DAZ-Podcast

„Wir brauchen eine geodatenbasierte Nacht- und Notdienstverteilung!“

Münchingen - 08.06.2023, 07:00 Uhr

Eine wichtige Verbesserung für den Nacht- und Notdienst sei, ihn bundesweit zu planen und zu regeln, so Apotheker Gunther Böttrich. (Fotos: privat)

Eine wichtige Verbesserung für den Nacht- und Notdienst sei, ihn bundesweit zu planen und zu regeln, so Apotheker Gunther Böttrich. (Fotos: privat)


Für immer mehr Apotheken werden die Nacht- und Notdienste zu einer großen Belastung. Aufgrund des Apothekensterbens müssen z. B. immer mehr Notdienste auf immer weniger Apotheken verteilt werden. Manche Apothekerkammern bemühen sich bereits, eine möglichst gerechte Verteilung in den Griff zu bekommen, aber es knirscht noch. Im Podcast spreche ich mit Apotheker Gunther Böttrich aus Volkmarsen, der mit Kolleginnen und Kollegen einen Acht-Punkte-Katalog ausgearbeitet hat, was bei diesem Dauerbrenner-Thema geschehen muss. 

Den Nacht- und Notdienstdienst per se stellt Böttrich nicht infrage: „Die Bevölkerung hat ein Recht auf die ordnungsgemäße Versorgung mit Arzneimitteln, auch mittels eines Nacht- und Notdienstes. Allerdings müssen die Rahmenbedingungen hierfür regelmäßig geprüft und angepasst werden – und das passiert nicht.“ Dass sich hier keine Veränderungen abzeichnen, ist für Böttrich auch ein Hinweis darauf, dass die Gesundheitsversorgung in Deutschland durch falsche politische Entscheidungen systematisch zerstört wird. 

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Während die Bundesregierung seit Jahren mit zunehmender Schärfe Maßnahmen beschließt, so Böttrich, „die die Zerstörung der flächendeckenden Apothekenstruktur in Deutschland beschleunigen, verpflichten die Landesregierungen (über die Landesapothekerkammern) die immer weniger werdenden Apotheken dazu, immer mehr Apothekennotdienste auszuführen.“ 

Böttrich zeigt dieses Missmanagement an mehreren Beispielen auf. Er ist überzeugt, dass sich dieser Trend der Ausdünnung, besonders in ländlichen Gebieten massiv beschleunigen wird. Insbesondere, weil sich für solche Apotheken, die zu besonders vielen Nacht- und Notdiensten eingeteilt sind, keine Nachfolgerinnen und Nachfolger finden lassen: „Eine solche Selbständigkeit will schon heute keiner mehr. Zu Recht“, so Böttrich.

„Wie, Sie haben keine Katzenmilch?“

Böttrich weist auch darauf hin, dass immer häufiger Kolleginnen und Kollegen den Missbrauch des Nacht- und Notdienstes als normale Einkaufsmöglichkeit am späten Abend, praktisch als „Späti“, beklagen. Im Podcast zitiert er einige Beispiele aus der WhatsApp-Gruppe „Revolution Notdienst“, eine Gruppe von etwa 50 hessischen Apotheken: „Wir tauschen uns hier aus und versuchen, die Zerstörung der flächendeckenden Arzneimittelversorgung aufzuhalten. Ein Schwerpunkt ist der Nacht- und Notdienst. Da taucht schon mal der Kundenwunsch auf: ‚Wie, Sie haben keine Katzenmilch?‘“ Auch den Wunsch nach farbigen Kontaktlinsen können Apotheken bekanntlich nicht erfüllen. Immer häufiger würden auch Notfälle für die Heimtierversorgung angefragt, weil Tierärzte ihre Notdienstgebühren erhöht haben, weiß Böttrich, „und ja, die Menschen laden ihren Frust und teils auch Beschimpfungen bei den Apotheken ab, weil viele Arzneimittel nicht lieferbar sind“. 

Der Acht-Punkte-Wunschkatalog

Aber wie könnten die Probleme mit dem Nacht- und Notdienst gelöst werden? Wie könnte man das Dauerbrenner-Thema in den Griff bekommen? Die Gruppe „Revolution Notdienst“ hat hierzu einen Acht-Punkte-Katalog entwickelt, den Böttrich im Podcast vorstellt. Eine wichtige Verbesserung wäre z. B., den Nacht- und Notdienst bundesweit zu planen und zu regeln. Eine Software, die sich dabei geodatenbasierter Daten bedient, wäre nach Meinung Böttrichs eine Lösung. Auch die weiteren sieben Punkte, die Böttrich vorstellt, könnten zur Verbesserung der Nacht- und Notdiensteinteilung beitragen.  

Hören Sie mal rein in den Podcast:


Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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3 Kommentare

Notdienst neu denken

von Landapothekerin am 09.06.2023 um 10:48 Uhr

Den Vorschlägen von Herrn Böttrich, auch seinen Praxis- Schilderungen im Notdienst, kann ich voll zustimmen, auch ich erlebe dies in meinen Not-/Nachtdiensten.
Neben all den Diskussionen sollte man aber auch mal an eine gerechtere Lastenverteilung unter der Apotheken selbst denken: Kann es weiterhin sein, dass bei der Einteilung von Notdiensten kleine und große Apotheken gleich gezählt werden?
Sollte da nicht auch angedacht werden eine gerechtere Verteilbasis heranzuziehen? Also z.B. den Umsatz oder die Anzahl der beschäftigten Approbierten?
Weniger Notdienste würden den kleinen und mittleren Apotheken auch helfen zu überleben. Solche Apotheken, die allerdings auf das Notdiensthonorar angewiesen sind, könnten ja weiterhin freiwillig mehr Dienste übernehmen.

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Schnell umsetzen!

von Ulrich Ströh am 08.06.2023 um 12:51 Uhr

Apothekerkammern sehen sich gerne als Dienstleister und nicht als Behörde…

Hier beim Notdienst können es 17 Apothekerkammern umsetzen!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Notdienst neu denken

von Robert Penzis am 08.06.2023 um 8:55 Uhr

Auch auf die Gefahr des dünnen Eises: Warum nehmen wir kein leeren Blatt und fragen uns. Was ist Notdienst - was ist Nachtdienst. Notdienst sehe ich als Notfallbehandlung, das machen die ärtzlichen Kollegen meist in den Bereitschaftspraxen. Könnte ich da ähnlich der Heimbelieferung als Apotheke die Bereitschaftspraxis mit einem Vorrat ausrüsten und versorgen? (Wie machen das unsere europäischen Kollegen?)
Den Nachtdienst regelt die Gebühr - anders nicht.
Dann noch geodatenbasiert, wie der Kollege richtig fordert, damit wird es fair und unemotional.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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