Rezeptur in den Spezial-Ringversuchen

Wie Budesonid-Zäpfchen in der Apotheke hergestellt werden

Stuttgart - 26.04.2023, 16:45 Uhr

Da durch die rektale Anwendung der Zäpfchen der First-Pass-Effekt in der Leber umgangen wird, tritt die Wirkung meist sehr schnell ein. (Foto: enriscapes / AdobeStock)

Da durch die rektale Anwendung der Zäpfchen der First-Pass-Effekt in der Leber umgangen wird, tritt die Wirkung meist sehr schnell ein. (Foto: enriscapes / AdobeStock)


Im Rahmen der Rezeptur werden Zäpfchen eher selten hergestellt. Doch die anhaltenden Lieferengpässe für Fieberzäpfchen haben verdeutlicht, wie wichtig die rezepturmäßige Fertigung ist. Im Spezial-Ringversuch 2023, in dem seltene Rezepturen getestet werden, geht es daher um die rektale Darreichungsform. Lesen Sie, wie Budesonid-halitge Suppositorien in der Offizin hergestellt werden.

Bei den jährlichen Ringversuchen werden meistens häufig nachgefragte Rezepturen getestet. Bei den ergänzenden Spezial-Ringversuchen handelt es sich hingegen um apothekerliche Zubereitungen, die nicht oft angefordert werden. In diesem Jahr geht es im Spezial-Ringversuch um Budesonid-Suppositorien, Anfang April hat der Prüfungszeitraum hierzu begonnen. 

Rektale Anwendung von Budesonid 

Budesonid gehört zur Arzneistoffklasse der synthetischen Glucocorticoide und wird überwiegend zur lokalen Anwendung in den Atemwegen und im Gastrointestinaltrakt eingesetzt. In Form von Zäpfchen, Klistieren oder Rektalschäumen wird der Wirkstoff zur Behandlung von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn verwendet. 

Die Einzeldosis beträgt bei der rektalen Anwendung in der Regel 2 mg Budesonid. Die volle Wirkung entfaltet sich meist nach 2 bis 4 Behandlungswochen.

Herstellung von Budesonid-haltigen Zäpfchen

Budesonid liegt als weißes Pulver vor und ist als mikrofeine Rezeptursubstanz erhältlich. Standardisierte Rezepturvorschriften zur Herstellung von Suppositorien mit Budesonid gibt es nicht. Eine Herstellung kann mit Hartfett als Grundlage nach den bekannten Herstellungsverfahren erfolgen.

Budesonid liegt in einer äußerst niedrigen Konzentration von 2 mg pro Zäpfchen vor. Zur Verbesserung der Dosierungsgenauigkeit und der gleichmäßigen Verteilung des Wirkstoffs sollte dieser daher vor der Verarbeitung mit einem inerten Füllstoff wie Dextrin oder Kartoffelstärke im Verhältnis 1 + 9 oder 1 + 99 verrieben werden.

Zur Erinnerung: Wie wirkt Budesonid?

Budesonid weist einen hohen lokalen antiphlogistischen Effekt auf. Die Substanz bindet an Glucocorticoid-Rezeptoren, die in hoher Konzentration in den Bronchien und im Darm vorkommen. 

Der Komplex aus Glucocorticoid und Rezeptor gelangt dabei in den Zellkern und löst in der Zelle neben der antientzündlichen auch antiallergische, antiexsudative und antiödematöse Effekte aus. 

Die Bindungsaffinität von Budesonid an die Rezeptoren ist ungefähr 15-mal stärker als die von Prednisolon.

Zunächst muss die benötigte Menge an Budesonid auf einem Wägeschälchen auf der Analysenwaage abgewogen werden. Rein rechnerisch werden für 20 Zäpfchen 0,04 g Wirkstoff benötigt, es muss aber gegebenenfalls noch ein Einwaagekorrekturfaktor berücksichtigt werden.

Rezepturvorschlag: Budesonid-Suppositorien 2 mg, 20 Stück
1 Zäpfchen enthält: 
Budesonid 0,002 g
Dextrinq.s.
Hartfettq.s. 

Wann ist der Einwaagekorrekturfaktor nötig?

