Aus der Apotheke, für die Apotheke (Teil 5)

Frag die Apotheke: Erst beraten, dann verkaufen

München - 24.01.2023, 07:00 Uhr

„Frag die Apotheke“ will die Kräfte der Apotheker bündeln und diesen ein starkes digitales Sprachrohr sein. (Quelle: frag-die-apotheke.de) 

„Frag die Apotheke“ will die Kräfte der Apotheker bündeln und diesen ein starkes digitales Sprachrohr sein. (Quelle: frag-die-apotheke.de) 


Frag nicht Google, sondern die Apotheke. Mit diesem Ansatz hat der Dürener Apotheker Steffen Kuhnert das Webportal „Frag die Apotheke“ ins Leben gerufen. Das Ziel: die Apothekerschaft digital vereinen, über deren Beratungskompetenz Kunden gewinnen und ihnen anschließend über einen integrierten Onlineshop die passenden Arzneimittel verkaufen. Auf diese Weise wollen Kuhnert und seine 97 Mitgesellschafter – allesamt Apotheker – die Kräfte der Zunft bündeln und den erstarkenden Onlineanbietern entgegensetzen.

Der Start verlief still und weitgehend unbemerkt im Spätsommer 2022: Da schalteten Steffen Kuhnert, 49, und seine Mitarbeiter die Beta-Version von „Frag die Apotheke“ live. Ohne große Werbung, erstmal antestend, Erfahrungen sammelnd, während sie seitdem im Hintergrund weiterarbeiten an der eigentlichen großen Lösung für das Start-up.

Die basiert nach den Worten des Dürener Apothekers und Unternehmers auf folgenden Beobachtungen und Erfahrungen: Da ist auf der einen Seite der Aufstieg der Arzneimittel-Onlineshops, eine ernstzunehmende Konkurrenz für die Vor-Ort-Apotheken. Andererseits falle es der einzelnen Apotheke schwer, im digitalen Raum sichtbar zu sein. „Frag die Apotheke“ will dieses Dilemma auflösen, die Kräfte der Apotheker bündeln und diesen ein starkes digitales Sprachrohr sein.

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Das, so Kuhnert, kann nach seiner Überzeugung aber nicht über die Produkte, also die Arzneimittel laufen. Denn die seien im Grunde austauschbar, egal, ob diese in einer Vor-Ort-Apotheke oder im Arzneimittel-Onlineshop erworben werden. Auch über den Preis der Produkte könnten sich die Apotheken nicht vom Wettbewerb abgrenzen. Was sie hingegen einzigartig macht, ist nach Kuhnerts Erkenntnis deren Beratungskompetenz. Auf diesem Weg will er mit seiner Geschäftsidee die Endkunden erreichen und damit gleichzeitig das digitale Gewicht der Apotheker im Wettbewerb gegen die erstarkenden Onlinedienste stärken.

Noch in der Vorleistung

Dabei ist der vordergründige Aufbau der Webseite simpel: Bei „Frag die Apotheke“ stellen Kunden Fragen zu Gesundheitsthemen, Apotheker beantworten diese. Die Themenpalette ist breit: „Wie lindere ich akute Heuschnupfensymptome?“ „Habe ich eine Erkältung, oder könnte es auch eine Allergie sein?“ „Sind Hämorrhoiden ansteckend?“

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Soweit der Status Quo, der seit Spätsommer 2022 live ist. Nur: Geld verdienen lässt sich damit aktuell nicht, das gibt auch Kuhnert zu. „Wir sind immer noch stark in der Phase der Vorleistung.“ Allerdings ist seine Geschäftsidee damit auch noch nicht zu Ende. Aktuell arbeiten er und seine Programmierer an der nächsten Version von „Frag die Apotheke“, die im Frühjahr 2023 freigeschaltet werden soll. Die soll zusätzlich einen Onlineshop enthalten. Das Ziel ist, dass sich die Kunden erst beraten lassen und anschließend das für ihr Anliegen passende Medikament online kaufen.

98 Apotheker als Gesellschafter

Um seine Geschäftsidee strukturell und finanziell auf die Beine zu stellen, hat Kuhnert über sein persönliches Netzwerk 97 weitere Apotheker gewonnen. Die haben sich Ende 2021 finanziell eingebracht und wurden über eine Beteiligungsgesellschaft außerdem zu Gesellschaftern der „FDA FragDieApotheke GmbH“. Knapp 400.000 Euro hat diese etwas spezielle Art der Crowdfinanzierung eingebracht. Allerdings, räumt Kuhnert ein, würde er das heute nicht mehr so machen – der Arbeitsaufwand war einfach zu groß.

