Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht

Arzneimittel gegen Allergie – bald neue Möglichkeiten in der Selbstmedikation?

Stuttgart - 01.02.2023, 12:15 Uhr

Ist es im Bereich der Selbstmedikation sinnvoll, zwei Nasensprays miteinander zu kombinieren – einmal ein Antihistaminikum und einmal ein Glucocorticoid? (s / Foto: Igor Nikushin / AdobeStock)

Ist es im Bereich der Selbstmedikation sinnvoll, zwei Nasensprays miteinander zu kombinieren – einmal ein Antihistaminikum und einmal ein Glucocorticoid? (s / Foto: Igor Nikushin / AdobeStock)


Am 25. Januar hat der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht getagt. Dabei hat er über die Entlassung von vier Wirkstoff(-kombinationen) aus der Rezeptpflicht beraten. Drei davon – Bilastin oral, Olopatadin am Auge und Azelastin/Fluticasonpropionat als Nasenspray – fallen in den Bereich der Allergie-Therapie. Aber auch Asmoken zur Raucherentwöhnung (Cytisin) stand auf der Tagesordnung der vorgeschlagenen OTC-Switches. Das apothekenpflichtige Antibiotikum Nifuroxazid soll hingegen der Verschreibungspflicht unterstellt werden.

„Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt einstimmig, den Antrag auf Unterstellung unter die Verschreibungspflicht für Nifuroxazid anzunehmen“, heißt es im vergangenen Dienstag veröffentlichten Kurzprotokoll der 86. Sitzung des Ausschusses. Die Ausschussempfehlungen sind jedoch nicht verbindlich, tatsächliche Änderungen der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) erfolgen erst durch Rechtsverordnungen des Bundesministeriums für Gesundheit, nach Zustimmung des Bundesrates.

Unter dem Markennamen Pentofuryl ist Nifuroxazid momentan noch rezeptfrei erhältlich und bei akuter Diarrhoe bakteriellen Ursprungs ohne Zeichen einer invasiven Erkrankung indiziert („wie Veränderung des Allgemeinzustandes, Fieber oder infektiös-toxische Symptome, Blutbeimengungen im Stuhl“). Dass es überhaupt ein rezeptfreies Antibiotikum im Handel gibt, dürfte einige überraschen. Während Nifuroxazid also aller Voraussicht nach bald der Verschreibungspflicht unterstellt wird, werden andere Arzneimittel vielleicht bald daraus entlassen – oder auch nicht.

Cytisin hat es nämlich nicht geschafft, vom Ausschuss für Verschreibungspflicht für den Selbstmedikationsbereich empfohlen zu werden. Der sekundäre Pflanzeninhaltsstoff des Goldregens ist erst seit Dezember 2020 unter dem Markennamen Asmoken auf dem deutschen Markt erhältlich. Das offizielle Anwendungsgebiet laut ABDA-Datenbank ist die „Raucherentwöhnung und Verminderung des Verlangens nach Nikotin bei Rauchern, die willens sind, mit dem Rauchen aufzuhören.“ Das Ziel der Behandlung sei die dauerhafte Beendigung der Verwendung bzw. des Konsums nikotinhaltiger Produkte.

Bilastin auch in der 10-mg-Dosierung bald rezeptfrei?

Erwartbar erfolgreicher war der Wirkstoff Bilastin in der 10-mg-Dosierung. Denn dieser H₁-Rezeptor-Antagonist ist bereits seit Beginn dieses Jahres als OTC-Produkt in der Lauer-Taxe gelistet – allerdings in der 20-mg-Dosierung zur symptomatischen „Behandlung der allergischen Rhinokonjunktivitis (saisonal und perennial) und Urtikaria“. Aus der Verschreibungspflicht entlassen wurde diese höhere Bilastin-Dosierung unter der Bedingung, dass auf Behältnissen und äußeren Umhüllungen eine Beschränkung der Anwendung auf Erwachsene und Jugendliche ab zwölf Jahren angegeben ist. Wie es in der ABDA-Datenbank heißt, ist „die Wirksamkeit und Sicherheit von Bilastin bei Kindern unter 2 Jahren [...] nicht erwiesen, und bei Kindern im Alter von 2 bis 5 Jahren gibt es nur geringe klinische Erfahrungen. Daher darf Bilastin in diesen Altersgruppen nicht angewendet werden“. Bei Kindern im Alter von sechs bis elf Jahren mit einem Körpergewicht von mindestens 20 kg werden „Bilastin 10 mg Schmelztabletten oder Bilastin 2,5 mg/ml Lösung zum Einnehmen“ jedoch als geeignet beschrieben. 

Damit ist es nur konsequent, dass es im Kurzprotokoll vom 25. Januar jetzt heißt: „Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt mehrheitlich, den Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht für Bilastin 10 mg zur oralen Anwendung anzunehmen.“ 

Sogar einstimmig wurde die Entlassung aus der Verschreibungspflicht für ein weiteres Antiallergikum – zur Anwendung am Auge – empfohlen: Olopatadin. Es sind derzeit zwei entsprechende noch rezeptpflichtige Augentropfen-Präparate (von Novartis und Micro Labs) zur „Behandlung okulärer Anzeichen und Symptome der saisonalen allergischen Konjunktivitis“ im Handel. Die Wirkung des Antihistaminikums soll auf mehreren Wirkmechanismen beruhen.

Dymista bleibt wohl vorerst verschreibungspflichtig

Enthalten ist Olopatadin übrigens auch in dem rezeptpflichtigen Nasenspray „Ryaltris“, das „ab 12 Jahren zur Behandlung mäßig bis stark ausgeprägter Nasensymptome bei allergischer Rhinitis“ indiziert ist. Das Nasenspray enthält mit Mometasonfuroat zusätzlich ein topisches Glucocorticoid. Die Entlassung aus der Verschreibungspflicht von Ryaltris wurde am 25. Januar nun zwar nicht diskutiert, dafür aber die einer anderen nasalen Antihistaminikum-Glucocorticoid-Kombination – aus Azelastin und Fluticasonpropionat. Doch im Kurzprotokoll heißt es dazu: „Der Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht für die Zubereitung aus Azelastin und Fluticasonpropionat zur nasalen Anwendung fand im Sachverständigen-Ausschuss nicht die erforderliche Mehrheit der anwesenden Stimmberechtigten.“ 

Konsequente Therapie der allergischen Rhinitis verhindert Etagenwechsel

Ständige Attacken

Erste Produkte in der Sichtwahl

OTC-Switch von Mometason und Fluticason

Mit Rezept ist die Wirkstoffkombination beispielsweise im Präparat Dymista erhältlich – „zur Linderung der Symptome der mittelschweren bis schweren saisonalen und perennialen allergischen Rhinitis, wenn eine Monotherapie entweder mit einem intranasalen Antihistaminikum oder einem Glukokortikoid nicht als ausreichend erachtet wird“. Eine freie Kombination der Wirkstoffe im Bereich der Selbstmedikation ist außerdem offensichtlich schon heute theoretisch möglich, sind doch die einzelnen Wirkstoffe in rezeptfreien Nasensprays erhältlich. Ob die Kombination nötig ist, sollte je nach Patient:in individuell entschieden werden.


Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.