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Aut simile bei Kinderantibiotika, aber wie?

Stuttgart - 20.04.2023, 07:00 Uhr

Bei Engpässen bleibt oft nur der Aut-simile-Austausch. (Foto: Oleksandr / AdobeStock)

Bei Engpässen bleibt oft nur der Aut-simile-Austausch. (Foto: Oleksandr / AdobeStock)


Auch wenn die Infektionswelle mit dem Frühling hoffentlich abklingen wird, Antibiotika sind immer noch ein knappes Gut. Besonders in der Pädiatrie fehlen flächendeckend Trockensäfte mit den Wirkstoffen Penicillin, Amoxicillin und Amoxicillin/Clavulansäure. Wie kann man in der Apotheke reagieren?

Lieferengpässe und das Apothekenpersonal sind schon alte Bekannte, leider. Doch sorgt der derzeit gravierende Engpass an Antibiotika, gerade in Darreichungsformen für Kinder, in den Offizinen für besonders tiefe Sorgenfalten. Mit dem noch aus der Corona-Pandemie stammenden Aut-simile-Austausch hat der Gesetzgeber für solche Fälle die Möglichkeit geschaffen, in Rücksprache mit der verordnenden Ärzt:in das Antibiotikum gegen ein pharmakologisch-therapeutisches gleichwertiges Arzneimittel auszutauschen. Voraussetzung hierfür: Wirkstoffgleiche Alternativen dürfen nicht lieferbar sein – dieser Tage mehr Regel als Ausnahme. Das pharmazeutische Personal wird also noch häufig darauf zurückgreifen müssen. Aber was bedeutet „pharmakologisch-therapeutisch vergleichbar“ ausbuchstabiert im Kontext einer antibiotischen Therapie? Je nach Substanz unterscheiden sich nicht nur die Wirkspektren, sondern müssen zusätzlich auch Pharmakokinetik, und patientenindividuelle Parameter wie bspw. das Alter bei der Auswahl von Alternativen berücksichtigt werden.

Auf die Indikation kommt es an

Ausgangspunkt ist zunächst die Indikation: Wogegen wurde das Antibiotikum eigentlich verordnet? Meist geschieht das kalkuliert, d. h. der verschreibende Arzt rechnet dem klinischen Bild entsprechend mit bestimmten Keimen und verordnet ein passendes Antibiotikum. Um in der Apotheke dann im Fall der Nichtverfügbarkeit schnell kalkulierte Alternativ-Antibiotika zu identifizieren, stehen verschiedene Hilfsmittel parat, bspw. die Äquivalenzdosistabellen der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker sowie die Empfehlungen für alternative kalkulierte orale Antibiotikatherapien des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte e. V., der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V. und der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie e. V.. Diese Übersichten fassen die Standard- und Alternativantibiotika nach verschiedenen Indikationen zusammen. 

Update Antibiotika

Mehr zum Thema Antibiotika gibt es auf der INTERPHARM 2023 in Göttingen. Der Vortrag übermittelt einen Überblick über die aktuelle Resistenzsituation sowie die daraus resultierenden Änderungen in der leitliniengerechten Therapie bakterieller Infektionen.
In Zeiten vermehrter Lieferausfälle gilt ein Blick auch der Austauschbarkeit innerhalb verschiedener Antibiotika-Klassen. Ein weiterer Schwerpunkt des Vortrags liegt in der Beratung bei der Abgabe von Antibiotika. Beispielhaft werden Fälle aus der Praxis dargestellt.

Apotheker Dr. Werner Haußmann, Göggingen

Update Antibiotika: Beratung, Resistenzen, Leitlinien und Austauschbarkeit – Fälle aus der Praxis

Freitag, 5. Mai 2023 16:15 - 17:00 Uhr, pharmazeutischer Kongress, Lokhalle Göttingen

Tickets und weitere Infos rund um die INTERPHARM 2023 in Göttingen gibt es hier. 

Mit einem Blick kann dem Arzt im Gespräch so schnell eine hoffentlich lieferbare Alternative vorgeschlagen werden. Bspw. könnte bei einem Kind mit Mittelohrentzündung ein verordneter Amoxicillin-Trockensaft auch mit den Cephalosporinen Cefaclor oder Cefuroxim bzw. den Makroliden Erythromycin oder Clarithromycin ersetzt werden. Doxycyclin wäre als Alternative zwar ebenso wirksam – allerdings nur für Kinder älter als acht. Darunter kann das Tetracyclin zu bleibenden Zahnverfärbungen führen. Das Antibiotikum muss eben nicht nur zum Keim passen, sondern auch zum Patienten mit all seinen individuellen Eigenschaften, Medikationen und Komorbiditäten.

Blick für das Wesentliche schärfen

Mit dem Engpass schärft sich hoffentlich auch der Blick für eine strenge Indikationsstellung. Nach wie vor werden Antibiotika oft verordnet, obwohl sie gar nicht nötig sind. Gerade deshalb lohnt noch einmal der Blick in die Leitlinien, um auch die nicht antibiotischen Therapieverfahren zu verinnerlichen. Welche das sind, welche Antibiotika noch als Alternativen zur Verfügung stehen und wann sie für bestimmte Patienten nicht geeignet sind, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der DAZ.

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Dr. Tony Daubitz, Apotheker
redaktion@daz.online


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