ALBVVG-Gesetzgebungsverfahren

ABDA-Präsidentin wirft Bundesregierung „schockierende Ignoranz“ vor

Berlin - 22.05.2023, 12:15 Uhr

ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening ruft die Apotheken erneut zum Protest am 14. Juni auf. (Foto: ABDA)

ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening ruft die Apotheken erneut zum Protest am 14. Juni auf. (Foto: ABDA)


Die Bundesregierung zeigt sich unbeeindruckt von den Forderungen der Länder, die Apothekenvergütung endlich anzupassen und das Engpassmanagement realistisch zu honorieren. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening findet es „schockierend, mit welcher Beharrlichkeit und Ignoranz“ sie Warnhinweise „vom Tisch fegt“. Beim Protesttag am 14. Juni würden die Apotheker:innen weiter dafür kämpfen, dass die Bundesregierung „endlich zur Einsicht kommt“.

Der Entwurf für das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) wird diese Woche Mittwoch zum ersten Mal im Bundestag beraten. Die erste Runde im Bundesrat hat er bereits hinter sich. Die Länder hatten zahlreiche Empfehlungen abgegeben, wo der Entwurf nachgebessert und wo er ergänzt werden sollte. Nicht nur einige der Pläne, die die pharmazeutische Industrie treffen, sondern auch jene, die die Apotheken adressieren, riefen deutliche Kritik in den Ländern hervor. Sie forderten unter anderem diverse Nachjustierungen bei den Austauschregeln im Fall von Engpässen, die künftig gesetzlich fest verankert werden sollen. Sie machten auch deutlich, dass sich bei der Apothekenvergütung etwas tun muss, soll die flächendeckende Arzneimittelversorgung auch künftig sichergestellt sein. Bei der ABDA fühlte man sich verstanden.

Vergangene Woche lehnte die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrats jedoch die meisten Empfehlungen ab. Da das ALBVVG nicht zustimmungspflichtig ist, ist sie auch nicht gezwungen, den engen Schulterschluss mit den Ländern zu suchen. Unter anderem erklärte sie: „Es wird derzeit kein Bedarf für die Erarbeitung neuer Finanzierungskonzepte für Apotheken gesehen.“ Auch eine höhere Aufwandsentschädigung fürs Engpassmanagement – 50 Cent sieht der ALBVVG-Entwurf hierfür vor – hält die Bundesregierung nicht für erforderlich.

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Dazu erklärt ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening: „Es ist schockierend, mit welcher Beharrlichkeit und Ignoranz die Bundesregierung die vom Bundesrat erarbeiteten Warnhinweise zur Arzneimittelversorgung vom Tisch fegt. Die Gesundheitsministerien der Länder wissen sehr genau, was es bedeutet, wenn Gemeinden ihre einzige Apotheke verlieren und die Bevölkerung immer weitere Strecken fahren muss, um versorgt zu werden. Herrn Lauterbach und seinem Bundesgesundheitsministerium sind solche traurigen Entwicklungen anscheinend ebenso egal wie die flächendeckend verlässliche Versorgung der Menschen mit Arzneimitteln.“

Lauterbachs Aussagen werden immer unglaubwürdiger

Overwiening zeigte sich auch mit Blick auf den Auftritt des Bundesgesundheitsministers beim Deutschen Ärztetag verärgert: Hier habe Karl Lauterbach seine Aussage wiederholt, dass man es mit dem Sparwahn im Gesundheitswesen zu weit getrieben habe. „Trotzdem will Lauterbach das völlig überregulierte System der Arzneimittel-Rabattverträge größtenteils unverändert beibehalten und hat mit der kürzlich beschlossenen Kürzung des Apothekenhonorars dafür gesorgt, dass die Arzneimittelversorgung vor Ort weiter ausblutet. Die Aussagen des Ministers werden vor diesem Hintergrund immer unglaubwürdiger.“

Und so schreitet die ABDA fort mit ihrer Eskalationsstrategie. Die Präsidentin lässt keine Zweifel: „Die Apothekerinnen und Apotheker werden daher weiter dafür kämpfen, dass die Bundesregierung endlich zur Einsicht kommt. Am bundesweiten Protesttag, dem 14. Juni, werden wir mit vielen sehr deutlichen Protest-Aktionen allerorts zeigen, welche Bedeutung die Apotheken für die Bevölkerung haben!“

Am selben Tag ist übrigens die öffentliche Anhörung zum ALBVVG-Entwurf im Gesundheitsausschuss des Bundestages geplant. 

