Fortbildungskongress des Berufsverbandes der Frauenärzte

Ein Hormon weniger – Verhütung nur mit Gestagenen

Stuttgart - 14.03.2023, 15:15 Uhr

Orale Kontrazeption ist mit Kombinationen von Estrogenen und Gestagenen, aber auch nur mit Gestagenen möglich. (Foto: Karyna / Adobe Stock)

Orale Kontrazeption ist mit Kombinationen von Estrogenen und Gestagenen, aber auch nur mit Gestagenen möglich. (Foto: Karyna / Adobe Stock)


Kombinierte orale Kontrazeptiva sind nicht für jede Frau geeignet, eine mögliche Alternative stellen Gestagen-Monopräparate dar. Auf dem Fortbildungskongress des Berufsverbandes der Frauenärzte stellte Professor Christoph Keck sein „Lieblingsgestagen“ vor und erklärte, welche Vorteile er in der Verhütung mit Gestagen-Monopräparaten sieht.

Seinen Vortrag zum Thema „Zukunft der Kontrazeption mit Gestagen-Monopräparaten“ begann Professor Christoph Keck, seines Zeichens Leiter der Medicover Laborgruppe Deutschland, mit einem Blick in die Vergangenheit. Genauer gesagt in das Jahr 1951, in dem Carl Djerassi und Kollegen mit Norethindron (auch als Norethisteron bekannt) das erste synthetische Gestagen herstellten und somit einen Grundstein für die orale hormonelle Verhütung legten. Norethindron zählt heute zu den Gestagenen der 1. Generation. Die Einteilung der Gestagene in Generationen macht Keck zufolge jedoch keinen großen Sinn, es handle sich hierbei um einen Marketingbegriff. Zielführender sei eine Einteilung entsprechend dem chemischen Grundgerüst zum Beispiel in 19-Nortestosteron-, Progesteron- oder Spironolactonderivate.

Apothekenteams assoziieren mit dem Begriff der Gestagengenerationen wohl weniger Marketingstrategien von Herstellern, als das Risiko für venöse Thromboembolien, das je nach Gestagenvertreter in kombinierten oralen Kontrazeptiva mehr oder weniger stark erhöht ist (siehe auch: Rote Hand Brief Kombinierte hormonale Kontrazeptiva, 2014). Laut Keck ist der eigentliche „Bösewicht“ in der Kombinationspille jedoch das Estrogen. Dieses aktiviere Gerinnungsfaktoren und inhibiere gerinnungshemmende Faktoren, so Keck. Dem Gestagen komme hierbei lediglich eine verstärkende Wirkung zu. Als Monosubstanz eingesetzt erhöhten Gestagene daher weder das Risiko für venöse Thromboembolien noch für Herzinfarkte oder Schlaganfälle.

„Lieblingsgestagen“ Drospirenon?

Als sein Lieblingsgestagen bezeichnete Keck in dem von der Firma Exceltis unterstützten Vortrag das Spironolactonderivat Drospirenon. Hieran schätze er das aus seiner Sicht günstige Rezeptorprofil mit einer antigonadotropen, antiandrogenen und antimineralokortikoiden Wirkung. Durch diese sei der Wirkstoff bei Ödemneigung gut geeignet. Zudem sei besonders anwenderinnenfreundlich, dass bei einer vergessenen Einnahme von Drospirenon-Monopräparaten das Nachholen der Einnahme innerhalb von 24 Stunden möglich sei, ohne dass der empfängnisverhütende Effekt verloren gehe.

Auch für stillende Frauen, sowie für Frauen mit einem hohen BMI sei die Anwendung ohne Dosisanpassung möglich. Aufpassen müsse man hingegen bei Patientinnen, die eine bariatrische Operation hinter sich haben: Hier sei die kontrazeptive Sicherheit abhängig von der durchgeführten Methode. Die Wirkstoffresorption erfolge vor allem im an den Magen angrenzenden Duodenum, es sei zu prüfen, ob dieses im Rahmen der OP verändert worden sei. Dies sei besonders wichtig, da Schwangerschaften innerhalb der ersten beiden Jahre nach einem bariatrischen Eingriff mit besonders hohen Risiken verbunden seien.

Angesichts des durchweg positiven Fazits von Professor Keck, mag sich so mancher fragen, weshalb der Einsatz von Gestagen-Monopräparaten nicht einen größeren Stellenwert in der Verhütung hat. Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, dass auch Gestagen-Monopräparate nicht frei von Nebenwirkungen sind. Zu den häufig beobachteten unerwünschten Wirkungen unter Drospirenon 4 mg zählen gemäß Fachinformation (Slinda, Stand Januar 2023) Minderung der Libido, Stimmungsschwankungen, Kopfschmerzen, Übelkeit, Akne, Brustschmerzen, Gewichtszunahme und Blutungsunregelmäßigkeiten. Die Auswahl des passenden Verhütungsmittels bleibt also eine individuelle Entscheidung.


Gesa Gnegel, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (gg)
redaktion@daz.online


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