Schreiben der Landesapothekerkammer

Schließungen am 14. Juni: Apotheken in Hessen müssen keine Konsequenzen fürchten

Stuttgart - 31.05.2023, 15:15 Uhr

Auch in Hessen will die Kammer nicht gegen Apotheken vorgehen, die am 14. Juni aus Protest schließen. (Foto: IMAGO / HEN-FOTO)

Auch in Hessen will die Kammer nicht gegen Apotheken vorgehen, die am 14. Juni aus Protest schließen. (Foto: IMAGO / HEN-FOTO)


Apothekerkammern dürfen in ihrer Funktion als Körperschaften öffentlichen Rechts nicht dazu aufrufen, die Apotheken am Protesttag geschlossen zu halten. Aber sie können als zuständige Instanz für die Durchführung der Regelungen zur Dienstbereitschaft der Apotheken, den Apotheken zusichern, dass eine Schließung keine rechtlichen Konsequenzen hat. Die Landesapothekerkammer Hessen hat das bereits Mitte Mai per Rundschreiben getan.

Während die Apothekerverbände und auch andere Apothekerorganisationen, wie der BVDAK, die Freie Apothekerschaft und via, offen dazu aufrufen können, am Protesttag, dem 14. Juni, die Apotheken geschlossen zu lassen und nur die Notdienstversorgung aufrecht zu halten, sind die Kammern diesbezüglich in einer Zwickmühle. Sie sind Körperschaften öffentlichen Rechts und ihnen obliegt, die Einhaltung der Dienstbereitschaft zu organisieren und zu überwachen. Deswegen können sie, auch wenn sie die Aktion hinter verschlossenen Türen gutheißen, nicht dazu aufrufen, an diesem Tag, die Apotheken nicht aufzusperren. Einige Kammern sichern ihren Mitgliedern allerdings nun durch die Hintertür zu, dass ihnen keine Strafen oder sonstige Sanktionen drohen, wenn sie am 14. Juni geschlossen bleiben – vorausgesetzt, sie haben keinen Notdienst. Denn schließlich sind sie in den meisten Kammerbezirken auch dafür zuständig, Verstöße gegen die Dienstbereitschaft zu ahnden, aber wo kein Kläger, da bekanntlich kein Richter.

Kammer zuständig für Ahndungen

So verwies beispielsweise die Kammer Hessen aufgrund von Nachfragen, wie die Teilnahme eines Apothekeninhabers an der Protestaktion ordnungsrechtlich einzuordnen sei, bereits Mitte Mai in ihrem Rundschreiben darauf, dass sie, wie auch die meisten anderen Apothekerkammern, im Rahmen der Durchführung der Regelungen zur Dienstbereitschaft der Apotheken nach § 23 ApBetrO als Behörde tätig sei (§ 6 Hessisches Heilberufsgesetz). Dies schließe die Zuständigkeit für die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten in diesem Zusammenhang mit ein.

Im Rahmen dieser Zuständigkeit prüfe man, ob die Schließung einer Apotheke während der üblichen Dienstbereitschaftszeiten eine Ordnungswidrigkeit darstellt, heißt es. Bei dieser Prüfung finde auch eine Grundrechtsabwägung statt. Weiter schreibt Rechtsanwalt und Hauptgeschäftsführer Ulrich Laut: „Wenn Grund für die (nicht genehmigte) Schließung die Teilnahme an abgestimmten, zeit- und inhaltsgleichen Protesten ist, die an verschiedenen Orten, nämlich den Betriebsstätten, stattfinden, liegt die gemeinsame, wenn auch dezentrale Kundgabe eines gemeinsamen Willens vor, also eine dezentrale Demonstration. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts handelt es sich beim Demonstrationsrecht (Art. 8 Grundgesetz) um eines der zentralen Grundrechte einer Demokratie. Dieses Grundrecht wird eingeschränkt durch die Grundrechte Dritter, sofern diese von überragender Bedeutung sind. Dies betrifft insbesondere Leib, Leben und körperliche Unversehrtheit von Menschen. Damit muss die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung auch während der Demonstration ausreichend, nicht aber bequem gewährleistet sein. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts während des Notdienstes der Fall.“

Notdienst muss sein

Das heißt, dass in den Augen der Kammer die Versorgung der Bevölkerung während der dezentralen Demonstration (Protest) wie im Notdienst gewährleistet sein muss. Die dienstbereiten Apotheken könnten also nur durch Reduzierung der Versorgung auf das im Notdienst zu gewährleistende Maß an den Protesten teilnehmen. Wenn dies aber sichergestellt sei, wäre die temporäre Schließung der nicht zum Notdienst eingeteilten Apotheken zum Zwecke der Teilnahme an einer Demonstration ordnungsrechtlich nicht zu ahnden, so die Kammer.

Eine vergleichbare Rechtsauffassung hat die Apothekerkammer Berlin. Auch sie beruft sich auf das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit, wie sie kürzlichen ihren Mitgliedern per Rundschreiben mitteilte.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Demo

von Thomas Kerlag am 31.05.2023 um 19:16 Uhr

Der Nachwuchs möge sich mal anschauen, wie man sich bei nur einem berechtigten Protesttag um den Paragraphenschlüssel herumkrümmt. Konkretere Versklavung
bekommt man in Deutschland wenig

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