Phase-I-Studie mit 31 Probanden

Topisches Statin lindert Krankheitsschwere einer seltenen Hauterkrankung

16.05.2023, 09:15 Uhr

In einer randomisierten, doppelblinden Phase-I-Studie analysierten Wissenschaftler eine kombinierte Lovastatin-2 Prozent/ Cholesterol-2 Prozent-Creme im Vergleich zu topischem Lovastatin 2 Prozent allein. (Foto: Photo Sesaon / AdobeStock)

In einer randomisierten, doppelblinden Phase-I-Studie analysierten Wissenschaftler eine kombinierte Lovastatin-2 Prozent/ Cholesterol-2 Prozent-Creme im Vergleich zu topischem Lovastatin 2 Prozent allein. (Foto: Photo Sesaon / AdobeStock)


Kann man Statine auch topisch auf der Haut anwenden? Offenbar ja, denn eine aktuelle Studie zeigt: Eine topische Therapie mit Lovastatin kann eine seltene Hauterkrankung lindern. Gemeint ist die disseminierte, superfizielle, aktinische Porokeratose, die bisher nur mit begrenztem Erfolg therapiert wird. Wie könnte Lovastatin seine Wirkung entfalten?

Die disseminierte superfizielle, aktinische, Porokeratose (DSAP) zählt zu einer heterogenen Gruppe von seltenen Verhornungsstörungen der Haut. Sie tritt am häufigsten bei Menschen europäischer Herkunft auf, vor allem bei hellhäutigen Frauen. Die autosomal-dominant vererbte Hautkrankheit entsteht oft erst im Erwachsenenalter, meist zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr. 

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Typisch für das klinische Erscheinungsbild sind kleine, runde, rosa-bräunliche, konische, spitze Papeln und Plaques. Sie flachen nach und nach in der Mitte ab und zeigen dann scharf abgegrenzte, ringförmige, verhornte Randwälle. Diese sind dunkler gefärbt als die zentral aufgehellten Hautknötchen selbst. Die Läsionen sind vor allem an sonnenexponierten Hautarealen zu finden, bevorzugt an den Armen und Beinen, zu 10 bis 15 Prozent auch an Stirn und Wangen. Die Kopfhaut bleibt im Vergleich zur aktinischen Keratose hingegen sehr oft ausgespart. Allgemein wird die Verhornungsstörung als ästhetisch störend empfunden. Darüber hinaus können einzelne Läsionen zu einem Plattenepithelkarzinom entarten. Veränderte Hautareale sollten daher regelmäßig vom Dermatologen kontrolliert werden.

Gestörter Mevalonat-Stoffwechselweg?

Als Ursachen einer disseminierten, superfiziellen, aktinischen Porokeratose werden Mutationen vermutet, die zur Veränderung im Mevalonat-Stoffwechselweg führen und damit Einfluss auf die Lipid-Biosynthese haben. Darüber hinaus kommt es zu einer fehlregulierten Keratinozytendifferenzierung. Zudem scheinen eine Immunsuppression sowie intensive UV-Strahlung das Risiko für eine DSAP zu erhöhen. Daher ist zwingend auf konsequenten Sonnenschutz zu achten. Die bisher verfügbaren Off-Label-Behandlungen, wie Kryotherapie, Kürettage, Derm­abrasion, photodynamische Therapie, Laser sowie topische Externa mit 3 Prozent Diclofenac, 5-Fluorouracil, Imiquimod, Tretinoin und Vitamin-D3-Analoga sowie orales Acitretin, zeigen nur begrenzten Erfolg. Sie fokussieren auf die Zerstörung der Läsionen und Reduzierung der Entzündung. 

Neuer Ansatz: topische Therapie mit Lovastatin

Ein neuer Ansatz ist eine topische Therapie mit Lovastatin, die auf den gestörten Mevalonat-Stoffwechselweg zielt. Lova­statin hemmt die 3-Hydroxy-3-Methylglutaryl-Coenzym-A(HMG-CoA)-Reduktase in diesem Stoffwechselweg und kann die Anhäufung toxischer intermediärer Metabolite blockieren. Dadurch verhindert der Wirkstoff die überaktive lokale Immunantwort, die als verantwortlich für die klassische Erscheinung einer DSAP gilt.

