Brandenburg

Ärzte und Apotheker für unbürokratische Austauschmöglichkeiten bei Lieferengpässen

Berlin - 11.05.2023, 15:30 Uhr

Bei Lieferengpässen sollen Apotheken weiterhin bestimmte Freiheiten bei der Suche nach einem Alternativpräparat erhalten, fordern LÄK und LAK Brandenburg. (Foto: IMAGO / Westend61)

Bei Lieferengpässen sollen Apotheken weiterhin bestimmte Freiheiten bei der Suche nach einem Alternativpräparat erhalten, fordern LÄK und LAK Brandenburg. (Foto: IMAGO / Westend61)


Um ihre Patientinnen und Patienten schnell und unbürokratisch versorgen zu können, appellieren die Landesärzte- und die Landesapothekerkammer Brandenburg gemeinsam an die Politik, die erleichterten Austauschregeln für Apotheken beizubehalten. Zudem fordern sie, die Heilberufler vor Regressen und Retaxationen zu schützen, wenn sie auf einen Medikamentenmangel reagieren müssen.

Lieferengpässe erschweren derzeit die Versorgung der Menschen in Deutschland mit Medikamenten massiv. Um dem Problem Herr zu werden, hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) das sogenannte Lieferengpass-Gesetz (ALBVVG) auf den Weg gebracht – am morgigen Freitag wird sich erstmals das Plenum des Bundesrats mit dem Entwurf befassen. Unter anderem finden sich darin die erleichterten Abgaberegeln für Apotheken aus der Pandemie, wenn auch in deutlich abgespeckter Form.

Kurz bevor sich nun die Länderkammer mit dem ALBVVG befassen wird, suchen die Landesärztekammer (LÄK) und die Landesapothekerkammer (LAK) Brandenburg den Schulterschluss: Sie appellieren in einer gemeinsamen Erklärung an die Politik, dem nach wie vor um sich greifenden Medikamentenmangel „durch unbürokratische und patientenfreundliche Lösungen in der Verantwortung der beiden Heilberufe“ zu begegnen.

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„Ein großer Teil dieser Medikamentenengpässe ist Folge einer übertriebenen Sparpolitik“, sagt Frank-Ullrich Schulz, Präsident der LÄK. Diese habe dazu geführt, dass die Herstellung von immer mehr Arzneimitteln aus der Europäischen Union in Niedriglohnländer wie China und Indien ausgelagert wurde. Fielen dort – wie insbesondere in der Corona-Zeit immer wieder – komplette Produktionsanlagen aus, komme es weltweit zu Versorgungsengpässen, unter denen auch die brandenburgischen Patientinnen und Patienten zu leiden hätten, die dringend auf schnelle Hilfe angewiesen seien. „Zudem könnte es zu Fällen kommen, in denen Ärztinnen und Ärzte sogar durch sogenannte Regresse aus eigener Tasche dafür zahlen müssten, dass sie ihren Patienten noch lieferbare wirkstoffgleiche, aber teurere Medikamente verordneten, um deren lückenlose Arzneimitteltherapie ohne Unterbrechung zu sichern. Dies kann und darf nicht sein“, unterstreicht Schulz.

LÄK und LAK: Austauschmöglichkeiten haben sich bewährt

Gemeinsam mit dem Präsidenten der LAK Brandenburg, Jens Dobbert, plädiert Schulz dafür, den Apotheken bei Lieferengpässen flexible und unbürokratische Austauschmöglichkeiten zu gestatten, die sich bereits in der Vergangenheit bewährt hätten. „Apotheker haben durch ihre pharmazeutische Expertise nicht nur die Kompetenz, Medikamente – falls nötig – auszutauschen, sie sind sich auch ihrer wirtschaftlichen Verantwortung bewusst und haben während der letzten zurückliegenden Jahre einmal mehr bewiesen, dass sie keine Kostentreiber im Gesundheitssystem sind“, betont Dobbert. Es könne also nicht sein, dass Apotheken eine Zahlungsverweigerung durch die Krankenkassen droht, wenn sie nicht lieferbare Arzneimittel zugunsten der Patientenversorgung austauschen.

Zudem entfiele durch die flexiblen Austauschmöglichkeiten für die Apotheken die Verpflichtung, Patienten zu den Ärzten zurückzuschicken, was sowohl die Patienten frustriert als auch die Abläufe in den Apotheken und Arztpraxen behindert. „Schließlich konnten durch den schnelleren Therapiebeginn auch die Heilungschancen begünstigt und aufgrund des Austauschs gegen wirkstoffgleiche, aber lieferfähige Medikamente in den Apotheken Kostensenkungen für die Krankenkassen erzielt werden“, erklärt Dobbert.

Gesundheitsausschuss der Länder empfiehlt Retaxschutz

Zumindest der Gesundheitsausschuss der Länderkammer stützt die Forderungen der Heilberufler weitgehend: In seiner Beschlussempfehlung an das Plenum zum ALBVVG empfehlen die Gesundheitsexperten unter anderem, das Retax-Verbot beim erleichterten Austausch, das in Pandemiezeiten noch galt und mit dem UPD-Gesetz bis Ende Juli verlängert werden soll, beizubehalten. Und statt wie derzeit vorgesehen die Nichtverfügbarkeit eines Arzneimittels durch „zwei unterschiedliche Verfügbarkeitsanfragen“ beim Großhandel festzustellen, sollten „zwei täglich einmalig durchzuführende Verfügbarkeitsanfragen“ Voraussetzung für den leichteren Austausch sein. Morgen wird sich zeigen, ob das Plenum dem folgen wird. Zustimmungspflichtig ist das Gesetz nicht – der Bundestag kann sich aber dennoch von den Ländern anregen lassen.


Christina Grünberg, Apothekerin, Redakteurin DAZ (gbg)
cgruenberg@daz.online


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