Ab einem Mindestgehalt von mehr als 2 Prozent sollte bei der Einwaage von Arzneistoffen ein Korrekturfaktor berücksichtigt werden. Damit der Gehalt im Arzneimittel richtig ist, wird die berechnete Einwaage mit diesem Faktor multipliziert und so die erhöhte Soll-Einwaage erhalten. Dieser Wert wird dann tatsächlich abgewogen und im Herstellungsprotokoll notiert.

Die abgewogene Menge an Budesonid wird nun mit der 9-fachen Menge an Dextrin versetzt und eine Pulververreibung hergestellt. 

Bei Dextrin handelt es sich um eine Mischung verschiedener Oligo- und Polysaccharide, die beim enzymatischen Abbau von Stärke erhalten werden. Das Pulver besitzt gute Fließeigenschaften und wird als Hilfsstoff zur Herstellung von Arzneimitteln eingesetzt.

Hartfettmenge bestimmen durch Verdrängungsfaktor-Verfahren

Die Berechnung der erforderlichen Hartfettmenge kann nach dem Verdrängungsfaktor-Verfahren erfolgen: Dabei wird berechnet, welche Menge an Grundlage nötig ist, um mit dem suspendierten Arzneistoff das Volumen der verwendeten Zäpfchengießform auszufüllen. Das Füllvolumen der Gießform, der Eichwert Ē, muss dazu bekannt sein.

Bei der Verwendung einer Metallgießform kann der Eichwert ermittelt werden, indem alle Bohrungen der Form mit geschmolzenem Hartfett ausgefüllt werden. Nach dem Erstarren wird die Gießschwarte abgestreift und die Zäpfchen entnommen und gewogen. Die Gesamtmasse wird durch die Anzahl der ausgegossenen Suppositorien geteilt und es kann der Eichwert als Durchschnittsmasse eines Zäpfchens erhalten werden.

Berechnung der Hartfettmenge

Budesonid liegt in der Grundmasse aus Hartfett ungelöst vor und verdrängt daher ein bestimmtes Volumen an Grundlage. Für den Wirkstoff und auch für die Wirkstoff-Verreibung kann zur Berechnung ein Verdrängungsfaktor von f = 0,7 eingesetzt werden. Die Abweichung vom tatsächlichen Wert kann bei der geringen Wirkstoffmenge vernachlässigt werden. Die erforderliche Einwaage an Hartfett kann durch folgende Formel berechnet werden:

Mn = n × (Ē – f × A)

Mn: Einwaage an Hartfett für n Zäpfchen (g)
n: Zahl der herzustellenden Zäpfchen
Ē: Eichwert (g)
f: Verdrängungsfaktor für Budesonid bzw. Budesonid-Verreibung = 0,7
A: Masse an Budesonid bzw. Budesonid-Verreibung pro Zäpfchen (g)

Zur Berechnung der Hartfettmenge steht auf der Internetplattform ptaheute.de auch eine Online-Rechenhilfe bereit. Nach Eingabe der nötigen Angaben wie Zäpfchenzahl, Eichwert der Gießform und Verdrängungsfaktor kann mit einem Klick die benötigte Menge an Grundlage abgelesen werden.

Mehreinwaage an Wirkstoff und Grundlage!

Durch Rückstände in der Schale oder am Pistill kommt es bei der Zäpfchenherstellung unweigerlich zu Verlusten. Um diese auszugleichen, wird mit einem Produktionszuschlag gearbeitet. Diese Mehreinwaage muss für den Wirkstoff bzw. die Wirkstoff-Verreibung und die Grundlage berücksichtigt werden. 

Das Neue Rezeptur Formularium (NRF) empfiehlt für 20 abzugebende Zäpfchen einen Überschuss von sechs Zäpfchen herzustellen. Dieser relativ große Überschuss kommt dadurch zustande, dass es bei der Herstellung von Suspensionszäpfchen trotz kontinuierlichem Rühren zu einer Fehldosierung in den letzten Anteilen der Schmelze kommt. Die letzten sechs Zäpfchen sollen daher verworfen werden.

