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Umwelt und Gesundheit
Wie der Gesundheitssektor umweltfreundlicher werden kann
Umweltschutz ist Gesundheitsschutz. Aktuell ist jedoch auch der deutsche Gesundheitssektor durch seine Treibhausgasemission und Müllproduktion ein relevanter Mitverursacher von Umwelt- und Klimaschäden. Was sich aus Sicht des „Centre for Planetary Health Policy“ auf nationaler und europäischer Ebene ändern muss, und welche Rolle Apotheker:innen hierbei zukommt, ist Gegenstand des jüngsten Policy Briefs der Denkfabrik.
Knapp fünf Prozent der globalen Treibhausgasemissionen entstehen im Gesundheitssektor – das ist mehr als beispielsweise durch den Flugverkehr emittiert wird. Auch das deutsche Gesundheitswesen ist noch ein ganzes Stück davon entfernt, sich als umweltfreundlich bezeichnen zu können. Und das, obwohl Umweltschutz doch gleichzeitig auch Gesundheitsschutz ist – Hitzewellen, Luftverschmutzung, Arzneimittelrückstände im Wasser. All dies hat nicht nur Folgen für Klima und Umwelt, sondern nimmt auch direkten Einfluss auf unsere Gesundheit. Rasches Handeln ist also nötig – nur wie?
Dieser Fragestellung haben sich das „Centre for Planetary Health Policy“ (CPHP) und die „Bucerius Law School“ gewidmet. Sie zeigen nun in einem zwölfseitigen Policy Brief sieben Kernmaßnahmen mit großer Hebelwirkung auf. Zielgruppe ist in erster Linie die Gesetzgebung, aber auch für pharmazeutisches Gesundheitspersonal gibt es zwei Empfehlungen.
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Die erste Empfehlung setzt beim Zulassungsverfahren von Humanarzneimitteln an. Bislang muss den Zulassungsunterlagen zwar eine Umweltverträglichkeitsprüfung beigefügt werden. Deren Ergebnis bleibt für die Zulassungsentscheidung jedoch weitgehend folgenlos. Wird ein negativer Umwelteinfluss festgestellt, sind Zulassungsinhaber lediglich verpflichtet mögliche Maßnahmen zur Risikominimierung bei Lagerung, Anwendung und Entsorgung des Arzneimittels aufzuzeigen. Hier empfehlen die Autorinnen des Policy Briefs eine Nachschärfung: Das Ergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung solle in die Zulassungsentscheidung einbezogen und aus den Empfehlungen zur Risikoreduktion sollen verbindliche Risikoreduktionsmaßnahmen werden.
Ausführlich gehen die Autorinnen auch auf die Notwendigkeit ein, die Generikaproduktion innerhalb der EU zu fördern. Eine Forderung, die auch angesichts der sich häufenden Lieferengpässe häufig zu hören ist. Nebst Vorteilen für die Versorgungssicherheit könne so die Einhaltung ökologischer und arbeitsrechtlicher Standards sowie der Schutz natürlicher Ressourcen verbessert werden. Hierfür müssen unter anderem die Rabattverträge der Krankenkassen überdacht werden, die durch starken Preisdruck die Auslagerung der Produktion in Drittstaaten fördere.
Auch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz biete Potenzial für ein umweltfreundlicheres Gesundheitssystem. Durch dieses Gesetz würden ab Januar 2023 zwar beispielsweise Verschmutzungen von Böden, Gewässern und der Luft erfasst, die Risiken für die menschliche Gesundheit darstellen können, weitere umwelt- und klimarelevante Aspekte wie die Treibhausgasemissionen und Auswirkungen auf die Artenvielfalt blieben aktuell aber unberücksichtigt. Hier sehen die Autorinnen von CPHP und der „Bucerus Law School“ Nachbesserungsbedarf im Sinne der Aufnahme dieser beiden Kriterien.
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Weiterhin empfehlen die Autorinnen:
- Eine verpflichtende Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien in der Ausschreibung für Arzneimittel.
- Transparente, öffentlich zugängliche Daten zu den Klima- und Umweltauswirkungen von Neu- und Altarzneimitteln.
- Die Reduktion von Verschwendung und unsachgemäßer Entsorgung.
- Die Aus- und Weiterbildungen für Pharmazeut:innen im Hinblick auf Umweltschutz und Nachhaltigkeit.
In der Einschätzung des Vereines demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VdPP) sind diese aufgezeigten Maßnahmen durchgehend wichtig und richtig. Allerdings sei der Brief nicht komplett, so fehlen aus Sicht des VdPP weiterreichende Aspekte, wie beispielsweise das Verbot von Arzneimittelwerbung für OTC-Arzneimittel. Auch die Verantwortung der Krankenkassen, wenn es um die Ausschreibung und Kriterien bei der Vergabe von Rabattverträgen geht, müssten genauer aufgearbeitet werden, heißt es in einer VdPP-Pressemitteilung. „Daher hoffen wir, dass weitere Policybriefe die Thematik vertiefen werden.“
Welchen Beitrag Apothekenteams leisten können und sollen
Aber auch für Apotheker:innen mit Kundenkontakt hält der Policy Brief zwei Empfehlungen bereit und hebt die Relevanz ihres Mitwirkens hervor:
Abgabestellen wie Apotheken haben großen Einfluss auf die bedarfsgerechte Verwendung und Entsorgung von Arzneimitteln und können somit die Eintragswege von Pharmazeutika in die Umwelt reduzieren. Hier spielen Apotheker:innen als direkte Kontaktpersonen der Endverbraucher:innen eine wesentliche Rolle. So ist es berufsrechtliche Pflicht der Apotheker:innen, die Patient:innen zu informieren und zu beraten, einschließlich sachgerechter Aufbewahrung und Entsorgung der Arzneimittel.“
Aufgabe von Apotheker:innen mit Kundenkontakt sei also zum einen die Beratung über die umweltfreundlichste Therapieoption, wenngleich diese wohl nur im OTC-Bereich von praktischer Relevanz sein dürfte. Eine Hilfestellung hierfür bietet die schwedische Datenbank janusinfo.se, in der pharmazeutisches Fachpersonal nach Wirkstoffen recherchieren und sich umweltfreundlichere Alternativen anzeigen lassen kann (verfügbar auf Englisch und Schwedisch). Zum anderen sollen Apothekenteams ihre Kundschaft auf die sachgerechte Entsorgung von Altarzneimitteln hinwiesen. Da diese in Deutschland nicht einheitlich geregelt ist, kann unter arzneimittelentsorgung.de der für den jeweiligen Landkreis zutreffende Entsorgungsweg nachgeschlagen werden. Der wichtige Hinweis darauf, Altarzneimittel niemals über Spüle oder Toilette zu entsorgen (auch nicht, um die dann entleerte Flasche in den Altglascontainer werfen zu können!) ist jedoch deutschlandweit gültig.
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