Apotheker in besonderer Mission

Pfizer-Mitarbeiter Ramin Heydarpour setzt auf Impfungen in der Apotheke

Stuttgart - 27.03.2023, 13:46 Uhr

Ramin Heydarpour (Foto: Kathrin Harms)

Ramin Heydarpour (Foto: Kathrin Harms)


Ramin Heydarpour ist Apotheker und Apothekenbetriebswirt und bei der Firma Pfizer in Sachen Impfstoffe unterwegs. Als Manager Regional Market Access Vaccines kümmert er sich um den Marktzugang und die Erstattung von Impfstoffen. Aber er hat als Apotheker noch ein ganz besonderes Anliegen: Er will die Impfung in den Apotheken vorantreiben.

Herr Heydarpour, in einem Beitrag auf der Pfizer-Website sagen Sie: „Wenn es sie nicht gäbe, müsste man sie erfinden: Impfungen gehören zu Recht zu den großen Errungenschaften der Medizin“. Doch es gibt auch viele Skeptiker, die Impfquoten könnten deutlich besser sein. Was ist zu tun?

Heydarpour: Dass die Quoten niedrig sind, liegt nicht daran, dass viele Menschen Impfskeptiker sind. Tatsächlich beträgt ihr Anteil an der Bevölkerung nur 2 bis 4 Prozent. Was viel stärker ins Gewicht fällt, ist, dass viele Erwachsene gar nicht wissen, dass sie einen Anspruch auf bestimmte Impfungen haben. Oder sie vergessen das Thema einfach in der Hektik ihres Alltags. Für manche ist es auch einfach eine Frage der Organisation. Deswegen lohnt es sich, an all diesen Punkten anzusetzen: Menschen brauchen vor allem auch niederschwellige Impf­angebote und müssen das Thema sozusagen „vor Augen“ haben, das heißt, immer wieder daran erinnert werden. Apotheken sind prädestiniert dafür: Es gibt sie an vielen Orten, sie sind gut erreichbar und erleichtern so den Zugang zu Impfungen durch ihre günstigen Öffnungszeiten. Damit machen sie quasi das Impfen sichtbar. Außerdem gibt es in Impfapotheken in der Regel keine Wartezeiten.

Inzwischen ist der Weg frei für Impfungen in Deutschlands Apotheken. Zumindest darf hier jetzt gegen COVID-19 und Influenza geimpft werden. Wie wird das angenommen? Wie viele Apotheken bieten diese Impfungen an?

Ende Januar wurde in 1115 Apotheken bundesweit gegen Grippe und in 1577 gegen COVID-19 geimpft. Der Zuspruch ist groß: Bei den im Februar 2022 gestarteten COVID-19-Impfungen wurden bis Anfang dieses Jahres über 315.000 Dosen verabreicht, gegen Grippe wurde in dieser Saison 56.000-mal geimpft. Auch das ist ein enormer Erfolg, wenn man bedenkt, dass Apotheken die Grippeimpfung erst seit Herbst 2022 in der Regelversorgung anbieten können. Inzwischen entschließen sich immer mehr Apothekerinnen und Apotheker dazu. Denn mit diesem zusätzlichen Service schaffen sie einen Mehrwert für ihre bestehende Kundschaft, gewinnen neue Kundinnen und Kunden dazu und können ihr Profil als Heilberuflerin beziehungsweise Heilberufler noch stärker schärfen.

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Was muss passieren, damit wirklich die vor sich hin dümpelnden Influenza-Impfquoten deutlich verbessert werden? Während die WHO eine Impfquote von 75 Prozent empfiehlt, lag sie zuletzt bundesweit in der Saison 2020/2021 bei den über 60-Jährigen nur bei rund 47 Prozent.

Um die Quote deutlich zu steigern, braucht es die interdisziplinäre Zusammenarbeit aller Gesundheitsberufe, der Politik, Krankenkassen und pharmazeutischen Unternehmen. Ärztinnen und Ärzte spielen als primäre Vertrauenspersonen eine Schlüsselrolle bei der Förderung des Impfbewusstseins und der Befürwortung von Impfungen. Allerdings müssen die Menschen dafür erst den Weg in die Praxen finden. Ergänzende Impfangebote in Apotheken können, wie gesagt, dazu beitragen, dass das Thema Impfen stärker sichtbar wird und so einen Impuls geben, diese Schutzmaßnahme zu nutzen. Apotheken erreichen Zielgruppen, die sonst nicht über die Arztpraxen erreicht werden – etwa all jene, die keinen Hausarzt oder Hausärztin haben oder nicht regelmäßig zum Arzt gehen, wie zum Beispiel jüngere Menschen.

