Rezeptur

Der erste Ringversuch 2023: Dexamethason-Hydrogel

Stuttgart - 23.01.2023, 12:15 Uhr

Homogen suspendiert und frei von Pulvernestern – so sollte das fertige Hydrogel mit Dexamethason aussehen.  (Foto: Kat Ka / AdobeStock)

Homogen suspendiert und frei von Pulvernestern – so sollte das fertige Hydrogel mit Dexamethason aussehen.  (Foto: Kat Ka / AdobeStock)


Ringversuche bieten die Gelegenheit, das eigene Rezepturwissen auf dem aktuellen Stand zu halten. Die Herausforderung beim ersten Ringversuch im Jahr 2023: ein praktisch wasserunlöslicher Wirkstoff soll als Hydrogel zum Einsatz kommen.

 Ringversuche bieten Apothekenteams regelmäßig die Möglichkeit, die Qualität der von ihnen angefertigten Arzneimittel nachweisen. Die Ergebnisse werden den Apotheken spätestens 12 Wochen nach dem jeweiligen Herstellungstermin mitgeteilt. Im ersten Ringversuch im Jahr 2023 steht ein Hydrogel mit dem häufig verordneten Wirkstoff Dexamethason auf der Agenda, wie es beispielsweise bei der Schuppenflechte am Kopf zum Einsatz kommen könnte.

Was es bei Dexamethason in der Rezeptur zu beachten gibt

Dexamethason gehört – je nach verwendeter Konzentration – zu den schwach beziehungsweise mittelstark wirksamen Glucocorticoiden. In Zubereitungen wird es hauptsächlich wegen seiner entzündungshemmenden und antiallergischen Eigenschaft eingesetzt. 

Das weiße Pulver ist in Wasser praktisch unlöslich und auch in Ethanol löst sich die Substanz nur wenig. Die therapeutische Konzentration von Dexamethason liegt bei 0,01 bis 0,1 Prozent. Wird die obere Richtkonzentration von 0,1 Prozent überschritten, muss der Arzt dies auf dem Rezept gesondert vermerken. Andernfalls ist vor der Herstellung eine Rücksprache notwendig. 

Der rezeptierbare pH-Bereich von Dexamethason liegt bei pH 2 bis 7, mit basischen Wirk- und Konservierungsstoffen besteht daher eine Unverträglichkeit. Zur Konservierung Dexamethason-haltiger Rezepturen kann Sorbinsäure sowie das pH-unabhängig wirksame Propylenglycol verwendet werden. 

Zur Verarbeitung von Dexamethason gibt es derzeit keine geprüften NRF-Vorschriften. Im DAC/NRF-Rezepturenfinder finden sich aber zwei Gelzubereitungen mit Dexamethason. Vorschläge dazu sind auch in der Ziegler Rezeptur-Bibliothek aufgeführt.

Dexamethason ist praktisch wasserunlöslich

Aufgrund seiner schlechten Wasserlöslichkeit liegt Dexamethason in hydrophilen Gelen suspendiert vor. Die Rezeptursubstanz sollte daher in mikrofein gepulverter Form verarbeitet werden. 

Bei Zugabe der Gelgrundlage dürfen sich keine Pulvernester bilden. Daher muss der Wirkstoff zunächst mit einer geeigneten Flüssigkeit wie Glycerol 85 % oder der Grundlage selbst angerieben werden. Wie bei der Herstellung von Suspensionszubereitungen üblich, ist die Anwendung von Wärme unbedingt zu vermeiden. 

Welche Grundlagen für das Dexamethason-Hydrogel?

Hydrogele mit Dexamethason kommen unter anderem bei Psoriasis capitis (Schuppenflechte auf der Kopfhaut) zum Einsatz. Als Gelgrundlage kann dabei das vorgefertigt erhältliche Gel Cordes oder das Carmellose-Natrium-Gel DAB verwendet werden. 

Die Hydrogel-Grundlage Gel Cordes der Firma Ichthyol kann neben der normalen Haut auf der behaarten Kopfhaut und im Bereich der Schleimhäute angewendet werden, da es sich mit Wasser gut abwaschen lässt. 

