Positionspapier des Studierendenverbandes

BPhD: Klare Worte zum Thema Homöopathie

Stuttgart - 22.05.2023, 17:50 Uhr

Gruppenfoto von der 134. Tagung des BPhD in Marburg. (Foto: BPhD)

Gruppenfoto von der 134. Tagung des BPhD in Marburg. (Foto: BPhD)


Nun sag’, wie hast du’s mit der Homöopathie? – Dieser apothekerlichen Gretchenfrage nahm sich der Bundesverband der Pharmaziestudierenden (BPhD) auf seiner am vergangenen Wochenende stattgefundenen Tagung an. In einem Positionspapier äußern sich die Studierenden kritisch gegenüber der Homöopathie, aber auch gegenüber anderen von ihnen als „ungesicherte Therapierichtungen“ definierten Methoden.

Vertreter:innen von 22 Fachschaften trafen sich am vergangenen Wochenende zur 134. Bundesverbandstagung der Pharmaziestudierenden in Marburg. Hier fanden nicht nur die Wahlen der neuen Vorstandmitglieder statt, es wurden auch gleich drei Positionspapiere verabschiedet. Darunter waren zwei Stellungnahmen des europäischen Dachverbands (European Pharmaceutical Students‘ Association) zu den Themen mentale Gesundheit und Anerkennung von Studienleistungen im Ausland sowie eine eigene zum Thema Homöopathie. Darin erteilt der Bundesverband der Pharmaziestudierenden (BPhD) Homöopathika eine eindeutige Absage und stellt gleich mehrere Forderungen an Berufsstand, Hersteller, Behörden und Gesetzgebung auf.

Als Grund für die Ablehnung gibt der BPhD eine mangelnde Wissenschaftlichkeit der homöopathischen Prinzipien sowie fehlende Wirksamkeitsbelege über den Placeboeffekt hinaus an. Die Berufung auf den Therapieerfolg vermeintlich belegende, positive Behandlungsergebnisse lässt der BPhD nicht als Argument für eine Wirksamkeit gelten, hier könnten Korrelation und Kausalität nicht voneinander getrennt und verzerrende Faktoren nicht ausgeschlossen werden.


„Hahnemanns Lehren sind mit den Grundsätzen wissenschaftlicher Erkenntnis nicht in Einklang zu bringen. Verglichen mit der evidenzbasierten Medizin ist Homöopathie ein konstruiertes, illusorisches Konzept, diametral entgegengesetzt zum Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis.“

Aus dem Positionspapier Homöopathie des BPhD, Mai 2023


Als problematisch, insbesondere bei der Bewerbung der Produkte, bewertet der Studierendenverband in diesem Zusammenhang die Bezeichnung von Homöopathika als „alternativ“ oder „natürlich“. Ersteres sei irreführend, da Homöopathika keine in Bezug auf evidenzbasierten Verfahren gleichermaßen geeignete Behandlungsmöglichkeit darstellten. Letzteres grenze Homöopathie nicht ausreichend von der Phytopharmazie ab, im Rahmen derer es durchaus evidenzbasierte Therapeutika gebe.

Darauf aufbauend formulieren die Studierenden eine Reihe von Forderungen – nicht nur für Homöopathika. Auch andere vom BPhD als „ungesicherte Therapierichtungen“ definierte Methoden, wie etwa Anthroposophie, Traditionelle Chinesische Medizin und traditionelle Arzneimittel, schließen sie in viele ihrer Anliegen mit ein.

Der Forderungskatalog umfasst hierbei die Anwendung gleicher wissenschaftlicher Standards für alle Präparate, die Aberkennung des Arzneimittelstatus und die Aufhebung der Apothekenpflicht von Homöopathika, die verpflichtende Anbringung eines Warnhinweises „Dieses Präparat hat keine erwiesene Wirkung über den Placeboeffekt hinaus“ sowie die Anpassung des rechtlichen Rahmens dahingehend, dass eine Erstattung zulasten der gesetzlichen Krankenkassen nicht mehr möglich ist.

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Auch in puncto (Aus-)Bildung soll sich nach Ansicht des BPhD einiges tun. Nebst Kampagnen zur Öffentlichkeitsbildung fordern sie auch die Abschaffung der Spezialisierungsmöglichkeiten für Apotheker:innen im Bereich von ungesicherten Therapieverfahren, sowie die Aufnahme einer kritisch-wissenschaftlichen Einordnung dieser in Studiums- und Forbildungscurricula. Damit will der BPhD auch eine Steigerung der Beratungsqualität und Patient:innensicherheit erreichen.