Die berechnete Menge an Hartfett wird in eine Metallschale gegeben und im Wasserbad bis zur Schmelze erwärmt. Anschließend wird die Budesonid-Verreibung in die Grundlage eingearbeitet. 

Unter ständigem Rühren wird die Masse nun ausgegossen. Da sich diese beim Erkalten zusammenzieht, werden die Bohrungen etwas überfüllt. Nach dem Erkalten kann der Gießüberstand mit einem Kartenblatt abgekratzt und verworfen werden. 

Das Ausgießen der zuvor in der Schale homogenisierten Schmelze kann auch mithilfe einer Zäpfchengießflasche erfolgen. Dabei handelt es sich um eine Quetschflasche aus Polyethylen mit einem aufschraubbaren Spritzaufsatz. Unmittelbar vor dem Ausgießen wird die temperierte Flasche – unter Verschluss der Öffnung mit dem Finger – kräftig umgeschüttelt, dazu sollten Einweghandschuhe getragen werden. Nach dem Ausgießen von jeweils drei Zäpfchen wird erneut umgeschüttelt. 

Die fertigen Zäpfchen werden mit Alufolie umwickelt, als Aufbrauchfrist kann 1 Jahr angegeben werden.

Qualität bei der Zäpchenherstellung gewährleisten

Zur Sicherstellung der Qualität der hergestellten Zäpfchen gibt es verschiedene Möglichkeiten: Zunächst einmal sollte während der gesamten Herstellung die homogene Verteilung des Feststoffs und die Abwesenheit von Wirkstoffagglomeraten in der geschmolzenen Grundlage visuell beurteilt werden. 

Idealerweise erfolgt das Aufschmelzen und Ausgießen der Zäpfchen unter Temperaturkontrolle. Gut geeignet sind dazu kontaktlose Infrarot-Thermometer. Vor dem Ausgießen sollte die Schmelze so weit abgekühlt sein, dass die Viskosität langsam zunimmt, alle Zäpfchen sollten jedoch ohne erneutes Erwärmen ausgegossen werden können. Beim Gießen aus der Metallschale beträgt die optimale Gießtemperatur 33 bis 34 °C, bei Verwendung einer Spritzflasche liegt diese leicht höher bei 34 bis 35 °C. 

Die fertigen Zäpfchen können dann auf Masserichtigkeit geprüft werden. Dabei wird nachgewiesen, dass jede einzelne Darreichungsform das gewünschte Gewicht besitzt. Bei einer Herstellung in der Metallgießform werden dazu 10 einzelne Zäpfchen auf der Analysenwaage gewogen und daraus die mittlere Masse der Zäpfchen berechnet. Diese muss annähernd dem Soll-Wert eines Zäpfchens entsprechen. Die prozentuale Abweichung sollte dabei nicht mehr als +/- 3 Prozent betragen. 

Werden dagegen Einmalgießformen aus Kunststoff zur Herstellung verwendet, wird die Masse aller vollständig befüllten 10er-Folienstreifen vor dem Verschließen mit Klebeband bestimmt. Davon wird die durchschnittliche Masse eines leeren Streifens subtrahiert und dadurch die Nettomasse von 10 Zäpfchen erhalten. Diese darf nicht mehr als +/- 0,5 g von der gewünschten Soll-Masse der 10 Zäpfchen abweichen. 

Weiterhin sollen die fertigen Zäpfchen gleichmäßig aussehen und dürfen keine Brüche oder Risse aufweisen. In den Kunststoffverpackungen dürfen keine Verformungen an der Oberfläche zu erkennen sein.

Beschriftung der fertigen Suppositorien

Die Beschriftung der hergestellten Zäpfchen richtet sich nach den Vorgaben des § 14 Apothekenbetriebsordnung. Wurde bei der Einwaage von Budesonid ein Korrekturfaktor berücksichtigt, so ist darauf zu achten, dass auf dem Etikett die tatsächlich enthaltene Menge an Wirkstoff und nicht die mithilfe des Faktors berechnete Soll-Einwaage angegeben wird. 

Beispieletikett für Budesonid-Zäpfchen (Foto: pta.heute.de)

Dr. Annina Bergner, Apothekerin, Autorin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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