Gel Cordes enthält als Gelbildner Poloxamer 407. Dabei handelt es sich um ein nichtionisches, tensidartiges Polymer mit einem zentralen Propylenglycol-Teil, der an beiden Enden mit einem Macrogol-Anteil verknüpft ist. Mit Wasser können haut- und schleimhautverträgliche Gele erhalten werden. 

Durch das enthaltene Propylenglycol ist die Grundlage vor mikrobiellem Verderb geschützt. Citronensäure und Dinatriumhydrogenphosphat-Dihydrat stellen den pH-Wert im leicht sauren Bereich zwischen pH 5,5 und 7,0 ein. Zubereitungen mit Gel Cordes können ohne Wärmeanwendung in der Fantaschale mit Pistill oder im automatischen Rührsystem hergestellt werden. 

Identitätsprüfung bei Gel Cordes

Zur Herstellung von Arzneimitteln in der Apotheke dürfen nach § 11 ApBetrO nur Ausgangsstoffe verwendet werden, deren ordnungsgemäße Qualität festgestellt wurde. Dies gilt selbstverständlich auch für die verwendeten Rezepturgrundlagen. 

Diese müssen vom Hersteller zusammen mit einem Prüfzertifikat in die Apotheke geliefert werden, welches bei der Eingangskontrolle auf Gültigkeit, Plausibilität und Vollständigkeit geprüft wird. Liegt ein vollständiges Zertifikat nach § 6 ApBetrO vor, muss die Apotheke noch die Identität der Grundlage prüfen. Dazu kann beim Gel Cordes laut Herstellerfirma der Brechungsindex bestimmt werden. 

Weiterhin wird ein nasschemischer Nachweis der Macrogol-Gruppen des Gelbildners vorgeschlagen. Dazu wird aus Ammoniumthiocyanat und Cobalt(II)-nitrat-Hexahydrat zunächst eine Lösung hergestellt. Bei Zugabe zum Gel kann ein Farbumschlag beobachtet werden.

Einwiegen, Anreiben, Einarbeiten: Herstellung in der Fantaschale

Dexamethason 0,1% in Gel Cordes
Dexamethason (mikrofein)0,1 g
Gel Cordeszu 100,0 g

Zunächst wird der mikrofein gepulverte Wirkstoff auf der Analysenwaage mithilfe einer Wägeunterlage abgewogen und in eine mit Pistill tarierte Fantaschale überführt. Zur Inprozesskontrolle ist eine Rückwägung der Wägeunterlage empfehlenswert. Der angezeigte Wert darf dabei nicht höher sein als 1,0 Prozent der Wirkstoffmasse. 

Nun werden rund 10 Prozent der Gelgrundlage dazugeben und das Dexamethason gründlich unter mehrmaligem Abschaben angerieben. Die erhaltene Masse muss gleichmäßig und frei von Pulveragglomeraten sein. In Anteilen kann anschließend die restliche Menge an Gel Cordes dazugegeben und jeweils unter häufigem Abschaben eingearbeitet werden. Am Ende der Herstellung liegt das Dexamethason homogen suspendiert in der Grundlage vor, Agglomerate dürfen nicht zu erkennen sein.

Sandwich-Verfahren: Herstellung im automatischen Rührsystem

Die Herstellung des Gels kann auch mithilfe automatischer Rührsysteme erfolgen. Dabei ist es wichtig, dass nach dem Sandwich-Verfahren vorgegangen wird: Zunächst wird die Hälfte der Grundlage eingewogen und glatt gestrichen. Danach wird das mikrofein gepulverte Dexamethason ringförmig zum Krukenrand aufgestreut. Nach Zugabe des Arzneistoffs kann die andere Hälfte der Grundlage dazugegeben werden. 

Bei der Auswahl der Mischparameter sind die gerätespezifischen Angaben der Hersteller zu beachten. Für eine Ansatzmenge von 100 Gramm kann eine Mischdauer von zwei Minuten bei 1700 UpM empfohlen werden. 