„In den Gesundheitsberufen darf keine Verharmlosung von ungesicherten Therapieverfahren toleriert werden, da mangelhafte Beratung oder Unwissenheit eine Gefahr für die Patient*innen darstellen. Der BPhD setzt hiermit ein klares Zeichen für Evidenz in den Heilberufen, für Wissenschaftlichkeit und gegen ungesicherte Therapieverfahren.“

Aus dem Positionspapier Homöopathie des BPhD, Mai 2023


Mit dieser Position dürfte sich der BPhD nicht nur Freunde machen. Uneindeutigkeit oder etwa ein „Blatt vor dem Mund“ kann man ihm jedoch keinesfalls vorwerfen.


Gesa Gnegel, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (gg)
redaktion@daz.online


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12 Kommentare

Ideologie statt Wissenschaft

von Dr. Jens Behnke am 24.05.2023 um 17:10 Uhr

Sämtliche Behauptungen des BPhD sind inkorrekt. Sie zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass sie die vorliegende Evidenz zur Homöopathie aus klinischen Studien, Kosteneffizienzstudien und der Grundlagenforschung verkennen. Darüber hinaus gefährden sie die Therapiefreiheit und die gesundheitliche Selbstbestimmung mündiger Bürger:

1. Bis Ende 2021 wurden 148 randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudien zur Homöopathie in Journals mit Peer-Review publiziert. Von diesen dokumentierten 44% eine Wirksamkeit über Placebo, 53% waren nicht aussagekräftig.
https://www.hri-research.org/2022/05/randomised-controlled-trials-data-update-2021/

2. Diese Verteilung ähnelt der Evidenzlage zu konventionellen Therapieverfahren: Von 1.128 Cochrane-Reviews deuten 45% darauf hin, dass die untersuchte Intervention nützlich ist, 45% sind sich unschlüssig:
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1365-2753.2012.01877.x

3. Die Mehrzahl der Kosteneffizienzstudien zur Homöopathie konstatiert Therapieeffekte, die mit der konventionellen Therapie vergleichbar sind, bei gleichzeitigen Kosteneinsparungen: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23397477/

4. Homöopathische Arzneimittel haben laut einer rezenten systematischen Übersichtsarbeit signifikant weniger Nebenwirkungen als konventionelle:
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33303386/

5. Daher präferieren aufgeklärte Patienten Homöopathika, wenn konventionelle Medikamente nicht zwingend indiziert sind. 79% von Ihnen berichten laut einer aktuellen Erhebung von positiven Erfahrungen mit Homöopathie:
https://www.ifd-allensbach.de/fileadmin/IfD/sonstige_pdfs/2023_03_15_Pressemitteilung_Homoeopathie.pdf

6. Die hypothetischen Vorbehalte des BPhD zum Wirkmechanismus von Homöopathika betreffen niedrig potenzierte Homöopathika nicht. Sie betreffen auch nicht die besonders bei Laien beliebten und in der Apotheke gefragten Komplexmittel. Denn hier sind vielfach klassisch pharmakologische Wirkstoffdosen enthalten, mit fließenden Grenzen zur Phytotherapie.

6. Außerdem beschreibt eine Vielzahl der über 2.000 Experimente aus der homöopathischen Grundlagenforschung spezifische Effekte potenzierter Arzneimittel, auch im Hochpotenzbereich:

Pflanzen
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29621812/

Physikochemische Assays
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29377709/
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31290681/

In vitro
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/17544864/

Fazit:
Die Forderungen des BPhD sind nicht evidenzbasiert. Sie sind nicht im Sinne der Patienten, und auch nicht im Sinne der Apotheker oder Krankenkassen. Homöopathie ist eine wirksame, sichere und in der Bevölkerung gefragte Therapie. Ein demokratisches und pluralistisches Gesundheitswesen benötigt keine ideologisch motivierte Bevormundung, wie sie der BPhD anstrebt.

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AW: Ideologie statt Wissenschaft

von Dr. House am 24.05.2023 um 18:46 Uhr

Ich finde insbesondere die Kostenersparnis in der Rentenkasse erheblich, wenn die durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen wieder auf 40 absinkt.
Nee, mal Butter bei die Fische: Wir verkaufen Scheiße, um die normale Medikamentenversorgung querzufinanzieren und die Kunden nicht zu vergraulen. Alternative: Die Konkurenz machts, und man selber macht den Laden zu. Kann man sich schönreden, ist aber leider so.

