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BPhD-Kolumne
Spannungsfeld Pharmaziestudium – wer zieht die Fäden?
Das Pharmaziestudium ist das spannendste Studium, das wir uns vorstellen können. Dennoch hat es seine Macken und Probleme, meint Julian Held, Beauftragter für Gesundheitspolitik des BPhD. Um bei der Veränderung voranzugehen, den Schattenseiten unseres Studiums zu begegnen und clevere Lösungsansätze für Konflikte zu liefern, ist es hilfreich, sich klarzumachen, wer das Zepter in der Hand hält.
Wer einmal Apotheker*in werden will, muss Pharmazie studieren. Ganz klar: Ohne entsprechende Ausbildung wäre es grob fahrlässig, Patient*innen zu ihrer Gesundheit zu beraten.
Der*Die Apotheker*in dient laut der Bundesapothekerordnung (BApO) „der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes”. In dieser Funktion haben Apotheker*innen eine Schlüsselposition im Gesundheitswesen inne. Entsprechend hat der Staat ein intrinsisches Interesse daran, dass Apotheker*innen gut ausgebildet werden, um diese Aufgabe angemessen erfüllen zu können. Man spricht von einem hoheitlichen Interesse. So ist in § 5 BApO vorgesehen, dass die Bedingungen für die Ausbildung in einer separaten Verordnung festgelegt werden sollen – die Approbationsordnung für Apotheker (AAppO).
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In dieser Verordnung schreibt der Gesetzgeber die groben Rahmenbedingungen für das Studium und das Praktische Jahr vor. Diese sollen durch die Prüfungsämter der Länder überprüft werden. Was nicht geregelt wird, sind die konkreten Inhalte des Studiums.
Aber warum legt der Gesetzgeber nicht einfach selbst fest, was Pharmaziestudierende lernen sollen? Für die Beantwortung dieser Frage lohnt sich ein Blick ins Grundgesetz. In Artikel 5 Abs. 3 findet sich der Satz: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei”. Das bedeutet, dass der Staat eigentlich gar nicht in die Ausgestaltung der Lehre eingreifen darf. Dennoch besteht, wie weiter oben ausgeführt, ein hoheitliches Interesse daran, die Ausbildung zum*zur Apotheker*in zu regeln. So ist es also der verordnungsgebenden Instanz möglich, diese Freiheit der Lehre teilweise zu beschneiden.
Bildung ist Ländersache
Im föderalistischen Bildungssystem Deutschlands ist Bildung Ländersache. Daher entscheiden die Ministerien der Länder weitgehend über die Finanzierung der Hochschulen. Im bundesweit geltenden Hochschulrahmengesetz sind die Länder damit beauftragt, eigene Hochschulgesetze auszuarbeiten und umzusetzen.
Und dann gibt es da noch die Universitäten, die für jeden Studiengang eine eigene Studienordnung und Curricula ausarbeiten, in der die Inhalte für das Studienfach festgelegt werden. Im Fall des Pharmaziestudiums ist diese Ausgestaltung an den Rahmen der AAppO gebunden. Trotz dieser scheinbaren Einheitlichkeit ist die Ausgestaltung des Studiums an den einzelnen Universitätsstandorten sehr verschieden.
Pharmaziestudium im Spannungsfeld
Klar ersichtlich: Das Pharmaziestudium befindet sich im Spannungsfeld zwischen dem Interesse des Staates, der Finanzierung durch die Länder und der Freiheit der Lehre. Zuallererst trifft das natürlich die Studierenden. Es lohnt sich einmal genauer hinzuhören, was diese zu ihrem Studium zu sagen haben: Die Frage, was uns Studierende am Studium stört, lässt sich auf vielfältige Weise beantworten. Die Antworten könnten beispielsweise so aussehen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
- „Mich stört, dass das deutsche Pharmaziestudium international kaum vergleichbar und wettbewerbsfähig ist. Im Ausland erhält man bspw. Einen Master of Pharmacy. Das deutsche Staatsexamen ist kaum jemandem ein Begriff.”
- „Mich stört, dass ich extrem viel Zeit in das Selbststudium investieren muss, obwohl der Workload schon allein mit den vielen Semesterwochenstunden sehr hoch ist. Zusätzlich besteht ein extremer Leistungsdruck und darunter leidet meine mentale Gesundheit.”
- „Mich stört, dass viele Studieninhalte veraltet sind oder ein Fokus in den Fächern gesetzt wird, der nicht den aktuellen Standards entspricht. Die Realität in Industrie, Krankenhaus und Apotheke sieht heute anders aus.”
Das alles sind Dinge, die nicht so laufen müssten, wie sie es aktuell tun. Um diesen Umständen zu begegnen, bedarf es jedoch einer grundlegenden strukturellen Veränderung in unserem Studium. Wie bereits erwähnt, muss diese aber auf vielen Ebenen angestoßen und durchgeführt werden. Der Prozess ist vielschichtig und will gut durchdacht sein.
Viele gute Ansätze
Ein neues, zeitgemäßes Studium, das den Kern des Notwendigen, was es für angehende Apotheker*innen zu lernen gilt, trifft, entsteht nicht von heute auf morgen. Gute Ideen und clevere Ansätze, das Studium neu zu denken, gibt es bereits. Davon sollten wir schöpfen und daran müssen wir anknüpfen.
Inhalte für das Studium lassen sich in Form eines nationalen kompetenzorientierten Lernzielkatalogs Pharmazie (NKLP) festlegen, der rechtskräftig in der AAppO verankert wird. Modellstudiengänge können Wegweiser für methodisch ausgezeichnete Lehransätze sein. Die Anerkennung von Auslandsmobilitäten kann standortübergreifend geregelt werden. Die Betreuungsintensität kann an den Universitäten erhöht und dadurch der Leidensdruck gesenkt werden. Das Studium kann entzerrt und interdisziplinär vernetzt werden, um Studierenden die Zeit zu geben, die für das Verstehen der Inhalte angemessen ist. Und wenn wir schon dabei sind: Apotheker*innen sollten als Heilberufler*innen verstanden werden und die Klinische Pharmazie und die Pharmakologie ausgebaut werden.
BPhD fordert Tempo bei der Novellierung der Approbationsordnung
Bund und Länder müssen endlich Tempo bei der Neugestaltung der pharmazeutischen Ausbildung machen. Wo ein hoheitliches Interesse besteht, dort sollte sich jene Hoheit auch ihrer Gestaltungsverantwortung bewusst sein. Das Gesundheitssystem zu stärken, bedeutet vorrangig auch, den Apotheker*innenberuf zu stärken, um die Versorgungssicherheit in Zukunft nicht zu gefährden. Ansatzpunkt Nummer eins dafür ist die Ausbildung!
1 Kommentar
Wie mutig soll es werden?
von Dr. House am 21.02.2023 um 17:37 Uhr
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