Outsourcing und Apotheke

Welche Tätigkeiten dürfen Apotheken auslagern?

Stuttgart - 20.04.2023, 09:15 Uhr

Rechtsanwalt Dr. Timo Kieser klärte beim diesjährigen ApothekenRechtTag über Outsourcing-Möglichkeiten für Apotheken auf. (Foto: Hahn/DAZ)

Rechtsanwalt Dr. Timo Kieser klärte beim diesjährigen ApothekenRechtTag über Outsourcing-Möglichkeiten für Apotheken auf. (Foto: Hahn/DAZ)


Outsourcing ist auch für Apotheken ein wichtiges Thema. Aber nicht alles, was eine Apotheke gerne auslagern würde, ist erlaubt. Wie es zum Beispiel mit Beratung aus dem Homeoffice oder einem Call-Center aussieht, erklärte Rechtsanwalt Dr. Timo Kieser beim diesjährigen ApothekenRechtTag, der am vergangenen Freitag digital stattfand.  

Es gibt viele Gründe, warum eine Apotheke Tätigkeiten auslagern möchte: Wer sich auf seine Kernkompetenzen konzentrieren möchte, will sich beispielsweise nicht mit Marketingfragen auseinandersetzen müssen. Vielleicht will man auch sein Angebot erweitern – etwa Heimen verblisterte Arzneimittel anbieten oder Spezialleistungen jemandem übertragen, der diese besser kann. Auch dem Gesetz- und Verordnungsgeber ist das Outsourcing nicht fremd. Es gibt sogar eine Reihe ausdrücklich geregelter Fallgestaltungen. So etwa die Prüfung von Ausgangsstoffen nach § 11 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO). In der Regel erledigen diese die Apotheken zwar selbst – aber sie kann unter der Verantwortung des Apothekenleiters auch an einen Herstellungsbetrieb oder eine andere Apotheke ausgelagert werden. Die praktische Relevanz dieser Option ist allerdings begrenzt. Etwas größer ist sie für die ebenfalls in der Apothekenbetriebsordnung vorgesehene Möglichkeit, die Prüfung von Defekturen an Dritte auszulagern. 

Noch mehr INTERPHARM? 

Die Heimversorgung KOMPAKT und der ApothekenRechtTag waren nur der Anfang. Online geht es am 21. April weiter mit Apotheke und Wirtschaft am 21. April, am 26. Mai folgt Zukunft Personal.

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Und wenn es keine gesetzliche Regelung gibt?

Wenn es keine konkreten gesetzlichen Vorgaben gibt, sind dennoch grundsätzliche Normen zu beachten. Etwa die strafrechtlichen Verschwiegenheitspflichten. Ein Apotheker, dem ein fremdes Geheimnis anvertraut wurde, darf dieses nämlich nicht unbefugt weitergeben – das gilt auch für „mitwirkende Personen“ bei Apothekentätigkeiten oder für Datenschutzbeauftragte. Und es kann durchaus vorkommen, dass ein solches Geheimnis weitergegeben wird, wenn Tätigkeiten ausgelagert werden. Der Gesetzgeber habe jedoch erkannt, dass dies „im nicht hart pharmazeutischen Bereich“ zu Schwierigkeiten führen und ein effizientes Arbeiten behindern könne, so Kieser. Beispielsweise, wenn es um die Software geht. Ist hier ein Drittunternehmen für die Apotheke tätig, so muss eine schriftliche Verpflichtungserklärung abgegeben werden – der Dritte muss aufgeklärt sein, dass er Geheimnisträger ist und dass es strafrechtliche Konsequenzen hat, wenn er Geheimnisse weitergibt.

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Blick hinter die Kulissen der Gematik

Eine weitere wichtige Norm ist § 7 ApoG, die den Apothekenleiter zur persönlichen Leitung der Apotheke verpflichtet. Sie enthält keine ausdrückliche Einschränkung für eine Zusammenarbeit mit Dritten. Doch aus ihr lässt sich ableiten, dass der Erlaubnisinhaber alle wesentlichen Betriebsvorgänge selbst bestimmen, steuern und überwachen muss. Pharmazeutische Tätigkeiten dürfen grundsätzlich nicht aus der Hand gegeben werden. Weiterhin dürfen nach § 8 ApoG keine Vereinbarungen mit Partnern getroffen werden, bei denen eine Vergütung vorgesehen ist, die sich am Gewinn oder Umsatz der Apotheke orientiert. Ob es möglicherweise zulässig ist, wenn die Vergütung nur an den Umsatz eines Einzelgeschäftes gekoppelt ist, ist umstritten. Dies ist aber im Bereich des Outsourcings weniger bedeutsam als bei der rechtlichen Bewertung von Plattformen. 

Beratung nur aus den Apothekenbetriebsräumen?

Die Gerichte haben sich bereits mit zahlreichen Varianten des Outsourcings beschäftigt. So entschied das Oberverwaltungsgericht Lüneburg 2018, dass Rezepturen schwerpunktmäßig in einer Filialapotheke hergestellt werden können.Was allerdings nicht auf eine Filiale übertragen werden darf, ist der Notdienst. Das hat das Bundesverwaltungsgericht bereits 2011 klargestellt.

Der Bundesgerichtshof entschied überdies im Jahr 2012, dass zwar eine Reihe von Dienstleistungen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Arzneimittelabgabe stehen, von Apotheken ausgelagert werden dürfen, etwa Marketingtätigkeiten, das Einsammeln von Rezepten oder Vertragsverhandlungen mit Lieferanten, Krankenkassen, Logistikunternehmen und Dienstleistern. Ein Stoppschild erhob er aber bei der pharmazeutischen Beratung. Diese könne nicht über ein Callcenter laufen, sondern müsse in Räumen erfolgen, die von der Betriebserlaubnis erfasst sind. 

Für Kieser stellt sich nach drei Jahren Pandemie allerdings die Frage, ob diese Entscheidung noch aktuell ist – möglicherweise müsste man sie neu durchdenken und neu begründen. Wäre nicht doch auch eine Beratung aus dem Homeoffice sinnvoll? Auch im Botendienst könne mittlerweile bei der Auslieferung eines Arzneimittels die Beratung durch pharmazeutisches Personal außerhalb der Apothekenbetriebsräume erfolgen. Dagegen lässt sich allerdings einwenden, dass man schon aus berufspolitischen Gründen dabei bleiben sollte, Beratung und Arzneimittelabgabe unmittelbar miteinander zu verknüpfen – und zwar in den Apothekenbetriebsräumen. 

Was den Botendienst betrifft, ist überdies noch nicht gerichtlich geklärt, ob dieser outgesourct werden kann. Kieser hält das für möglich, wenn sichergestellt ist, dass der Apotheker seine Weisungshoheit behält.

ApothekenRechtTag verpasst?

Kein Problem, die Vorträge aller Online-Veranstaltungen stehen noch bis 30. Juni 2023 im Online-Archiv zur Verfügung. 


Kirsten Sucker-Sket
redaktion@daz.online


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