AW: Ideologie statt Wissenschaft

von Astrid Kipp am 26.05.2023 um 8:18 Uhr

Vielen Dank für diesen qualifizierten Beitrag! Ich frage mich, was den BPhD umtreibt, der scheinbar wenig zukunftsorientiert dem eigenen Berufsstand mehr schadet als nützt. Statt sich zum Fixhonorar zu positionieren oder die Zukunftskampagne der ABDA zu unterstützen, wird Unwissen im Bereich der naturheilkundlichen Verfahren Homöopathie kommuniziert und langjährigen Kollegen vor den Kopf gestoßen. So schafft man sich sich selbst ab...

Bedingung

von Dr. House am 23.05.2023 um 17:50 Uhr

Es mag ja fachlich korrekt sein, dass H. nur Placebo ist, ich attestiere dem BPhD nur äußerst schlechtes Timing. Erstens befinden sich die Apotheken in wirtschaftlich kniffliger Lage. Auf Deutsch: Die Kacke ist für viele Kollegen am dampfen. Nur wenige machen sich Gedanken über Evidenz, die meisten eher darüber wann sie hinschmeißen. Zweitens: Die Nachwuchspharmazeuten mögen sich bitte fragen, wieviele noch erwägen selbst eine Apotheke zu übernehmen. Für die meisten ist doch doch Apotheke mittlerweile genauso unsexy wie Homöopathie. Warum also nicht gleich die "Warnmeldung" über das Gesamtprojekt Apotheke stellen? Motto: "Achtung: für den moralisch gesunden Nachwuchs ungeeignet!"

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Wieviel bleibt dann noch in unserem Sortiment?

von Norbert Veicht am 23.05.2023 um 9:39 Uhr

Wenn wir nur noch die Arzneien verkaufen die nach aktuellem Stand evidenzbasiert wirken, müssen wir vieles aus unseren Lagern räumen.
Zum Beispiel haben wir alle Heparinsalben im Sortiment, obwohl wir wissen, dass der Wirkstoff gar nicht ans Ziel kommen kann.
Auch von den verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sind etliche mit sehr zweifelhafter Evidenzbasis in täglicher Verwendung.
Homöopathische Mittel sind wenigstens harmlos und bringen den Placeboeffekt, der ja nicht gerade klein ist.
Zudem ist die Basis unseres naturwissenschaftlichen Wissens und auch die Studienlage zu Medikamenten ständig in Bewegung.

Ein Medikament, das heute bundesweit aus dem Apothekensortiment fliegt ist nach bisheriger Erfahrung dauerhaft aus dem seriösen Handel eliminiert.
Zu den Präparaten, die bisher im Handel sind, haben wir immerhin eine relativ große Erfahrungsbasis, was Risiken und Nebenwirkungen betrifft. Wieviel wissen wir denn wirklich über die neuen Alternativen?

Ich rate zur Vorsicht bei solch drastischen Maßnahmen.
Anfang des letzten Jahrhunderts waren die bedeutendsten Physiker der Meinung, dass in Ihrem Fach alles erforscht und bekannt ist.
Wie wir heute wissen, haben sie sich kollossal geirrt.
Wir sollten nicht den gleichen Fehler machen und uns in unserem Wissen nie zu sicher fühlen.

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Ungesichert vs. unsicher

von Dirk Stegemann am 23.05.2023 um 8:02 Uhr

Im verlinkten Positionspapier wird 31 mal das Wort "ungesichert" in Bezug auf diese Therapien verwendet, jedoch nur 1 mal das Wort "unsicher". Offenbar handelt es sich bei dieser Verwendung um einen einzelnen Tippfehler.

Ich finde es entsprechend schade, dass der DAZ-Artikel genau diese eine Verendung in seiner Artikel-Aufmachung verwendet und so ein deutlich verfälschtes Bild der Position der BPhD zeichnet:

"In einem Positionspapier äußern sich die Studierenden kritisch gegenüber der Homöopathie, aber auch gegenüber anderen von ihnen als „unsichere Therapierichtungen“ definierten Methoden"

Es wäre schön und sinnvoll, dies im Artikel zu korrigieren!