Was können wir von anderen Ländern lernen?

Daten aus anderen Ländern, in denen Apothekenimpfungen schon länger etabliert sind, zeigen, dass sie sehr gut angenommen, das Angebot geschätzt wird und es einen deutlichen Effekt auf die generelle Impfbereitschaft gibt. In Irland zum Beispiel impfen Apothekerinnen und Apotheker seit 2011 gegen Grippe. Seitdem ist dort die Zahl der Influenza-Impfungen auch bei den Hausärztinnen und Hausärzten gestiegen, und zwar um 8 Prozent. In Portugal führen Apotheken mittlerweile ein Drittel der Grippeimpfungen durch. Aber auch in Deutschland bestätigen erste Evalua­tionsergebnisse, dass Apotheken den Zugang zu Impfungen erleichtern: In der Modellregion Nordrhein etwa hätten sich 14 Prozent der Teilnehmenden „definitiv nicht“ und rund die Hälfte der Erstimpflinge wahrscheinlich ohne dieses Angebot nicht impfen lassen. 99 Prozent würden sich sicher oder wahrscheinlich noch einmal in der Apotheke gegen Grippe impfen lassen. 98 Prozent würden das Angebot auch gegen andere Erkrankungen nutzen. Diese positive Resonanz birgt großes Potenzial: Wären zum Beispiel neben Impfungen gegen Influenza auch andere Impf­angebote bundesweit in Apotheken möglich, zum Beispiel gegen Pneumokokken oder FSME, könnten etwa 7,55 Millionen Menschen zusätzlich gegen diese Erreger immunisiert werden, so eine Modellierung. Allein bei den Pneumokokken, die unter anderem Lungenentzündungen verursachen, könnten damit mindestens 20.487 Krankheitsfälle vermieden werden. Das bedeutet auch: über 75.000 weniger verlorene Arbeitstage und 19,6 Millionen weniger Krankenhauskosten.

Ein Blick in die Zukunft: Was wünschen Sie sich für das Jahr 2030 in Sachen Impfen in den Apotheken? Welche Impfungen sollten dann in der Apotheke zur Verfügung stehen?

Was die Zukunft angeht, ist für mich unser Nachbar Frankreich Vorbild: Dort können in Apotheken seit Ende 2022 fast alle Totimpfstoffe verimpft werden. Kurzfristig wäre es hierzulande sinnvoll, die FSME-Impfung zu ermöglichen: Laut einer Umfrage des DeutschenApothekenPortals stehen Apothekerinnen und Apotheker für weitere Impfungen bereit, allen voran für die FSME-Impfung. Fast die Hälfte der Stadt- und Landkreise in Deutschland sind mittlerweile Risikogebiete, dennoch lag die FSME-Impf­rate dort 2019 bei 18,4 Prozent. 99 Prozent der 2021 gemeldeten FSME-Erkrankten waren nicht oder unzureichend geimpft. Niederschwellige Impfangebote in Apotheken könnten hier rasch Abhilfe schaffen. Apothekerinnen und Apotheker haben auch beim Beratungsthema „Zecken“ viel Erfahrung und können im richtigen Moment, etwa beim Kauf von Repellentien oder Zeckenzangen, auf die Impfung hinweisen. Da die FSME-Impfung ganzjährig möglich ist, können die bis jetzt für die saisonalen Impfungen gegen Grippe und COVID-19 geschaffenen Räumlichkeiten der Apotheken ganzjährig genutzt werden. Es gibt also noch viel ungenutztes Potenzial!

Wir danken für das Gespräch.

Boris von Maydell

Thomas Preis

Dr. Benjamin Wessinger

Mediengruppe Deutscher Apotheker Verlag

Gesponsert von Pfizer Pharma GmbH


Deutsche Apotheker Zeitung
redaktion@daz.online


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