INTERPHARM 2023 Heimversorgung KOMPAKT

Vitamin-B12-Mangel – und andere typische Beratungsthemen im Pflegeheim

Stuttgart - 03.04.2023, 13:45 Uhr

Apothekerin Dr. Magdalena Schönemann ist Mitinhaberin der Sailers Apotheken OHG mit Sitz in Rottweil. (Foto: Moritz Hahn / DAZ)

Apothekerin Dr. Magdalena Schönemann ist Mitinhaberin der Sailers Apotheken OHG mit Sitz in Rottweil. (Foto: Moritz Hahn / DAZ)


Nebenwirkungen, Wechselwirkungen und Applikationsprobleme sind in der Arzneimitteltherapie – in der Theorie – zahlreich und Apotheker:innen hinlänglich bekannt. Wozu aber in einer „Full-Service-Apotheke“ bei der Heimversorgung in der Praxis tatsächlich häufig beraten wird, erläuterte Apothekerin Dr. Magdalena Schönemann vergangenen Freitag zum Beginn der INTERPHARM 2023, im Rahmen der Heimversorgung KOMPAKT.

Bereits vor 15 Jahren hat sich eine der Apotheken aus der „Sailers Apotheken OHG“ aus Rottweil laut Dr. Magdalena Schönemann auf die Heimversorgung spezialisiert. Dort muss man also wissen, was in der praktischen Beratung oder Betreuung von Pflegeheimen wirklich wichtig ist. Und so erläuterte Apothekerin Schönemann aus der eigenen Erfahrung am vergangenen Freitag zum Auftakt der INTERPHARM 2023 in ihrem Online-Vortrag die „Dinge, die immer und immer wieder vorkommen“. Sie betonte dabei, über wie viele Daten verblisternde Apotheken durch die Medikationspläne verfügen, die für eine umfassende pharmazeutische Betreuung genutzt werden können. So könne man als „Full-Service-Apotheke“ langfristige Partnerschaften mit Pflegeheimen aufbauen.

Kennen Sie „Schwimmkapseln“?

Eine der häufigsten Fragen in der Beratung ist die, ob ein bestimmtes Präparat geteilt werden kann. Hier sollte man laut Schönemann zunächst fragen, warum etwas geteilt werden soll. Geht es nur darum, das Schlucken zu vereinfachen und nicht die Dosis zu halbieren, ist teilen meist möglich – abhängig von der Formulierung aber natürlich nicht immer. Als weniger bekanntes Beispiel nannte Schönemann „Madopar Depot Kapseln“ von Roche, die für erleichtertes Schlucken nicht einfach geöffnet werden dürfen. Es handelt sich nämlich um „Schwimmkapseln“, eine besondere Form der Retardierung mit hydriertem Speiseöl im Kapselinneren.

Auch bei Fragen zur Mörserbarkeit von Tabletten müsse immer zunächst geklärt werden, was gemörsert werden soll und wie beziehungsweise worin. So sollen Einwegbecher beispielsweise immer zweimal nachgespült werden, um den Verlust an Arzneistoff gering zu halten. Aber auch an die dermale und inhalative Belastung des Pflegepersonals muss gedacht werden.

Sondenapplikation – großes Beratungspotenzial

In Schönemanns Wahrnehmung ist die Sondenapplikation in der Heimversorgung ein sehr großes Thema. Immerhin sollen knapp 8 Prozent der Pflegeheimbewohner:innen eine Sonde tragen. Hier müsse man immer zunächst klären, wo die Sonde endet. Ist das beispielsweise im Magen der Fall, sind magensaftresistente Überzüge problematisch. 

An mehreren praktischen Beispielen erläuterte Schönemann, wie die Apotheken bei solchen Problemen helfen können. So können beispielsweise bei Pantoprazol Darreichungsformen mit Pellets weiterhelfen. „Aspirin protect“ wiederum müsse nicht, aber sollte durch eine Alternative ohne Überzug ausgetauscht werden, weil die überzogenen Tabletten schlechter mörserbar sind und die Sonde verstopfen könnten. Aber auch retardierte Tabletten könnten beispielsweise durch eine Lösung ersetzt werden, wenn dafür die Dosisintervalle verkürzt werden. Bei Morphin hingegen werde oft zu Pflastern gewechselt.

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Jenseits solcher Applikationsprobleme ist die Apotheke beispielsweise bei durch Arzneimittel bedingtem Vitamin-B12-Mangel immer wieder gefragt. Vitamin-B12-Mangel komme in der Praxis aufgrund von (kombinierter) Pantoprazol- und Metformin-Einnahme ganz typisch und häufig vor, so Schönemann. Aber auch die Supplementierung mit Magnesium (bei Diuretika) oder Coenzym Q10 (bei Statinen) könne immer wieder nötig werden. Außerdem solle das Pflegepersonal von der Apotheke auf Risiken wie den sogenannten Triple Whammy hingewiesen werden. Gerade auch bei Paxlovid seien die Pflegeheime in der jüngeren Vergangenheit sehr dankbar gewesen, wenn sie zu Interaktionen beraten wurden.

Auf das Thema Paxlovid ging Apotheker Dr. Björn Schittenhelm im anschließenden Vortrag noch im Detail ein. Schönemann schloss ihren Vortrag am Freitag mit Hinweisen zur Hilfsmittelversorgung und riet zu Wundmanagern in der Apotheke.

INTERPHARM 2023 – zurück vor Ort

Online-Fortbildungen sind ja schon ganz nett und irgendwie praktisch, aber vor Ort ist dann doch etwas anderes. Deswegen bietet die INTERPHARM in diesem Jahr das Beste aus beiden Welten. Online- und Präsenzfortbildungen. Online finden die Heimversorgung KOMPAKT (31. März), der ApothekenRechtTag (14. April), Apotheke & Wirtschaft (21. April) und Zukunft Personal (26. Mai) statt. 

Zurück vor Ort sind der Pharmazeutische Kongress und der PTAheute-Kongress. Und zwar sowas von zurück! Wir treffen uns in diesem Jahr in der Lokhalle in Göttingen. Das Programm ist jetzt online.


Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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