Im Rahmen einer randomisierten, doppelblinden Phase-I-Studie analysierten Wissenschaftler eine kombinierte Lovastatin-2 Prozent /Cholesterol-2 Prozent-Creme im Vergleich zu topischem Lovastatin 2 Prozent allein. Das Patientenkollektiv bestand aus 31 Erwachsenen: Ein- bis zweimal täglich über einen Zeitraum von zwölf Wochen applizierten 17 Probanden die kombinierte Creme, 14 die reine Lova­statin-Creme. Jeweils zwölf Probanden konnten in die Analyse eingeschlossen werden. Die Krankheitsschwere nahm nach dem DSAP General Assessment Severity Index sowohl in der Lova­statin-Cholesterol-Gruppe als auch in der Lovastatin-Gruppe statistisch signifikant ab (50 Prozent vs. 51,4 Prozent). 

Insgesamt wiesen Betroffene mit einer milden bis moderaten Form mehr Verbesserungen auf als Personen mit schwerer Symptomatik. Beide Behandlungen wurden gut toleriert. Als Nebenwirkungen kam es selten zu Hautausschlag, kurzem Unwohlsein nach dem Auftragen, zeitlich begrenzten Muskelschmerzen und zum Anstieg der Kreatininkinase. Für eine neue Standardbehandlung mit topischem Lovastatin sind jedoch weitere Studien mit längeren Behandlungszeiten und breiterem Patientenkollektiv notwendig. Die Zugabe von Cholesterol scheint für die Wirkung nicht notwendig zu sein.

Literatur

 [1] Santa Lucia G et al. Safety and Efficacy of Topical Lovastatin Plus Cholesterol Cream vs Topical Lovastatin Cream Alone for the Treatment of Disseminated Superficial Actinic Porokeratosis: A Randomized Clinical Trial. JAMA Dermatol 2023;e230205, doi:10.1001/jamadermatol.2023.0205

 [2] Aktinische Keratose und Plattenepithelkarzinom der Haut. S3-Leitlinie unter Federführung der Deutschen Krebsgesellschaft, der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft und der Deutschen Krebsgesellschaft, AWMF-Registernummer: 032/022OL, Stand: Dezember 2022

 [3] Aird GA et al. Light and laser treatment modalities for disseminated superficial actinic porokeratosis: a systematic review. Lasers Med Sci 2017;32(4):945-952; doi: 10.1007/s10103-017-2179-9

 [4] Ito M et al. Morphogenesis of the cornoid lamella: histochemical, immunohistochemical, and ultrastructural study of porokeratosis. J Cutan Pathol 1991;18:247-256, doi:10.1111/j.1600-0560.1991.tb01231.x

 [5] Shen CS et al. Premature apoptosis of keratinocytes and the dysregulation of keratinization in porokeratosis. Br J Dermatol 2002;147(3):498-502, doi: 10.1046/j.1365-2133.2002.04853.x

 [6] Kornoide Lamelle. Information von Pschyrembel Online, www.pschyrembel.de/Kornoide%20Lamelle/A0W3Q

 [7] Porokeratose. Information von Pschyrembel Online, www.pschyrembel.de/Porokeratose/K0HG0/doc/

 [8] Porokeratosis. Informationen von Wikiderm, www.wikiderm.de/Kompendium/Porokeratosis

 [9] Ross NA et al. Disseminated superficial actinic porokeratosis improved with fractional 1927-nm laser treatments. J Cosmet Laser Ther 2016;18(1):53-55, doi: 10.3109/14764172.2015.1063657

[10] Porokeratose (Porokeratosis) – Symptome, Ursachen und Behandlung. Informationen von Online Hautarzt – AppDoc, online-hautarzt.net/porokeratose/

[11] Erkrankungen im Zusammenhang mit abnormen Lichtempfindlichkeitsreaktionen der Haut. Informationen der Skin Cancer Foundation, www.skincancer.org/de/risk-factors/photosensitivity/diseases/#1565208770503-1b84e9bc-3cea

[12] DSAP-Behandlungsvergleich (DSAP). Informationen des Good Clinical Practice Network, ichgcp.net/de/clinical-trials-registry/NCT04359823

[13] Disseminated superficial actinic porokeratosis. Informationen von Orphanet, www.orpha.net/consor/cgi-bin/Disease_Search.php?lng=EN&data_id=11178


Dr. Ines Winterhagen, Apothekerin
redaktion@daz.online


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