In einem zweiten Schritt hat er weiteren Apothekern einmalig ein „Life-Time-Package“ angeboten. Für eine Einlage von 3.000 Euro können diese dauerhaft die Services von „Frag die Apotheke“ nutzen. Insgesamt hat er damit bis heute etwa 150 Apotheker überzeugt und an sein Start-up gebunden.

Aber auch dabei soll es nicht bleiben. Aktuell befindet er sich nach eigenen Worten in Gesprächen mit Pharmaunternehmen, damit diese Kooperationspartner werden und die Plattform finanziell unterstützen. Um deren Produkte entsprechend auf der Webseite ins Gespräch zu bringen, soll die Auswahl der Fragen und Antworten passend zu den Indikationsgebieten der jeweiligen Unternehmen gelenkt werden. Einen ersten Partner hat Kuhnert mit Innovall aus Inning am Ammersee bereits an Bord geholt. Bis Jahresende strebt er an, mit etwa 25 Pharmaherstellern im Geschäft zu sein.

Darüber hinaus möchte er mehr Apotheken gewinnen, sich mit monatlichen Beiträgen zu beteiligen und von der erwarteten künftigen Reichweite von „Frag die Apotheke“ zu profitieren. Etwa 500 sollten es sein, damit die Unternehmung Ende dieses Jahres in den Bereich der schwarzen Zahlen kommt.

Gleichzeitig will der Dürener Unternehmer die Marketingaktivitäten hochfahren. Dabei setzt Kuhnert weniger darauf, dass die Menschen zufällig auf die Seite geraten und dort herumstöbern. Vielmehr will er „Frag die Apotheke“ an existierende Dienste andocken, auf denen bereits intensiver digitaler Traffic vorhanden ist.

Beratungskompetenz statt Webshop

Allerdings weiß Kuhnert, dass er in der digitalen Apothekenwelt nicht alleine und nicht als erster unterwegs ist. Auch Plattformen wie Apotheken.de – ein Angebot aus dem Deutschen Apotheker Verlag – oder Marktplätze wie Gesund.de haben zum Ziel, die digitale Kompetenz der Vor-Ort-Apotheken zu bündeln und diese im Netz sichtbarer zu machen. Mit, wie Kuhnert sagt, einem großen Unterschied, zumindest was die Marktplätze betrifft: „Diese gehen vor allem über den Verkauf von Produkten. Unser Weg ist ein anderer – wir gehen über die Beratungskompetenz der Apotheken, erst dann folgt der Verkauf.“ Kuhnerts Variante schafft nach seiner Einschätzung ein Vertrauensverhältnis zwischen Kunde und Apotheke. Wurde der Kunde gut beraten, sei er auch eher bereit, auf der Plattform einzukaufen.

Steffen Kuhnert (Foto: privat)

Wobei Beratung und Verkauf bei „Frag die Apotheke“ in der künftigen Version durchaus getrennt sein können, also nicht über ein und dieselbe Apotheke laufen müssen. Ziel sei es vornehmlich, dass der Kunde über den Webshop Produkte von einer Apotheke in seiner Nähe erwirbt, so Kuhnert. Damit diese Trennung in der Realität funktioniert, will der Geschäftsführer einen Finanzpool schaffen, aus dem die Apothekerinnen und Apotheker bezahlt werden, die Fragen der Kunden beantworten. Befüllt werden soll der Pool unter anderem vom Geld der industriellen Kooperationspartner.

Rechtlich sieht sich Kuhnert mit seiner Idee übrigens auf sicherem Terrain: „Die Apotheker machen bei ‚Frag die Apotheke‘ ja nichts anderes, als in der Apotheke auch – sie beraten.“ Natürlich, so der Unternehmer, dürften sie online keine Diagnosen stellen und müssten die Regeln der Berufsordnung einhalten.

Apotheker mit digitaler Affinität

Trotz der hohen Arbeitsbelastung beim Unternehmensaufbau führt Kuhnert seine beiden Apotheken in Düren unverändert weiter. Immerhin unterstützen ihn sieben fest angestellte Beschäftigte, dazu kommen immer wieder freie Mitarbeiter. Dass er dabei auf zwei unterschiedlichen Themenfeldern unterwegs ist, kommt ihm entgegen: „Ich bin von Herzen Apotheker und helfe gerne anderen Menschen. Ich beschäftige mich aber auch gerne mit digitalen Technologien.“ Mit „Frag die Apotheke“ hat Kuhnert eine Möglichkeit gefunden, beides miteinander zu verbinden.


Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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