Cochrane-Review

Probiotika auch für Kinder mit funktionellen Bauchschmerzen?

Stuttgart - 24.02.2023, 17:50 Uhr

Leiden Kinder regelmäßig unter Bauchschmerzen, für die keine organische Ursache gefunden werden kann, spricht man von funktionellen Bauchschmerzen. (Foto: nareekarn / Adobe Stock)

Leiden Kinder regelmäßig unter Bauchschmerzen, für die keine organische Ursache gefunden werden kann, spricht man von funktionellen Bauchschmerzen. (Foto: nareekarn / Adobe Stock)


Erwachsenen mit funktionellen Magen-Darm-Beschwerden, wie etwa dem Reizdarmsyndrom, können Apotheker:innen und PTA die Einnahme von Probiotika empfehlen. Ob dies auch für Kinder gilt, haben Cochrane-Forscher untersucht. 

Bauschmerzen zählen zu den häufigsten Beschwerden im Kindesalter. Bei vielen Kindern dürften dahinter harmlose Ursachen wie Verstopfungen oder Blähungen stecken, seltener können die Beschwerden auch auf chronische Darmerkrankungen, Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder Infektionen hinweisen. Aber muss immer eine organische Ursache hinter den Bauschmerzen stecken? 

Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin schreibt hierzu: „Viele Kinder mit häufig wiederkehrenden Bauchschmerzen haben keine organische Ursache für ihre Beschwerden. Sie bilden sich die Schmerzen aber nicht ein und sie haben auch keine psychische Störung als Ursache! Vielmehr liegt eine besondere Empfindlichkeit für Darmbewegungen, eine Übererregbarkeit der Schmerzfasern des Darms oder eine Reizung der Darmwand vor.“ Kurz: Die Kinder leiden unter funktionalen Bauchschmerzen. Zu der Frage, ob Behandlung dieser Kinder mit Pro- oder Synbiotika sinnvoll und sicher ist, haben Cochrane-Wissenschaftler eine Übersichtsarbeit verfasst.

Pro-, Prä- und Synbiotika

Bei Probiotika* handelt es sich um oral auf­genom­me­ne, le­bende, apathogene Mikro­or­ganis­men, z. B. Milchsäu­re­bakteri­en und He­fen. Ziel der Ein­nahme ist die Beeinflussung der Zu­sammen­setzung der Darm­flo­ra und die Wach­stums­hemmung patho­gener Bakteri­en.

Präbiotika* sind Nahrungs­bestandteile, die durch kör­pereigene Enzyme nicht ab­ge­baut werden kön­nen und durch die das Wach­stum bestimmter, güns­ti­ger Bakteri­en (z. B. Lakto­bazillen, Bi­fi­do­bakteri­en) im Darm an­geregt werden soll.

Synbiotika nennt man die kombinierte Anwendung von Probiotikum und einem für das Probiotikum als Substrat dienendem Präbiotikum

*Quelle: Pschyrembel Online, abgerufen am 24.02.2023

Hierfür werteten die Wissenschaftler 18 randomisiert-kontrollierte Studien aus, die den Einsatz von pro- oder synbiotischen Präparaten bei insgesamt 1.309 Kindern mit funktionellen Bauchschmerzen im Alter von vier bis 18 Jahren untersuchten. Die Kontrollgruppen erhielten jeweils eine Placebotherapie. Da einige Studien die Symptombesserung (Abnahme der Schmerzintensität oder -häufigkeit) und andere Schmerzfreiheit als klinischen Endpunkt definiert hatten, wurden diese beiden Kategorien getrennt ausgewertet.

Endpunkte Schmerzreduktion und Schmerzfreiheit

Unter einer Behandlung mit probiotischen Präparaten erfuhr jedes zweite Kind (50 Prozent) eine Besserung seiner Beschwerden, 42 Prozent waren nach der Behandlung schmerzfrei. In der Placebogruppe hatten sich die Beschwerden bei jedem dritten Kind gebessert (33 Prozent) und 27 Prozent waren schmerzfrei.

Ein ähnliches Bild zeigte sich bei den Synbiotika: Hier erfuhren 47 Prozent der Kinder in der Verumgruppe und 35 Prozent in der Placebogruppe eine Besserung, schmerzfrei waren 52 Prozent der Verum- und 32 Prozent der Placebogruppe.

Pro- und Synbiotika möglicherweise hilfreich

Insgesamt schlossen die Wissenschaftler, dass der Einsatz von Pro- oder Synbiotika bei Kindern mit funktionalen Bauchschmerzen einer Placebobehandlung überlegen sein könnte, wobei keine der beiden Behandlungsoptionen der anderen sichtlich überlegen war. Aufgrund der großen Heterogenität der Studien schätzen sie die Evidenz ihrer Ergebnisse allerdings nur von geringer Sicherheit ein (low certainty evidence). Subgruppenanalysen, etwa aufgeschlüsselt nach verschiedenen eingesetzten Bakterienstämmen, seien nicht möglich gewesen.

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Schwere unerwünschte Nebenwirkungen seien in keiner der 18 Studien berichtet worden. Allerdings sind die Forscher auch hier sehr zurückhaltend mit ihrer Einschätzung zur Sicherheit der Präparate, da klinische Studien nicht das ideale Mittel seien, um eine langfristige Sicherheit festzustellen, wie sie gerade für die Therapie von Kindern wichtig sei.

Insgesamt sei daher noch weitere Forschung auf diesem Feld nötig. Insbesondere Studien zur langfristigen Sicherheit und zu spezifischen Bakterienstämmen könnten helfen das Bild zu schärfen.


Gesa Gnegel, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (gg)
redaktion@daz.online


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