Kindgerecht aufbewahren und dosieren

Arzneimittel sind häufigste Ursache tödlicher Vergiftungen bei Kindern in den USA

Stuttgart - 10.03.2023, 17:50 Uhr

Glänzende, knisternde Blister sind für kleine Kinder höchst interessant – und höchst gefährlich. Die kindersichere Lagerung ist daher ein Muss.  (Foto: Halfpoint / Adobe Stock)

Glänzende, knisternde Blister sind für kleine Kinder höchst interessant – und höchst gefährlich. Die kindersichere Lagerung ist daher ein Muss.  (Foto: Halfpoint / Adobe Stock)


Tödliche Vergiftungen bei kleinen Kindern sind tragisch, umso mehr, da sie zu den vermeidbaren Todesursachen gehören. Immer wieder kommt es auch zu Vergiftungen mit Arzneimitteln. Eine US-amerikanische Studie hat untersucht, bei welchen Arzneimitteln es besonders häufig zu tragischen Vergiftungen kommt und welche Begleitumstände hierbei vorlagen.

Für ihre nun bei der „American Academey of Pedatrics“ veröffentliche Untersuchung nutzte ein Forschungsteam des „Children’s Hospital of Philadelphia“ die Datensätze des National Fatality Review-Case Reporting System. Sie filterte diese Datenbank nach Vergiftungen, Überdosierungen und akuten Intoxikationen bei Kindern im Alter von ≤5 Jahren im Zeitraum 2005 bis 2018. Für diese Suchkriterien fanden sie 731 Fälle aus 40 US-Bundesstaaten. Wenngleich die Meldungen in diese Datenbank gemäß Studienautoren von sogenannten Child Death Review Teams freiwillig und anhand lokaler Vorgaben erfolge, ließen sich doch einige interessante Schlussfolgerungen ziehen.

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Die meisten Vergiftungen (444 von 682 dokumentierten Fällen, 65 Prozent) fanden zu Hause statt. Kinder in ihrem ersten Lebensjahr waren besonders oft betroffen: 42 Prozent der Fälle ereigneten sich bei Kindern vor ihrem ersten Geburtstag. In zwei Drittel der Fälle (428 von 631 dokumentierten Fällen, 67,8 Prozent) befand sich das Kind zum Vergiftungszeitpunkt unter Aufsicht seiner biologischen Eltern.

Opioide, Schmerzmittel, Erkältungs- und Allergiepräparate

Arzneimittel waren die mit Abstand häufigste Vergiftungsursache. Auf Platz eins lagen hierbei Opioide mit 346 Fällen, was 47,3 Prozent aller Fälle entspricht. Die Forscher:innen verzeichneten hierbei einen Zuwachs von 24 Prozent im Jahr 2005 auf 52 Prozent im Jahr 2018, den sie als direkte Auswirkung der US-Opioidkrise auf Kinder interpretieren. Auf Platz zwei folgte die Gruppe der nicht-verschreibungspflichtigen Schmerz-, Erkältungs-, und Allergiepräparate, mit Wirkstoffen wie beispielsweise Paracetamol, Ibuprofen, Diphenhydramin oder Dextromethorphan, welche 108 Kinder (14,8 Prozent) das Leben kostete. Mit 104 (14,2 Prozent) Todesfällen stellten illegale Drogen die dritthäufigste Todesursache dar, gefolgt von sonstigen Arzneimitteln (darunter Antidepressiva) und Kohlenstoffmonoxid (71 und 47 Fälle).

Wie konnte es zu diesen Vergiftungen kommen? Die Vergiftungsumstände waren in 531 Fällen (72,6 Prozent) dokumentiert worden. Eine versehentliche Überdosierung eines Arzneimittels lag dabei in 40,7 Prozent der Fälle vor (216 der 531 dokumentierten Fälle), in 17,9 Prozent der Fälle (95 der 531 dokumentierten Fälle) muss eine absichtliche Vergiftung des Kindes angenommen werden. Die verbleibenden Fälle waren auf verschiedene andere Ursachen zurückzuführen, die in der Veröffentlichung nicht aufgeschlüsselt werden.

Viele Präparate nicht kindersicher gelagert

Denkbar wäre daher auch das versehentliche Verschlucken von nicht sicher verwahrten Arzneimitteln durch die Kinder. Wenngleich die Veröffentlichung hierzu keine Angabe macht, hat sie doch aufschlussreiche Daten über den Aufbewahrungsort (n=233) und Verpackungszustand (n=366) der betroffenen Präparate gesammelt. Frei zugänglich („open area“) wurden demzufolge 60,9 Prozent der Präparate aufbewahrt. Mehr als jedes vierte Präparat (28,4 Prozent) wurde hierbei nicht in der Originalverpackung gelagert. Ein versehentliches Verschlucken erscheint vor diesem Hintergrund also durchaus plausibel.

Durch die eingangs erwähnte nicht-verpflichtende und nicht einheitliche Meldung von Vergiftungsfällen an die ausgewertete US-Datenbank, konnten die Forscher:innen mit ihrer Arbeit kein vollständiges Bild der aktuellen Situation in den USA zeichnen. Darüber hinaus lässt sich die Lage nicht direkt auf Europa oder Deutschland übertragen. Dennoch führen Ergebnisse wie dieses einmal mehr vor Augen, wie wichtig die Beratung von Eltern, Großeltern und anderen Bezugspersonen ist, die Arzneimittel bei sich selbst oder bei Kindern anwenden. Insbesondere bei den oben genannten kritischen Arzneimitteln, sollten die korrekte Aufbewahrung und die richtige Dosierung genau erklärt werden, um vermeidbare Vergiftungsfälle zu verhindern.


Gesa Gnegel, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (gg)
redaktion@daz.online


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