Die Frage der Haltbarkeit

Die fertige Zubereitung kann in eine Aluminiumtube oder eine Spenderdose abgefüllt werden. Bei der Kennzeichnung sollte der Lagerungshinweis „Nicht im Kühlschrank aufbewahren!“ berücksichtigt werden. 

Bitte nicht kühlen

Poloxamer-Gele zeigen ein thermoreversibles Verhalten: Bei niedrigen Temperaturen (z. B. Lagerung im Kühlschrank) sind die Gele flüssig, beim Erwärmen verfestigen sich die Zubereitungen wieder.

Suspensionen mit Gel Cordes dürfen somit nicht im Kühlschrank aufbewahrt werden, da nach der reversiblen Verflüssigung keine homogene Verteilung des Wirkstoffs mehr vorliegen würde. 

Die Herstellerfirma gibt für 0,1% Dexamethason in Gel Cordes eine geprüfte Mindesthaltbarkeit von acht Wochen an. Innerhalb dieses Zeitraums weicht der Wirkstoffgehalt nicht mehr als 10 Prozent vom angegebenen Wert ab und auch die galenische Stabilität ist gewährleistet. 

Vorschlag zur Kennzeichnung

Frau Emma Muster

Abends dünn auf die Kopfhaut auftragen.    

Hergestellt am: 12.01.2023
Verwendbar bis: 13.03.2023

„Nicht im Kühlschrank aufbewahren.“

Name und Anschrift der Apotheke

100 g Dexamethason 0,1% in Gel Cordes


Dexamethason 0,1 g

Poloxamer 407, Butylhydroxytoluol, Citronensäure, Dinatriumhydrogenphosphat-Dihydrat, Propylenglycol, Gereinigtes Wasser

Carmellose-Natrium-Gel DAB als Grundlage

Weiterhin kann Dexamethason auch mit der offizinellen Grundlage Carmellose-Natrium-Gel DAB verarbeitet werden. Die Grundlage enthält mit Carmellose-Natrium 600 einen ionischen Gelbildner. Es handelt sich dabei um das Natriumsalz der Carboxymethylcellulose. Wie bei den Celluloseethern üblich gibt die nachgestellte Zahl die Viskosität einer 2%igen Zubereitung in mPa·s an. 

Dexamethason 0,1% -Carmellose-Gel
Dexamethason (mikrofein)0,1 g
Carmellose-Natrium 6005,0 g
Glycerol 85%10,0 g
Kaliumsorbat0,1 g
Sorbinsäure0,1 g
gereinigtes Wasserzu 100,0 g

Vor der Zugabe des Wirkstoffs muss zunächst die Gelgrundlage hergestellt werden. Celluloseethergele lassen sich bei manueller Zubereitung nach verschiedenen Methoden herstellen: Möglich wäre das Aufstreuen des Gelbildners auf die Oberfläche der Flüssigkeit, dieser wird dann unter starkem Rühren dispergiert. Der Gelbildner kann auch mit Glycerol 85% angerieben und dann im gereinigten Wasser verteilt werden. 

Zur Konservierung wird in der Rezepturvorschrift eine Mischung aus Sorbinsäure und Kaliumsorbat vorgeschlagen. Da die Sorbinsäure jedoch schlecht wasserlöslich ist, müsste der Ansatz dazu erhitzt werden. Einfacher wäre es daher, statt der Sorbinsäure das besser wasserlösliche Salz Kaliumsorbat (0,14%) zu verwenden und durch anschließende Zugabe von Citronensäure (0,07%) eine ausreichende Menge an Sorbinsäure daraus freizusetzen (zur Erinnerung: Kaliumsorbat zeigt im Gegensatz zur Sorbinsäure keine antimikrobielle Wirkung). 

Bei Abgabe in einer Spenderdose beträgt die Aufbrauchsfrist der Zubereitung sechs Monate, beim Abfüllen in eine Aluminiumtube ein Jahr.


Dr. Annina Bergner, Apothekerin, Autorin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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