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AW: Ungesichert vs. unsicher

von DAZ-Redaktion am 23.05.2023 um 10:42 Uhr

Sehr geehrter Herr Stegemann,
Vielen Dank für die aufmerksame Lektüre und den wichtigen Hinweis. Wir haben den Artikel soeben korrigiert.
Grüße Ihre DAZ-Redaktion

Zeichen gegen ungesicherte Therapieverfahren?

von Pharmi am 23.05.2023 um 0:25 Uhr

1. Wenn es nicht helfen würde, würde dafür niemand Geld ausgeben!
2. Würde die Therapie, auf die viele Menschen ja explizit setzen, sicherer werden, wenn man sie unter meiner Kontrolle mehr steht?
Warum hinterfragt niemand, warum so viele Menschen mit voller Absicht nicht zum Arzt gehen, warum so viele auf Alternativen setzen?
Wann kommt das Positionspapier, bei der sich gegen tatsächlich hohe Ausgaben im Gesundheitswesen gestellt wird? Die Homöopathie nimmt vermutlich einen der allerkleinsten Positionen ein und ist dann oft nur ein Zusatzangebot, für das Patienten auch mehr an die KK zahlen!

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Homöopathie

von Dorf-Apothekerin am 22.05.2023 um 21:07 Uhr

Absolut unwissenschaftlich ist die Tatsache, dass man unterschiedliche Therapie-Richtungen glaubt nach einem Maßstab beurteilen zu können oder zu müssen.
Keiner würde auf die Idee kommen ein Fahrrad für unbrauchbar zu erklären, weil es den Anforderungen eines Flugzeuges nicht entspricht. Oder würde jemand auf die Idee kommen, das Flugzeug zum Brötchenholen zu gebrauchen?
Beides hat seine Berechtigung. Wer Homöopathie ablehnt hat seine Hausaufgaben in den Naturwissenschaften nicht gemacht und von dieser Methode keinen blassen Schimmer.
Wer das Prinzip verstanden hat, kann ohne MRT und dergleichen viele Gegebenheiten sehr gut einschätzen und dann entscheiden ob man mit Kanonen auf Spatzen schießen muß.
Warum rennen viele Patienten denn von Arzt zu Arzt? Weil Blutbilder und bildgebende Verfahren eben nicht alle Zusammenhänge erklären.
Ist es wissenschaftlich, wenn Bayer seit 20 Jahren ohne Zulassung Aspirin 100 für Schwangere empfiehlt und dabei nur die Schwangerschaft im Auge hat, aber nicht die hochriskante Geburt unter diesen Bedingungen.
Die Arroganz in der 'Wissenschaft' wird seinen Preis fordern und fordert ihn schon jetzt.

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AW: Homöopathie

von Evidenzbasiert am 23.05.2023 um 13:54 Uhr

Ob ein Medikament wirkt oder nicht (egal welcher Wirkmechanismus nun dahintersteckt), wird durch randomisierte Doppelblindstudien ermittelt. In diesen Studien, die von den Homöopathie-Herstellern seltsamerweise gar nicht gerne gesehen werden, konnten keine signifikanten Unterschiede zu Placebo festgestellt werden. Selbst wenn die Zuckerkügelchen auf unbekannte, magische Weise wirken würden, müsste man den Unterschied doch feststellen können, oder?

Wer ein Problem mit dem Positionspapier hat, ist selber das Problem

von Anonymer am 22.05.2023 um 19:08 Uhr

Ein absolutes Unding, dass solche "Therapieformen" im Jahr 2023 noch in den meisten Apotheken angeboten und sogar entsprechend vermarktet werden. Ein Schlag ins Gesicht für alle wissenschaftlich fundierten Pharmazeuten.

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AW: Wer ein Problem mit dem Positionspapier

von Pharmi am 23.05.2023 um 0:28 Uhr

Tja, wenn's hilft. Wie auch immer, finde ich es vertretbar. Man sollte vielleicht Mal generell hinterfragen, warum die Therapieform so viel Anklang hat, anstatt es nur schlecht zureden. Wenn es nicht helfen würde, würde niemand dafür Geld ausgeben! Stattdessen verteufelt man die, die darauf schwören, dass es ihnen hilft. So und durch Verbote überzeugt man niemand. Vermutlich bewirkt man eher das Gegenteil. Man wendet sich noch mehr ab...

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