Apothekenzahl in Großstädten

Unerklärliche Statistik

Süsel - 31.01.2023, 07:15 Uhr

Wie entwickelt sich die Apothekenzahl in den Großstädten? Eine Analyse soll Aufschluss geben, sät aber eher Zweifel an der Datengrundlage. (Foto: Daniel Schäfer / IMAGO)

Wie entwickelt sich die Apothekenzahl in den Großstädten? Eine Analyse soll Aufschluss geben, sät aber eher Zweifel an der Datengrundlage. (Foto: Daniel Schäfer / IMAGO)


In den Medien kursiert die Analyse einer Berliner Personalberatung zur Entwicklung der Apothekenzahl. Angeblich soll die Zahl der Apotheken in Großstädten 2022 um 3,2 Prozent gestiegen sein. Doch die Statistik ist nicht nachvollziehbar. In Münster soll es angeblich 21 Apotheken mehr geben, während die zuständige Kammer keine Neugründung meldet.

Der Rückgang der Apothekenzahl ist als Thema in der Öffentlichkeit angekommen. Daraufhin beschäftigen sich auch fachfremde Beobachter damit. Derzeit werden Medien über Pressemitteilungen auf eine Analyse der Berliner Personalberatung „ACC“ aufmerksam gemacht. Da sich der erste Blick beim Apothekensterben auf ländliche Regionen richtet, wird dort die interessante Frage aufgeworfen, wie die Entwicklung in Großstädten aussieht. Angeblich soll die Apothekenanzahl in den Großstädten Deutschlands allein im Jahr 2022 um 3,2 Prozent gestiegen sein, wobei nach den dortigen Angaben die Apothekenzahl in einzelnen Großstädten massiv gestiegen, aber in jeder dritten Großstadt gesunken sein soll.

Angeblich 21 neue Apotheken in Münster

Der angebliche starke Anstieg der Apothekenzahl in Großstädten ist nicht mit den Angaben der ABDA zu den fortgesetzten Schließungen vereinbar. Auch andere in der Publikation genannte Zahlen erscheinen für Kenner der Materie unglaubwürdig. In Karlsruhe soll die Apothekenzahl allein im Jahr 2022 von 61 auf 70 und in Nürnberg von 100 auf 113 gestiegen sein. Für das Jahresende 2022 wurden zumeist noch keine Kammerstatistiken veröffentlicht. Doch am Beispiel Münster wird der Irrtum offensichtlich. Dort soll die Apothekenzahl angeblich vom 78 auf 99 gestiegen sein. Es müssten also im vorigen Jahr mindestens 21 neue Apotheken in der Stadt gegründet worden sein. Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe hatte jedoch zum Jahreswechsel berichtet, dass die Zahl der Apotheken im Jahr 2022 im ganzen Kammerbezirk um 37 gesunken ist. Es seien nur sieben neue Apotheken eröffnet worden, darunter keine in Münster. Die angeblichen 21 neuen Apotheken in der Stadt können also nur ein statistisches Artefakt sein. Dementsprechend unglaubwürdig erscheinen die Schlussfolgerungen aus diesen Daten.

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In der zitierten Studie heißt es, in den aktuellen Zahlen seien jeweils nur die Apotheken berücksichtigt worden, die über die Suche der „Apothekenumschau“ angezeigt würden. Möglicherweise wurden diese Ergebnisse mit den Vorjahresdaten aus anderen Quellen verglichen, die andere Zuordnungen vornehmen. Außerdem heißt es, Frankfurt am Main sei wegen unzureichender Daten ausgeschlossen. Dies alles lässt starke Zweifel an der Eignung der Daten für die untersuchte Frage aufkommen. Hier wurde offenbar versucht, eine Auswertung zu präsentieren, bevor zuverlässige Daten vorliegen. Allerdings stammen einzelne Zahlen wohl aus geeigneten Quellen. Die Zahl der Apotheken Anfang 2022 wird für Bremen mit 140 angegeben. Das entspricht der Angabe der Apothekerkammer Bremen für das Jahresende 2021, sie muss aber nicht zwangsläufig für Anfang 2022 gelten, weil gerade zum Jahreswechsel häufig Schließungen stattfinden. Die Analyse ist allerdings in der Welt und wird vermutlich auch zitiert. Dies zeigt einmal mehr, wie wichtig eine nach Standorttypen differenzierte Analyse zur Entwicklung der Apothekenzahl wäre.


Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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5 Kommentare

Quelle Apotheken Umschau!

von Andreas Grünenebaum am 01.02.2023 um 19:12 Uhr

Ich habe nur soweit gelesen, bis ich auf die Zeile "Quelle Apotheken Umschau" stoß. Eine solche unseriöse Veröffentlichung sollte man gar nicht erwähnen!
Ich möchte nicht in Abrede stellen, dass in rasant wachsenden Städten neben den Einwohnerzahlen auch die Anzahl von Bäckereiverkaufstellen, Märkte, Drogerien, Ärzte und auch Apotheken wachsen könnte, aber in unserer kleinsten Großstadt in Hessen ist der Nettozuwachs der Apotheken in den letzten 5 Jahren trotz wachsender Bevölkerungszahl negativ und die Anzahl der Notdienste pro Monat gestiegen.

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Wer hat´s erfunden?

von Thomas B am 31.01.2023 um 18:34 Uhr

Man schaue doch einmal nach der Quelle: eine "Berliner Personalberatung"....klingelt´s?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Nicht unerklärlich, sondern...

von Michael Schmitz am 31.01.2023 um 16:29 Uhr

leicht erklärlich: Gebe ich in der Suche der Umschau "Münster" ein, dann erhalte ich in der Tat 99 Apotheken. Aber die Suche beinhaltet dann neben dem westfälischen Münster auch das hessische Münster, Münster-Sarnsheim in Rheinland-Pfalz etc. Da hat der Verfasser der Studie offensichtlich das Fach Erdkunde bereits in der Grundschule abgewählt...

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AW: Nicht unerklärlich, sondern

von Rentner am 02.02.2023 um 16:10 Uhr

Nicht nur das, auch sämtliche Apotheken mit "Münster" im Namen sind in den 99 Apotheken "in Münster" enthalten:
Von der Münster-Apotheke in Aachen bis zu der in Titisee-Neustadt ... Naja, "Personalberatung" und "Apotheken-Umschau" ... mehr muss man nicht wissen!

... auf die Mühlen der Apothekenhasser

von Wasser ... am 31.01.2023 um 9:56 Uhr

Wow! Ich nehme die uralt-Daten von vor 10 Jahren aus einer Qualitätsdatenbank (Rentner-Bravo) und verkaufe die als aktuell! Dummdreister geht immer! Da wedeln dann gleich die Piechottas, Frankes, Dittmars mit den Thelens, Mihms, Knieps, Pfeifers und Konsorten um die Wette. Da geht denen das Herz auf! Gleich nochmal das Honorar kürzen, wenn die bösen Buden nicht richtig sterben.

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