte.


Desiree Aberle, Apothekerin, Redakteurin DAZ
redaktion@daz.online


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