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Vorsicht: Abhängigkeit und schwere Hautreaktionen
Gabapentin-Entzug vergleichbar mit Alkohol-Entzug?
Dass Lyrica (Pregabalin) ein Abhängigkeitspotenzial besitzt, dürfte den meisten Apotheker:innen bekannt sein. Doch gilt das für Gabapentin aus derselben Wirkstoffgruppe der Gabapentinoide gleichermaßen? Eine kürzlich beschlossene Angleichung der Fachinformationen lässt darauf schließen: Der Entzug von Gabapentinoiden soll in der aktuellen Literatur als vergleichbar mit dem Entzug von Benzodiazepinen und Alkohol beschrieben werden.
Einige Arzneimittel – wie beispielsweise manche Schmerzmittel oder Sedativa – haben das Potenzial, abhängig zu machen. Seit 2020 gibt es sogar eine Leitlinie, die Empfehlungen zum Umgang mit dem chronischen Fehlgebrauch von Arzneimitteln gibt. Wie es in der DAZ 27/2021 dazu hieß, scheint demnach das „Abhängigkeitspotenzial von Gabapentinoiden geringer zu sein als das anderer Sedativa und Stimulanzien“, speziell bei Pregabalin scheine das Risiko höher zu sein als unter Gabapentin-Therapie.
In der Leitlinie heißt es zur Indikation von Gabapentin und Pregabalin:
„Laut Fachinformation sind Gabapentin und Pregabalin zugelassen für die Behandlung der Epilepsie sowie (peripherer) neuropathischer Schmerzen bei Erwachsenen. Pregabalin hat zudem eine Zulassung bei generalisierter Angststörung bei Erwachsenen. Der Arzneiverordnungsreport 2015 gibt an, dass Pregabalin am häufigsten zur Behandlung neuropathischer Schmerzen (89 %) eingesetzt wird.“
Gabapentin und Pregabalin würden zudem häufig bei anderer Schmerzsymptomatik off-label eingesetzt. Beide sind Analoga des Neurotransmitters Gamma-Aminobuttersäure (GABA), der genaue Wirkmechanismus ist jedoch nicht bekannt.
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In der Leitlinie wird schließlich die Empfehlung ausgesprochen, dass bei der Verschreibung von Gabapentinoiden durch regelmäßiges Monitoring ein potenzielles Abhängigkeitsrisiko erhoben werden soll.
Knapp drei Jahre nach Fertigstellung der Leitlinie ist kürzlich ein europäisches, die periodischen Sicherheitsberichte bewertendes Verfahren zu Gabapentin zum Ende gekommen. In dessen Folge soll nun in den Produktinformationen von Gabapentin das Abhängigkeitspotenzial – wie bereits bei Pregabalin – stärker betont werden.
Gabapentin-Abhängigkeit droht schon bei therapeutischen Dosen
Wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vergangene Woche bekannt gab, müssen auf Basis der Sicherheitsberichte die Fach- und Gebrauchsinformationen von Gabapentin angepasst werden. Denn offenbar ist das Abhängigkeitspotenzial von Gabapentin größer als bislang angenommen:
„Gabapentin kann eine Arzneimittelabhängigkeit verursachen, die bei therapeutischen Dosen auftreten kann. Es wurde über Fälle von Missbrauch und nicht bestimmungsgemäßem Gebrauch berichtet. Bei Patienten mit Drogenmissbrauch in der Vorgeschichte kann ein höheres Risiko für nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch, Missbrauch und Abhängigkeit von Gabapentin bestehen. Daher sollte Gabapentin bei diesen Patienten mit Vorsicht angewendet werden. Vor der Verschreibung von Gabapentin sollte das Risiko des Patienten für einen nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch, einen Missbrauch oder einer Abhängigkeit sorgfältig geprüft werden.“
Ursprünglich war der Hinweis, dass die Abhängigkeit bereits bei therapeutischen Dosen auftreten kann, in der Fachinformation nicht vorhanden. Patient:innen sollen folglich zum Beispiel auf Toleranzentwicklung, Dosissteigerung und wirkstoffsuchendes Verhalten überwacht werden. „Arzneimitelabhängigkeit“ soll zudem künftig als Nebenwirkung mit der Häufigkeit „nicht bekannt“ angegeben werden. Außerdem soll in der Fachinformation darauf hingewiesen werden, dass auch bei Neugeborenen, die in utero Gabapentin ausgesetzt waren, über ein neonatales Entzugssyndrom berichtet wurde.
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Patient:innen sollen grundsätzlich auf das mögliche Auftreten von Entzugssymptomen beim Absetzen von Gabepentin hingewiesen werden. Um diese zu vermeiden, soll Gabapentin schrittweise über den Zeitraum von mindestens einer Woche abgesetzt werden – unabhängig von der Indikation. Die Entzugssymptome sollen in der Regel innerhalb von 48 Stunden auftreten und äußern sich durch:
Treten Entzugssymptome auf, könne das auf eine Arzneimittelabhängigkeit hinweisen.
Die Verstärkung der Warnhinweise für Gabapentin stehe im Einklang mit den vorangegangenen Aktualisierungen der Produktinformation für Pregabalin, heißt es in den wissenschaftlichen Schlussfolgerungen in Anlage 2 des BfArM-Bescheids und: „Der Entzug von Gabapentinoiden wird in der aktuellen Literatur als vergleichbar mit dem Entzug von Benzodiazepinen und Alkohol beschrieben.“
Vorsicht: schwere Hautreaktionen
Neben dem Abhängigkeitspotenzial soll künftig auch verstärkt auf die Möglichkeit schwerer Hautreaktionen unter Gabapentin-Einnahme hingewiesen werden, wie:
- Stevens-Johnson-Syndrom (SJS),
- toxisch epidermaler Nekrolyse (TEN) und
- Arzneimittelexanthem mit Eosinophilie und systemischen Symptomen (DRESS)
Diese Hautreaktionen können lebensbedrohlich sein.
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Es gilt die Empfehlung: „Die Patienten sollten zum Zeitpunkt der Verschreibung auf die Anzeichen und Symptome der Hautreaktionen hingewiesen und engmaschig auf diese überwacht werden. Beim Auftreten von Anzeichen und Symptomen, die auf diese Reaktionen hinweisen, sollte die Behandlung mit Gabapentin unverzüglich beendet und eine alternative Behandlung in Betracht gezogen werden (falls erforderlich).“ Sind SJS, TEN oder DRESS einmal aufgetreten, darf die Behandlung zu keinem Zeitpunkt wieder aufgenommen werden.
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