Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh)

Gefährliche Wechselwirkungen – Vorsicht bei Methotrexat mit Metamizol oder Cotrimoxazol

Stuttgart - 09.03.2023, 17:50 Uhr

Mit Methotrexat (MTX) können viele Arzneimittel wechselwirken – doch welche Wechselwirkungen sind für die Praxis besonders relevant? (Foto: DenisMArt / AdobeStock)

Mit Methotrexat (MTX) können viele Arzneimittel wechselwirken – doch welche Wechselwirkungen sind für die Praxis besonders relevant? (Foto: DenisMArt / AdobeStock)


Apothekerinnen kennen das: Das Kassensystem blinkt und weist auf diverse Wechselwirkungen hin, die auf den ersten Blick nicht gerade harmlos erscheinen – was tun? Um Patient:innen nicht unnötig zu verunsichern (und Ärzte nicht zu verärgern) muss behutsam nachgehakt werden. Schöner wäre es, wenn es klare Angaben gäbe, wann Wechselwirkungen wirklich klinisch relevant sind und Handlungsbedarf erfordern. Zumindest bei Methotrexat in Kombination mit Metamizol oder Cotrimoxazol, sollten Apotheker:innen künftig weniger Zweifel im Alltag begleiten.

Ein (allzu?) häufig verordnetes und wohlbekanntes Arzneimittel, das kritisches Hinterfragen durchaus verdient, aber beispielsweise auch auf der aktuellen Priscus-Liste als bessere Alternative für zahlreiche Arzneimittel bei Älteren aufgeführt wird, ist Metamizol. Ein ebenso unter Apotheker:innen als kritisch bekanntes Arzneimittel ist Methotrexat (MTX). Aber geht es bei Metamizol nicht eher um die gefürchtete Nebenwirkung der Agranulozytose und bei MTX um das Blaue-Hand-Schulungsmaterial, das im Anwendungsgebiet der Autoimmunkrankheiten auf die einmal wöchentlich statt tägliche Anwendung hinweist – also nicht um Wechselwirkungen? Ja, Wechselwirkungen zwischen MTX und Metamizol sind kaum bekannt, das sollte sich aber ändern.

Kürzlich ist eine „Bewertung von Wechselwirkungen und Dosierungsempfehlungen von synthetischen DMARDs“ (krankheitsmodifizierenden Antirheumatika) von Mitgliedern der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) erschienen. Wie es darin heißt, haben DMARDs wie Methotrexat „potenzielle Wechselwirkungen mit einer Vielzahl von Medikamenten“.

Um diese besser einordnen zu können, wurde in einem Konsensprozess auf Basis einer systematischen Literatursuche eine Graduierung der Wechselwirkungen erarbeitet:

  • A: gefährliche Kombination,
  • B: Kombination meiden (wenn möglich DMARD-Pause),
  • C: mögliche Kombination mit erhöhtem Überwachungsbedarf und evtl. Dosisanpassung,
  • D: pharmakologische Interaktion ohne Relevanz in Standarddosierungen des DMARD.

Beim letzten Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), über welchen die „Ärztezeitung“ diese Woche berichtete, wurden diese neuen Empfehlungen vorgestellt und besonders wichtige Punkte darin hervorgehoben.

Warum die Kombination von Metamizol und MTX gefährlich ist


„Die zusätzliche Gabe von Metamizol zu Methotrexat kann die Hämatotoxizität von Methotrexat verstärken, insbesondere bei älteren Patienten. Diese Kombination sollte deshalb vermieden werden.“ 

(Fachinformation Novalgin Tropfen, Stand Juli 2022)


Während in der Fachinformation von beispielsweise „Novalgin Tropfen“ obiger Warnhinweise steht, taucht dieser in der Fachinformation von Methotrexat gar nicht auf. Tatsächlich ist die Komedikation mit MTX bei Metamizol-Gabe laut „Ärztezeitung“ aber wichtigster Auslöser der gefürchteten Agranulozytose. „Ganz bedrohlich wird es bei älteren Patienten, und das sind ja gerade die, denen wir oft anstelle von NSAR Metamizol geben, weil wir es für harmloser halten“, warnte Professor Klaus Krüger, niedergelassener Rheumatologe in München, beim vergangenen Rheumatologie-Kongress laut „Ärztezeitung“.

Ab 80 Jahren sei die Kombination daher tabu. Und bereits ab dem 40. Lebensjahr sei das Agranulozytose-Risiko nahezu verdreifacht, ab dem 80. verachtfacht. Nur bei Patienten unter 18 Jahren soll es nicht erhöht sein. „Die Rate mit fatalem Ausgang liegt bei dieser Komplikation der kombinierten Therapie bei 17 Prozent“, zitiert die „Ärztezeitung“ aus den offiziellen Empfehlungen.

Warum Harnwegsinfekte unter MTX-Therapie gefährlich werden können

Als weiteres „absolutes No-Go“ hebt die „Ärztezeitung“ übrigens die Kombination von MTX mit Trimethoprim/Sulfamethoxazol (Cotrimoxazol) hervor – wegen drohender Panzytopenie. Das gelte für die therapeutische Dosis von 2 x 960 mg/d. Ein Harnwegsinfekt könnte deshalb schnell in einer kritischen Situation münden. Die Pneumocystis-jirovecii-Prophylaxe mit 960 mg Cotrimoxazol dreimal wöchentlich sei hingegen möglich und sicher. Die Pneumocystis jirovecii-Pneumonie (PjP) gehört zu den schweren, lebensbedrohlichen Komplikationen bei immunsupprimierten Patienten.

Beispielsweise in der Fachinformation von Lantarel® heißt es dazu:


„Bei einer (Vor-)Behandlung mit Arzneimitteln, die mögliche Nebenwirkungen auf das Knochenmark aufweisen (z. B. Amidopyrin-Derivate, Chloramphenicol, Phenytoin, Pyrimethamin, Sulfonamide, Trimethoprim/ Sulfamethoxazol, Zytostatika), ist die Möglichkeit ausgeprägter Störungen der Hämatopoese durch die Therapie mit Methotrexat zu beachten.“ 

(Fachinformation Lantarel, Stand Juni 2022)


Und: „Die gleichzeitige Anwendung von Arzneimitteln, die einen Folatmangel verursachen (z. B. Sulfonamide, Trimethoprim/Sulfamethoxazol), kann zu erhöhter Methotrexat-Toxizität führen.“ Letzterer Hinweis findet sich zwar auch in der Fachinformation von Eusaprim® (Cotrimoxazol = Trimethoprim/Sulfamethoxazol, Stand Juli 2021), doch hätten Sie so aus den derzeitigen Fachinformationen abgeleitet, dass Wechselwirkungen zwischen MTX und Cotrimoxazol sowie Metamizol besonders kritisch und praxisrelevant sind?

Wenn Sie jetzt neugierig geworden sind, schauen Sie auf jeden Fall in die kommende Ausgabe der DAZ Nr.11, dort stellen wir Ihnen nächste Woche die gesamte neue Bewertung der Wechselwirkungen und Dosierungen synthetischer krankheitsmodifizierender Antirheumatika (DMARD) vor. In einer der zentralen Kernempfehlungen geht es beispielsweise auch um Acetylsalicylsäure.


Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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