Experten raten zu OTC-Switch

Naloxon bald in US-Supermärkten?

Stuttgart - 22.02.2023, 15:15 Uhr

Der Hersteller des Naloxon-Nasensprays Narcan hat einen OTC-Switch beantragt. (Foto: IMAGO / ZUMA Wire)

Der Hersteller des Naloxon-Nasensprays Narcan hat einen OTC-Switch beantragt. (Foto: IMAGO / ZUMA Wire)


In den USA könnte Naloxon-Nasenspray bald in Tankstellen und Supermärkten verfügbar sein. Ein Expertengremium hat der Aufsichtsbehörde FDA zu einem OTC-Switch des Opioid-Antagonisten geraten. Hintergrund ist die weiter steigende Zahl von tödlichen Opioid-Überdosierungen. Mit einem niedrigschwelligerem Zugang zum Antidot erhofft man sich, gegensteuern zu können.

Die Zahl der Drogentoten in den USA steigt seit Jahren an. So sind laut Gesundheitsbehörde CDC im Jahr 2021 107.622 Menschen durch eine Drogenüberdosis gestorben. Das ist ein Anstieg von 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr und stellt einen neuen Höchstwert dar. Seit dem Jahr 2000 sind mehr als eine Million Menschen an einer Überdosis gestorben. Verursacher sind meist hochpotente synthetische Opioide wie Fentanyl. So ist Fentanyl häufig in als Morphium deklarierten Tabletten enthalten oder beigemischt und nicht deklariert.

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Um gegenzusteuern, wird nun diskutiert, das Antidot Naloxon im Falle einer Überdosis leichter zugänglich zu machen. Externe Berater haben der FDA einen OTC-Switch für Naloxon-Nasenspray empfohlen. Das würde bedeuten, dass Naloxon in Supermärkten, Tankstellen, aber auch an Automaten erhältlich sein könnte.

Switch soll Barrieren abbauen

Während der Opioid-Antagonist früher nur zur parenteralen Gabe verfügbar war, heißt es in einem Briefing-Dokument eines Herstellers, sei die Substanz seit einigen Jahren als Autoinjektor und in Form von Nasenspray verfügbar. Das ermögliche die Anwendung durch medizinische Laien. Zwar sei das Nasenspray bereits rezeptfrei in vielen Apotheken erhältlich, aber das sei offenbar nicht bekannt genug oder eine Stigmatisierung halte die Menschen offenbar davon ab, sich Naloxon in der Apotheke zu holen, heißt es weiter. Ein OTC-Switch könnte diese Barrieren abbauen. Zudem wird auf eine Aussage der FDA verwiesen, dass angesichts der steigenden Todesfälle durch Überdosierung ein verbesserter Zugang zu Naloxon vor allem im privaten Umfeld notwendig wäre.

Studien zeigen Anwendbarkeit durch Laien

Es werden Studien angeführt, die belegen sollen, dass eine Anwendung durch Laien möglich ist. Dass viele Anwender nur begrenzt in der Lage sind, Texte zu lesen und zu verstehen, somit vielleicht nicht in der Lage sind, richtig zu handeln und was das für die Beschriftung der Packungen und die Beilagen bedeutet, war im Vorfeld immer wieder Gegenstand von Diskussionen mit den Herstellern.

In einer „Label Comprehension Study“ konnte gezeigt werden, dass 95 Prozent der Laien Bewusstlosigkeit als Zeichen einer Überdosierung erkennen und das Mittel geben konnten – 88 Prozent verstanden, dass sie gleichzeitig einen Notruf absetzen sollten (die FDA forderte 90 Prozent und somit minimal mehr). 

Eine „Human Factors Validation Study“ wertete die Anwendung bei 71 Proband:innen aus, davon 21 mit geringen Lesefähigkeiten. 61 erkannten die Überdosierung, 66 waren in der Lage, das Nasenspray korrekt anzuwenden, 70 holten den Notarzt, 69 verabreichten nach 2 bis 3 Minuten die vorgesehene zweite Dosis und 64 warteten ab, bis die Ambulanz eintraf.

Hauptnebenwirkung Entzug

Sicherheitsrisiken werden seitens der FDA nicht gesehen. Akute Entzugserscheinungen gelten als die wichtigste Nebenwirkung. Es wurden zwar auch schwere Komplikationen, darunter auch Todesfälle gemeldet, aber ein Zusammenhang mit der Gabe von Naloxon lässt sich nicht sicher belegen.

Das Votum der Berater für den Switch fiel einstimmig aus, die Behörde ist jedoch nicht daran gebunden. Allerdings hatte die US-Zulassungsbehörde bereits Ende vergangenen Jahres signalisiert, dem Switch-Antrag, der unter anderem vom Naloxon-Nasenspray-Hersteller „Emergent BioSolutions“ (Narcan) gestellt wurde, zuzustimmen.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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