Overwiening lässt aber auch einen kleinen Lichtblick nicht unerwähnt: Immerhin hat die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung auch erklärt, einige Vorschläge der Länder prüfen zu wollen. Dabei geht es insbesondere um eine mögliche Abschaffung der Präqualifizierung für die Hilfsmittelabgabe und eine deutliche Beschränkung von Nullretaxationen. Dazu merkt die ABDA-Präsidentin an: „Die Apothekenteams verbringen mehrere Stunden pro Tag damit, überhaupt noch Arzneimittel für die Patientinnen und Patienten zu beschaffen. Dass sie dann zusätzlich noch durch Bürokratie-Monster wie die Präqualifizierung und existenziell bedrohende Honorar-Streichungen der Krankenkassen belastet werden, ist blanker Hohn. Sowohl das Präqualifizierungsverfahren als auch die Nullretaxationen gehören sofort abgeschafft!“


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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4 Kommentare

Anstand oder Scham ? doch nicht bei Karl ! oder dem Bfarm

von Ratatosk am 23.05.2023 um 9:41 Uhr

Wir müßen endlich erkennen, daß Kategorien wie Anstand hier nicht mehr greifen. Unser seltsamer Minister will halt die Apotheken plattmachen, weil er diese nicht mag. Hier helfen keine Argumente, die meisten versteht er ja offensichtlich sowieso nicht und gutes Zureden ist völlig sinnlos. Entweder wir können mediale und politische Kräfte gegen ihn entfalten oder er macht uns platt und verschafft seinen Günstlingen Mehrgewinne. So einfach ist das leider.

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So funktioniert Politik....

von Thomas B am 22.05.2023 um 18:24 Uhr

Diese - man verzeihe mir die Wortwahl - persistent galoppierende arrogante und ignorante Miss- und Verachtung unseres Berufsstandes und unserer Arbeitsleistung durch Herrn Lauterbach und seine Regierungskollegen ruft - nein schreit lauthals - nach Eskalation und nicht mehr überhör- und übersehbaren Protesten und Aktionen. Wir sollten den Finger in die Wunde legen, dass lt Verordnung die Bundesregierung seit 10 Jahren ihre Bringschuld, die Apothekenhonorierung den Kosten anzupassen, ignoriert. Und bei Bedarf sollten wir mit dem Finger auch richtig tief bohren.....

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Verstehe es ja nicht

von Benno Kaspari am 22.05.2023 um 13:19 Uhr

Warum man uns so behandelt. Die Abgeordneten, Minister, Staatssekretäre usw. Erhalten SELBSTVERSTÄNDLICH, teilweise automatisiert, Erhöhungen ihrer Bezüge. Unsere kürzt man und findet das in Ordnung? Kein bisschen Schamgefühl? Dazu kommt, dass unterm Strich seit 19Jahren !!!!! keine Erhöhung erfolgt ist. Diese Haltung ist mehr als unverschämt. Geradezu ungeheuerlich ist es, in die Vergütung je nach Laune immer mehr Leistungen zu inkludieren, die ursprünglich gar nicht vorhersehbar waren. Eine All Inclusive Flatrate. Das soll legal sein?
Ausbeutung ist das, nichts Anderes. Keine Klage möglich?

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AW: Verstehe es ja nicht

von Benno Kaspari am 22.05.2023 um 13:33 Uhr

PS: da möchte ich noch den Finger in eine große Wunde legen;
Ausgerechnet unsere Volksvertreter und Regierung tun sich damit hervor, dass sie den Hals nicht voll bekommen. Lobbycontrol, Abgeordnetenwatch veröffentlichen immer wieder Nebeneinkünfte und auch illegale. Interessenskonflikte. Öffentlich kaum beachtet. An die Maskendeals kann sich jeder erinnern.
Die Arroganz der Macht.
Der arbeitenden Bevölkerung wird eine gerechte Entlohnung vorenthalten. Siehe auch die Bahn. Der Vorstand verdoppelt sich das Gehalt in Millionenhöhe, die Mitarbeiter sollen möglichst wenig bekommen.
Wir sind in einer Phase, in der massiv umverteilt wird.

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