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Grundlagenforschung
Kalium-Kanal in Spermien – Ansatz für hormonfreie Kontrazeptiva?
Eine experimentelle Substanz, die in vitro den für mehrere Funktionen der Spermien wichtigen Kaliumkanal SLO3 hemmt, weckt Hoffnungen auf neue, nicht-hormonelle Verhütungsmethoden. Als Grundlage für eine „Pille für den Mann“ ist dieses Target aber vermutlich ungeeignet.
Kondom, Diaphragma, Spirale, Pille, Vaginalring: Zwar gibt es mittlerweile eine gewisse Bandbreite an Methoden zur Empfängnisverhütung. Die meisten von ihnen fallen jedoch entweder in die Kategorie der Barrieremethoden, bei denen ein Durchtritt von Spermien in den weiblichen Fortpflanzungstrakt verhindert wird, oder stellen Derivate der weiblichen Sexualhormone Östrogen und Gestagen dar, die von Frauen meist oral oder vaginal angewendet werden. Das am häufigsten verwendete hormonelle Kontrazeptivum, die „Pille“, wird aber bei Frauen zunehmend unbeliebter. So meldeten Krankenkassen in den letzten Jahren rückläufige Verordnungszahlen dieses Verhütungsmittels bei jungen Frauen. Ein Grund hierfür dürfte die Sorge vor Nebenwirkungen wie Depressionen oder thrombotischen Ereignissen sein. Nebenwirkungen waren auch der Grund, weshalb Ansätze für eine vom Mann durchzuführende hormonelle Kontrazeption bislang ohne Erfolg blieben. Umso spannender ist daher die Suche nach Ansätzen für nicht-hormonell wirkende Kontrazeptiva.
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Ein mögliches Target für solcherlei Ansätze, könnte der Kalium-Kanal SLO3 sein, der beim Menschen ausschließlich in Spermien exprimiert wird. Dieser durch Calcium aktivierbare Kanal, bewirkt einen Ausstrom von Kaliumionen aus dem Spermium und führt somit zu einer Hyperpolarisation der Zelle. Letztere ist eine Voraussetzung für das Verschmelzen von Spermium und Eizelle und spielt auch bei der Fortbewegung der Spermien eine Rolle. Nachdem bereits 2014 Brenker et al. die Funktionen von SLO3 in menschlichen Spermien untersucht hatten, fanden Forschende aus den USA und Belgien nun eine Substanz (VU0546110), die in vitro spezifisch eben diesen Kanal zu hemmen vermag. So konnten sie die Schlüsselrolle von SLO3 für die Spermienfunktion bestätigen und zeigen, dass dessen Funktion nicht durch andere Kaliumkanäle wie SLO1 übernommen werden kann.
Hormonfreie Verhütung, aber wieder für die Frau?
Dieses Ergebnis wirft nun zwei spannende Anschlussfragen auf: Zum einen könnten Mutationen im SLO3-Gen eine mögliche Ursache für Fertilitätsstörungen beim Mann sein. Zum anderen könnte eine SLO3-Blockade ein möglicher therapeutischer Ansatz für eine hormonfreies Kontrazeptivum darstellen. Bis dahin sei es „noch ein weiter Weg, der sich aber lohnen könnte“ kommentiert Prof. Dr. Artur Mayerhofer von der Ludwig-Maximilians-Universität München. Hoffnungen auf eine „Pille für den Mann“ weckt er aber keine. „Aufgrund der beschriebenen Ergebnisse kann ich mir vorstellen, dass ein auf VU0546110 basierendes Verhütungsmittel primär vaginal zum Beispiel als Verhütungsgel/-creme angewendet werden könnte.“
Und falls es doch gelingen sollte, einen oral anwendbaren Wirkstoff zu entwickeln? Dann müsse untersucht werden, „ob denn der Mann oder nicht eher die Frau einen SLO3-Inhibitor zur Verhütung einnehmen müsste. Denn der SLO3-Kanal und die Spermien müssen ja nicht im männlichen, sondern erst im weiblichen Körper ihre Funktion erfüllen“ ergänzt Prof. Dr. Timo Strünker vom Universitätsklinikum Münster. Immerhin: „Eines scheint (…) sicher: man wird in Zukunft von weiteren spannenden Ergebnissen in dieser Frage hören.“
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